„Na, haben die zwei sich anständig benommen?", begrüßte Kya ihren Vater mit einer langen Umarmung, als sie auf dem Spielplatz eingetroffen war und belustigt auf ihren kleinen Sohn schaute, der mit seiner älteren Schwester im Sandkasten hockte und an einer Burg baute.
Jay nickte ihr zu, sah dann zufrieden auf die Kinder, die ganz in ihr Spiel vertieft schienen.
Mittlerweile waren 4 Jahre vergangen.
Emma ging bereits in die erste Klasse der Grundschule und der kleine Matteo besuchte den Kindergarten.
Jay arbeitete als Dienststellenleiter bei der Intelligence, während Erin eine Außenstelle des FBIs in Chicago übernommen hatte.
Die zwei Cops waren im Leben angekommen und auch Kathryn und ihr Mann David hatten sich ihre eigene kleine Familie aufgebaut.
Zwei liebevolle Kinder, ein neues Haus am Stadtrand, das sie erst kürzlich gekauft hatten.
Das junge Paar befand sich in festen Jobs. Kya arbeitete nach wie vor im Krankenhaus. David hatte sein eigenes gut gehendes Unternehmen gegründet. Alles schien gut zu sein. Aber trotz der Idylle und all den Wünschen, die sich bisher erfüllt hatten, gab es etwas nach dem sich Kathryn innerlich sehnte, auch wenn sie bisher damit zurückgesteckt hatte und es aus Rücksicht auf die Kinder und die Situation nicht über die Lippen gebracht hatte.
„Du bist so still. Alles in Ordnung?"
„ Ich war nur in Gedanken", versicherte sie ihrem Vater.
Kya blinzelte die Tränen weg, setzte ein Lächeln auf. Das konnte sie gut. Mutter zu sein hieß all die Jahre auch im Alltag funktionieren zu können und bislang hatte das zweifellos geklappt.
Nachdem Matteo zur Welt gekommen war, schien ihre berufliche Fortentwicklung auf der Strecke geblieben zu sein. An eine Planänderung war eigentlich nicht zu denken. Außerdem gab es da den Hauskredit, der abbezahlt werden musste. Zwar lief Davids Unternehmen gut, aber sie hatten dennoch Verbindlichkeiten.
Die Kinder und die Hausarbeit forderten sie in der Zeit nach ihrem Dienst im Krankenhaus. Alles war eng getaktet. Mit wenig Zeit für Zukunftspläne. Eigetlich.
Jay warf seiner Tochter einen prüfenden Blick entgegen, schüttelte dann mit dem Kopf.
„Irgendwas ist nicht in Ordnung. Ich kenn diesen Blick", war er sich sicher.
Kya seufzte leise, setzte schließlich eine schiefe Grimasse auf.
Sie hatte es über die Jahre aufgegeben ihren Vater anzulügen oder ihm etwas vorzumachen. Er kannte sie zu gut, sah ohnehin, wenn sie etwas beschäftigte.
Sie waren Seelenverwandte, ahnten manchmal sogar was der jeweils andere dachte.
Kya wurde wieder ernst, nahm Emmas Kinderjacke und faltete sie zusammen, ehe sie das Kleidungsstück von der Bank auf ihrem Schoss ablegte.
Stumm blickten sie auf die spielenden Kinder.
„Du wirst mich für komplett verrückt halten, wenn ich dir das sage, aber ich denke ernsthaft darüber nach, nochmal an die Uni zu gehen."
Kya hatte bereits damit gerechnet, denn Jay warf ihr wie befürchtet verwunderte Blicke entgegen.
„Ich würde gern mein Medizinstudium fortsetzen. Der Job ist schön und gut und ich weiß, es ist Wahnsinn, aber irgendwie erfüllt mich das auf Dauer nicht mehr. Ich bin immer nur die Krankenschwester. Mein ganzes Wissen, das ich mir über die Jahre angeeignet habe, ist komplett umsonst gewesen. Ich hab damals zu früh aufgegeben und das bereue ich jetzt."
„Und die Kinder?", sprach Jay das aus, was Kya innerlich fürchtete, so als ob er ihre Gedanken kannte. Sie legte den Kopf schief, nickte dann.
„Ja, genau das ist das Problem. Ich wollte immer warten, bis Matteo in der Grundschule ist und die beiden aus dem gröbsten heraus sind. Bis der passende Moment gekommen ist, aber auf der andere Seite denke ich mir mittlerweile auch, gibt's den überhaupt? Jetzt sind sie noch klein. Später kommen sie in die Pubertät und wenn ich dann irgendwas verpasse, kommen sie vielleicht auf die schiefe Bahn. Und wenn sie erwachsen sind und selbst im Collegealter, dann bin ich zu alt."
Jay legte die Stirn in Falten. Genau wie Kathryn anfangs hatte er sichtliche Zweifel.
„Du solltest das mit David besprechen."
„Ich weiß.... Aber...ich hab so verdammte Angst davor", sagte sie leise theatralisch und erhielt verwunderte Blicke von ihrem Vater.
„Nicht vor ihm sonder davor, dass er nicht mitzieht. Vor seiner Reaktion. Was mache ich, wenn er dagegen ist und sich quer stellt?"
„Also hast du dich schon entschieden?"
Kya zog abermals eine schiefe Grimasse.
„So gut wie. April hat mir die Sache schmackhaft gemacht. Sie war an der gleichen Stelle wie ich damals und hat es immer bereut nie die Chance genutzt zu haben. Und Ethan hat mir auch zugeredet und mich gestern zur Seite genommen. Es gibt im Med ein neues Programm, bei dem man die Facharztausbildung in Teilzeit verkürzen kann, wenn man bereits zur Krankenschwester ausgebildet wurde. Wie eine Art Seiteneinstieg. Ich würde ein festes Gehalt bekommen und noch während der Ausbildung meine Praxiszeit verrichten. Außerdem könnte ich mir meine Unizeit aus Minnesota anrechnen lassen, sodass ich nur noch 2 ½ Jahre nachstudieren müsste. Ich hab den Traum Kinderärztin zu werden immer noch nicht aufgegeben."
Jay begann zunehmend breiter zu grinsen, dann zuckte er mit den Schultern.
„Was hindert dich dann daran? Klingt nach einem Plan."
„Dein Ernst?"
Jay seufzte, als er belustigt dabei zusah, wie Emma ihrem kleinen Bruder ganz anständig die Schaufel entgegen gab.
„Und die zwei da vorn, im Sandkasten? Dad, ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass das eine heftige Doppelbelastung wäre. Der Kredit fürs Haus, die Verbindlichkeiten, die Kinder, der Haushalt."
Halstead zuckte mit den Schultern, legte ihr väterlich die Hand um die Schulter.
„Weißt du, Kya, je älter ich werde, umso mehr denke ich darüber nach, was im Leben wirklich wichtig ist. Irgendwann sind die Kinder groß und dann bereust du es vielleicht. Denn, wie du selbst sagst. Den passenden Moment wird es nie geben. Klar, Familie kommt zuerst, aber es ist auch wichtig, dass man sich nicht komplett aufgibt und in den Spiegel schauen kann. Die Zeit kann man nicht zurückdrehen. Und wenn David dich liebt, dann versucht ihr einen gemeinsamen Weg zu finden. Außerdem sind Erin und ich ja auch noch da und können euch auch die Kinder abnehmen."
Kya lächelte berührt, himmelte ihren Vater an.
„Danke. Für deine ehrliche Meinung."
„Immer."
Dann machte er eine rasche Kopfbewegung.
„Na, los. Setz dich in die nächste U Bahn. Du solltest heute noch mit ihm reden. Ich sehe doch, wie sehr dich das belastet."
„Jetzt?"
„Warum nicht?"
Sie sah ihn amüsiert an, schmunzelte traurig.
„Du bist der beste", warf sie ihrem Vater einen Kussmund entgegen. Jay zwinkerte ihr spitzbübisch zu. Kya verabschiedete sich von ihren beiden, schaute noch einmal beseelt auf ihre zwei Kinder, ehe sie hinter der nächsten Straßenecke verschwand. Au halber Strecke hielt sie noch einmal inne, schaute beseelt auf das Universitätsgebäude, das in naher Zeit ihr zweites Zuhause werden würde.
Was auch immer die Zukunft bringen würde.
Sie freute sich darauf.
Vielleicht hatte ihr Vater recht.
Selbst wenn es schief laufen würde.
Ohne Fehler würde man sich nie weiterentwickeln.
Oder nicht?
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eternity (Chicago PD fanfiction)
FanfictionJay ist im Auslandseinsatz in Bolivien als er von Haileys Tod erfährt. Nachdem Upton auf dem Weg zur Arbeit angeschossen wurde liegt sie im Koma, erleidet schließlich einen Herzstillstand. Nur durch Zufall überlebt das Baby, das sie im Bauch trägt...