social media (part 1)

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„Was ziehst du denn wieder für ein Gesicht? Freu dich doch. Es ist Wochenende", murmelte Erin, als Kathryn mit finsterer Miene samt ihrem Smartphone am gedeckten Frühstückstisch Platz nahm.

„Da wollen mich irgendwelche Idioten auf instagram mobben. Es geht um einen Beitrag über Tierhaltung und die kommen einfach nicht damit klar, dass man Hunde nicht den ganzen Tag über alleine lassen sollte, während man arbeitet. Außerdem werde ich ständig dafür kritisiert, dass ich der Generation Z angehöre. Wir wären alle faul und arbeitsscheu."

Jay, der bislang in seine Tageszeitung versunken war schaute jetzt genervt auf und rollte mit den Augen.

„Sagt mal, habt ihr Kids nichts Besseres zu tun, als euch stundenlang gegenseitig im Internet fertig zu machen? Das ist doch total albern. Ihr kennt euch doch gar nicht."

„Du verstehst das nicht. Außerdem sind da auch Erwachsene, die das schreiben", murrte Kathryn und sah dann wieder auf den Bildschirm.

„Das ist ja noch schlimmer", brummte Jay.

„Und im übrigen. Was gibt's daran nicht zu verstehen? Wir haben dir dieses Iphone nicht gekauft, damit du dich mit irgendwelchen Pseudonymen im Internet herum streitest? Da tummeln sich ohnehin viele Irre. Kinderschänder, Pädophile..."

„Da hat dein Vater recht. Für sowas sollte man wirklich keine überschüssigen Energien aufbringen, Kathryn", mischte sich jetzt auch Erin ein.
Empört sah die 13 Jährige in die Runde, stöhnte dann.

„Ach, ihr kapiert das nicht. Ihr seid einfach zu alt dafür. Mein Beitrag hat einen Shitstorm losgetreten und jetzt bekomme ich von sämtlichen Mitgliedern die dem Profil folgen, Hassnachrichten."

Jay schielte zu ihrem Smartphone, rollte mit den Augen.

„Du bist dort doch gar nicht unter deinem richtigen Namen registriert?"

„Na und? Trotzdem sind die Kommentare von mir."

„Das weiß doch aber keiner."
Sie sah ihren Vater vorwurfsvoll an.

„Ich werde mich doch aber verteidigen und meine Standpunkte vertreten können. So funktioniert Demokratie."

„Aber nicht mit lauter Spinnern, von denen du nicht mal weißt, ob die wirklich existieren? Da draußen ist das reale Leben. Dinge, die echt sind, die man anfassen kann. Luft, die man einatmet, Menschen, denen man real begegnet. Keine halbstarken Fanatiker, die in ihrem Wahn kaum noch die Grenzen für Realität und Fiktion beachten."
Kya rollte mit den Augen.

„Dad, ich weiß doch dass das nicht echt ist."

„Das Gefühl habe ich grad nicht, bei dem feuerroten Kopf, mit dem du hier vor mir sitzt. Ein bisschen ärgert dich das schon", konterte Jay und biss von seinem Toast ab.

„Außerdem, so ganz unrecht haben die Kommentarschreiber ja bei weitem nicht. Gegen falsche Hundehaltung bin ich genauso wie du, aber viele Kids eurer Generation sind eben wirklich etwas verwöhnt. Nicht alle, aber eure moralischen Vorstellungen sind da schon etwas speziell", drückte er es recht vorsichtig aus.

„Wenn dein Onkel oder ich das geboten hätten, was da einige heute bei ihren Eltern abziehen. Dein Großvater hätte uns übers Knie gelegt und ein paar Takte erzählt. Da kannst du sicher sein."

Kyas Miene verdüsterte sich. Wenig begeistert sah sie ihren Vater an.

„Ich bin total für gewaltfreie Erziehung, aber dieser bedürfnisorientierte Quatsch, den Kindern immer alles Recht machen zu wollen? Ich weiß nicht. Dazu habe ich meine eigene Meinung", legte er die Stirn in Falten.

„Spätestens als Erwachsene kommt dann nämlich das böse Erwachen, weil die Kids heute nie gelernt haben, dass man sich auch an Grenzen und Regeln halten muss und dass das ganze Leben kein Ponyhof ist, bei dem jeder machen kann was er will und wo sie für jeden Mist gelobt und in den Himmel gehoben werden. Dass man auch wieder aufstehen muss, wenn man hin fällt. Das lernen die heute gar nicht. Es wird immer nur fehlerfreies Verhalten erwartet", nörgelte er und nippte dann an seiner Kaffeetasse.

„Was willst du jetzt damit sagen? Ich bin nicht faul? Ich kann wirklich hart ran glotzen wenn ich will und ich weiß, dass mir im Leben nicht alles zugeflogen kommt", hielt die 13 Jährige ihrem Vater das Widerspiel, der dementsprechend zurück konterte.

„Ja, weil du die Erziehung von 2 Cops genossen hast und nicht diesen weichgespülten Firlefanz", brummte Halstead und sah dann wieder auf seine Zeitung.

Erin seufzte vorwurfsvoll.

„Jay. Jetzt komm mal runter", murrte sie und schüttelte mit dem Kopf.

„Was denn? Ist doch so. Wenn ich das manchmal höre. Da war letzte Woche eine Mutter mit ihrer Tochter in der Wache. Ich hab das im Hintergrund mitbekommen, als ich bei Platt die Daten für einen Zeugen für unser Verhör eingeholt habe. Die Kleine war ungefähr 6 oder 7 und sollte im Vorraum warten. Du musst nicht denken, dass die das gemacht hätte. Stattdessen hat sie sich auf den Boden geworfen und so lange geheult, bis ihre Mom weich geworden ist und ihr den Lutscher gegeben hat, den sie eigentlich gar nicht kriegen sollte. Und dann lobt sie die auch noch dafür, dass sie den aufisst, obwohl sie das Papier direkt auf die Erde schmeißt. Da dachte ich, jetzt muss ich echt von der Welt. Ich glaube, mein Vater wäre ausgerastet. Und genau das meine ich. Das Kind baut Mist. Die Eltern stehen daneben und loben das für den größten Quatsch, den es macht und das denkt am Ende noch, das wäre okay. Dass da am Ende nichts Gescheites bei raus kommt, ist wohl kein Wunder."

„Vielleicht solltest du Seminare für gestresste Eltern geben", stöhnte Kathryn und wandte sich dann wieder ihrem Smartphone zu. Doch ehe sie sich versah kam eine große Hand und nahm es ihr aus den Fingern.

„Oder dir endlich mal dein Smartphone wegnehmen."
Empört sah sie auf Jay.

„Dad, ich bin mitten beim Schreiben."

„Kathryn, der Ausgangspunkt war der, dass wir dir das Teil nicht dafür geschenkt haben, dass du damit deine Lebenszeit verschwendest und dich sinnlos mit fremden Menschen streitest. Und im Übrigen hatten wir auch mal die Regelung, dass am Tisch unsere handyfreie Zone bleibt. Oder hast du das mittlerweile vergessen?"
Grummelnd sah sie ihren Vater an, nickte dann aber und griff nach den frischgebackenen Keksen, die Erin auf den Tisch gestellt hatte.

„Wenn das nicht geht und dieses socialmedia Netzwerk für dich so ein großes Problem darstellt, wird die App deinstalliert. Klar?", reichte er ihr das Gerät wieder entgegen undklopfte ihr damit spaßhaft, aber kaum merkbar gegen den Kopf.

„Klar", grummelte sie und sah ihn genervt an.

„Stecks jetzt weg. Zumindest solange wir hier am Tisch sitzen. Es nervt."
Kya hatte es gerade in ihrer Hosentasche verschwinden lassen, als just in diesem Moment Jays Handy klingelte und eine eintreffende Nachricht ankündigte.

Erin grinste amsüiert, während auch Kathryn dementsprechend bedient auf ihren Vater sah.

„So viel zum medienfreien Frühstück."

„Das ist mein Diensthandy. Das ist was anderes", holte er sein IPhone hervor und sah gebannt auf den Bildschirm. Nur wenige Sekunden später ging auch Lindsays Handy an.

„Wir haben einen Fall", war alles was Jay zerknirrscht sagte und dann sichtlich frustriert sein Toast zur Seite legte.
Müde fuhr sich Erin durchs Gesicht, ehe sich beide in Bewegung setzten.

„Und was ist jetzt mit dem Frühstück?"

„Das holen wir morgen früh nach, Süße. Versprochen" versicherte Erin und wuschelte Kya noch einmal durch die Haare, ehe sie nach ihren Jacken schnappten.
Mit unglücklicher Miene holte Kathryn wieder ihr Smartphone hervor.
So viel zu diesem Thema...

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„Schön und gut, aber warum genau sind wir jetzt hier, Sarge? Das ist doch eindeutig ein doppelter Suizid und kein Mord", deutete Jay auf das Teenagerpärchen, das sich offenbar an den Händen gehalten hatte, bevor es gemeinsam vom nahestehenden Hausdacht gesprungen war.

Voight sah mit finsterer Miene auf die zwei Detectives, deutete dann nach oben zu dem Gebäude.

„Weil das hier eben kein klassischer Selbstmord war. Die Kollegen von der Streifenpolizei haben das Smartphone der jungen Frau gefunden. Emily Parker. 15 Jahre alt. Sie muss ihren Mitstreiter hier auf irgendeiner social media Seite kennengelernt haben. Die zwei waren augenscheinlich kein Paar", führte Voight aus.

„Instagram um genauer zu sein", kam es jetzt von Adam, der bereits genauere Erkenntnisse hatte. Jay zuckte instinktiv zusammen.

„Ist das nicht diese Plattform, auf der die Kids unkontrolliert schreiben können?"
Ruzek nickte ihm zu.

„Jedenfalls ist in den Konversationen noch eine Drittperson gespeichert, die die zwei permanent zum Suizid angestachelt hat und offenbar den Kontakt vermitteln konnte. Es gibt einen ähnlichen Fall in Hegwisch. Vor einer Woche schossen sich dort zwei junge Mädchen gegenseitig in den Kopf. Mia Sullivan und Isabel May. Sie waren erst 14 und 16."

Ungläubig sahen Jay und Erin einander an.

„Das Erste was ich mache, wenn wir wieder zu Hause sind ist diese App löschen zu lassen", schnaubte Jay und war alles andere als begeistert.

„Sagt mal, wie funktioniert das eigentlich? Ist das so eine klassische Kontaktseite oder gibt's da Unterkategorien?"
Adam konnte sich aufgrund der Frage ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Wie er und die Kollegen wussten, hatte Jay weder eine Facebookseite, noch verbrachte er seine Freizeit auf social Media Seiten. Er war ein ziemliche digital immigrant was die Nutzung von sozialen Netzwerken außerhalb der üblichen Chatfunktionen und Messengerdienste betraf.

Dennoch versuchte er es seinem Kollegen recht pragmatisch zu erklären.
„Weder noch. Instagram ist ein soziales Netzwerk mit dem Fokus darauf, Fotos oder Videos zu teilen. Das alles kann dann kommentiert oder geliked werden, aber man kann auch Privatnachrichten verschicken oder Konversationen unter Beiträgen starten."

„Also keine klassischen Gruppenbildungen wie auf facebook?"
Adam schüttelte mit dem Kopf.

„Und wie sollen die sich dann gefunden haben? Ich meine der wird doch kein Foto von einer Brücke oder einem Hochhaus posten und fragt dann öffentlich, wer mit ihm in den Tod springen will und dann schreien alle hier?"
Adam bejahte die Vermutung.

„Genau das ist ja unser Problem. Wir wissen nur, dass sie sich über instagram verabredet haben, nicht aber wie sie dort zueinander gefunden haben."

„Das kann nicht allein über die Seite gelaufen sein", war sich Erin sicher.

„Die kannten vielleicht ihre Pseudonyme auf social Media, aber die Kontaktaufnahme kann niemals über das Netzwerk gelaufen sein."

„Ja, aber was hat jemand von Kids, die sich gemeinsam umbringen? Suizid als Mordmotiv? Ich weiß nicht", merkte Kim skeptisch an und sprach damit das aus was alle Ermittler dachten.
Noch tappten sie ziemlich im Dunkeln und das sollte vorerst auch nicht besser werden...

eternity (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt