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„Kya, mach die Tür auf. Ich komme zu spät zur Arbeit", hämmerte Jay gegen das Holz der Badezimmertür, aber es ertönte nur ein leises Wimmern.

„Bleib draußen! Du kannst jetzt hier nicht rein!", bekam er als Antwort.

„Ich brauche Erin", protestierte der Teenager.

Leider war ausgerechnet diese an diesem Tag aber zu einer Fortbildung eingeladen.
Jay stöhnte, auch wenn er kurzzeitig nicht wusste, was ihn nervöser machte. Der Fakt, dass er zu spät auf die Dienststelle kam oder der, dass seine Siebtklässlerin sich im Badezimmer eingeschlossen hatte und offenbar bitterlich weinte.

„Kathryn, was ist los? Mach jetzt verdammt nochmal die Tür auf."
Aber sie blieb bei ihrer Bitte.

„Ich brauche Erin, nicht dich. Ich hab meine Tage bekommen", fügte sie noch leise hinzu. Fünf Worte, die nun auch Jay innerlich zum kapitulieren brachte.

Halstead stöhnte. Nicht jetzt, bitte nicht an diesem Montagmorgen. Innerlich spannte er sich spürbar an.
So konsequent er normalerweise bei der Missachtung von Regeln war. So hilflos schien er jetzt zu sein.
Dass es keinen Sinn hatte weiterhin mit Kya zu diskutieren, hatte er längst eingesehen.

Er zückte sein Smartphone, wählte Erins Nummer. Er wusste, dass die Fortbildung erst gegen neun begann. Vermutlich bereitete sie sich gerade auf den anstehenden Tag vor und er sollte Recht behalten.

„Was gibt's, Jay?"
Die postwendende Antwort kam sofort.

„Hör zu. Bei uns ist das totale Chaos ausgebrochen. Kathryn hat ihre Tage bekommen und weigert sich vehement aus dem Bad zu kommen. Sie will mit dir reden, nicht mit mir. Ich muss aber in 20 Minuten im Präsidium sein. Was mache ich jetzt?"

„Das was ich sonst auch machen würde. Ihr einfühlsam Hilfe anbieten und sie fragen, ob du Tampons kaufen sollst?"

Jay heulte theatralisch auf.

„Das sind aber Frauenthemen. Wir hatten vereinbart, dass du das übernimmst."

„Jay, ich kann mich jetzt nicht zu euch nach Hause beamen. Da musst du jetzt durch. Zur Not gehst du eben in die nächste Drogerie und kaufst ihr die kleinste Größe an Binden und Tampons und fährst später aufs Revier. Am Anfang hat sie ihre Tage vermutlich noch nicht stark. Du musst eh in den nächsten Safety Markt. Seitdem ich die Pille durchnehme, habe ich nichts mehr davon vorrätig."

„Und wie sollen wir das kommunizieren, wenn sie nicht einmal die verdammte Tür öffnet?"
Dieses Mal stöhnte Erin.

„Normalerweise bist du doch auch der perfekte Frauenversteher. Nun stell dich nicht an, wie ein Sack voller Flöhe. Ich muss jetzt Schluss machen. Du packst das schon. Melde dich, wenn du gar nicht klar kommst. Ich liebe dich."
Dann hatte sie aufgelegt. Großartig.

Jay versenkte sein Iphone in der Hosentasche, ging dann zum Bad und klopfte ein letztes Mal an die Tür.

„Kya, ich hab mit Erin gesprochen. Komm, mach mal die Tür auf. Ich fahre dich jetzt zum nächsten Safeway, damit du dir Tampons kaufen kannst. Wenn du möchtest, kannst du für heute zu Hause bleiben."

Zu seiner Verwunderung machte sie jetzt tatsächlich auf.
Sie sah ihn aus verweinten Augen an. Ihre Schminke war komplett verlaufen, sodass die schwarzen Spuren unterhalb ihren Lidern zu sehen waren.

Jay sah mitfühlend auf sie. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen, aber er wollte sie zu nichts drängen. Sie setzte sich stumm zurück vor die Badewanne auf den Boden. Er trat neben sie, ließ sich schweigend neben ihr nieder.

„Ich will das nicht haben."

„Bestimmte Dinge im Leben, kann man sich eben nicht aussuchen, weißt du? Du wirst jetzt langsam zur Frau und dein Körper entwickelt sich."

Unzufrieden sah sie ihn an. Auf eine gewisse Weise schien er dennoch erleichtert, auch wenn er ihr das nicht sagte, aber nach ihrem Magerwahn war das irgendwo ein gesundes Zeichen, dass ihr Körper sich normal entwickelte. Das sagte er Kathryn in dieser Situation natürlich nicht, aber es waren die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen.

Kya verzog unglücklich das Gesicht.

„Wenn das jetzt nur einmal wäre, aber das ist ja jetzt alle 4 Wochen so. Außerdem habe ich Bauchschmerzen."
Anteil nehmend strich ihr Jay dann doch über die Schulter.

„Pass auf, wir machen jetzt folgendes. Ich mache dir einen Tee und nehme dich für heute mit ins Präsidium. Wir halten unterwegs an der Drogerie. Ich gebe dir 10 Dollar und du deckst dich mit Tampons und Binden ein, okay?"
Unsicher sah sie ihn an, nickte dann aber mit dem Kopf. Sie war bereits knallrot im Gesicht. Offenbar war ihr die Sache furchtbar unangenehm.

Jay beschloss es nicht weiter zu thematisieren.
Wie geplant fuhren sie zur nächsten Safewayfiliale.

Er wollte bereits sein Portemonnaie zücken und Kya das Geld geben, aber diese sah ihn hilfesuchend an. Statt sich abzuschnallen, schüttelte sie mit dem Kopf.

„Dad?

„Mh?"
Sie druckste herum.

„Kannst du da nicht rein gehen? Ich traue mich nicht. Das ist so peinlich. Wenn das jetzt irgendwer aus meiner Schule sieht? Dann wissen die sofort bescheid."

Jay rollte mit den Augen, machte dann aber gute Miene zu bösem Spiel und nickte dem Teenager zu.

„Okay. Du wartest hier."

Zum ersten Mal an diesem Tag bewegte sie die Mundwinkel zu einem leichten Grinsen.

„Danke, das ist echt lieb von dir."

So erleichtert wie Kya jetzt war, so angespannt schien Jay mittlerweile zu sein.
Halstead, der selbst noch nie Frauenhygieneartikel gekauft hatte, wirkte nach kurzer Zeit sichtlich überfordert. Auch wenn er das nicht zugab. Etwas kleinlaut steuerte er auf die Hygienerartikelabteilung für Damen zu und brach innerlich zum ersten Mal zusammen, als er die Vielfalt an Größen und Packungen sah.

Ziemlich peinlich berührt, wurde Jay schließlich von einer der Verkäuferinnen angequatscht, die gerade die Regale einsortierte.

„Entschuldigung, kann ich Ihnen helfen?"
Zunächst stammelte er nur herum.

„Ja, also meine Frau möchte, dass ich ihr Tampons kaufe. Stärke eins. Ich hab keine Ahnung, wo ich die genaue Größe sehe. Sie wissen ja, als Mann ist man da immer etwas unbeholfen."

Sie schmunzelte amüsiert, deutete dann auf den kleinen Hinweis, auf dem an der Seite zwei Tropfen abgebildet waren.

„Das hier sind alle Artikel in den geringsten Stärken."

Er bedankte sich höflich, holt einige Packungen aus dem Regal, sodass Kya wählen konnte.

Mit knallrotem Kopf schnappte er sechs verschiedene Packungen, versenkte sie im Korb und lief wie ein begossener Pudel zur Kasse. Obwohl er der Frau an der Kasse nicht in die Augen sah, wusste Jay, dass sie ihn anblickte, als sei er komplett geistesgestört.

Wobei das sicher nicht dem Fakt, dass er Tampons kaufte, sondern der Tatsache geschuldet war, dass er gleich sechs Packungen besorgt hatte.

Ohne die Kassiererin anzusehen bezahlte er, packte schließlich die Waren in eine der Tüten und lief zum Parkplatz. Nur kurz nachdem er zurück in den Wagen steigen konnte hörte er ein leises Weinen.

Was war jetzt wieder? Zu seiner Verunsicherung hatte Kathryn den Platz gewechselt und saß jetzt nicht mehr auf der Beifahrerseite.

„Was ist denn los?", sagte er erschrocken. Die dementsprechende Reaktion blieb nicht aus.

„Mir ist was ganz blödes passiert."
Jay sah sie fragend an.

„Da ist ein Blutfleck auf dem Sitz. Das ist total stark. Ich glaube Stärke 1 reicht nicht mehr aus."
Jay heulte theatralisch, ließ den Kopf auf das Lenkrad fallen.

Irgendwann trieb ihn Kya noch ins Grab....

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In der Wache angekommen zog er als nächstes Kim zur Seite. Zum Glück hatte Adam das nicht gesehen. Burgess, die gar nicht wusste, wie ihr geschah, sah verdutzt auf Halstead.

„Du musst mir helfen. Erin ist doch auf dieser Fortbildung. Kathryn ist heute hier und sie hat zum ersten Mal ihre Tage bekommen. Wir waren schon bei Safeway, aber ich glaube sie braucht jetzt ganz dringend eine gute Beratung. Von einer Frau", fügte er schließlich mit ernster Miene hinzu.
Burgess lächelte amüsiert.

„Du weißt ja, als Mann kann man da vieles schwerer nachvollziehen und gerade bei diesen Frauenthemen, bin ich vielleicht nicht der optimale Ansprechpartner", sah er sie hilfesuchend an.
Burgess nickte verstehend.

„Okay, wenn du das möchtest, dann kann ich mit ihr reden."

Dankbar sah Jay seine Kollegin an, nickte ihr zu.

„Normalerweise sind das ja Themen, die Mädchen eher mit ihrer Mutter besprechen und..."

Sie klopfte Halstead aufmunternd auf den Rücken.

„Sag nichts. Alles gut. Ich versuche mein Glück."

Dann wandte sie sich ab, steuerte gezielt auf den Aufenthaltsraum zu, in dem Kathryn gerade saß...

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„Wie geht's dir jetzt? Sind die Bauchschmerzen besser geworden", fragte Halstead noch am gleichen Abend, als er mit Lindsay und Kya beim Abendessen saß.

Erin, die gerade von ihrer Fortbildung zurückgekommen war, verdrehte genervt die Augen.

„Jay, das ist keine Krankheit. Und ganz normal."
Kathryn schaute peinlich berührt vor sich hin.

„Darf ich jetzt aufstehen? Ich muss noch Hausaufgaben nachholen?"
Lindsay und Halstead nickten unabhängig voneinander.

Sobald sie in ihr Zimmer gegangen war, sprach Erin noch einmal das Thema an.

„Kein Wunder, dass Kya das so unangenehm ist, wenn du das alles so mystifizierst. Die Periode einer Frau ist was ganz normales. Wenn es die nicht gäbe, würden wir jetzt alle nicht hier sitzen. Du auch nicht."

„Ich mystifiziere überhaupt nichts", schüttelte er leicht eingeschnappt mit dem Kopf, aber sie grinste schief.

„Doch, das tust du. Kim hat mir alles erzählt."

Wenig begeistert schüttelte Jay mit dem Kopf.

„Euch Frauen kann man aber auch nichts anvertrauen. Das ist wie beim Kaffeeklatsch."
Erin lächelte belustigt.
So sehr sie ihren Mann auch dafür liebte. In bestimmten Dingen blieb er einfach ein liebenswerter Chaot...

eternity (Chicago PD fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt