Es war ein unspektakulärer Donnerstag im September, als Jay und Erin an ihren Schreibtischen im Büro der Wache saßen und Kya völlig ungeplant den Kopf zur Tür hinein steckte.
Sie war mittlerweile in der neunten Klasse und fuhr nach der Schule selbstständig mit dem Bus nach Hause.
Anders an diesem Tag, als sie völlig ungeplant einen kleinen Ausflug zur Polizeiwache ihrer Eltern machte.
Jay und Erin, die bereits ahnten, dass es sich dabei um mehr handeln musste, sahen mit angespannter Mimik auf, als der Teenager das Großraumbüro betrat.
Kevin, der Kya in den Raum gelassen hatte, sah seine Kollegen unschuldig an.
„Kathryn, was machst du hier? Ist irgendwas passiert?"
Das Mädchen druckste herum. Dann reichte es Lindsay den bedruckten Zettel entgegen.
„Ja, indirekt schon. Ich steck total in der Tinte. Ich hatte ja erzählt, dass ich dieses Schulpraktikum ableisten muss und irgendwie habe ich das ganz vergessen. Und als ich jetzt gemerkt habe, dass alle anderen schon einen Platz haben, dachte ich, ich finde ohne Probleme auch einen. Ich hab dann vorhin zu Hause alles abtelefoniert und bin in die Stadt gefahren, aber die sind alle schon völlig überfüllt. Und jetzt finde ich einfach keine Praktikumsstelle."
Jay legte genervt seinen Stift bei Seite. Innerlich ahnte er bereits böses.
„Schön und was sollen wir da jetzt machen? Nur zu deiner Information, aber du stehst hier im Büro der Intelligenceeinheit. Wir sind keine Supermarktfilliale."
Kya druckste herum. Jay kannte diesen Blick und genau das machte ihm Angst.
„Ich dachte, wenn ich überall Absagen kassiere, dann kann ich ja vielleicht hier anfangen?", murmelte sie kaum hörbar und wurde zum Satzende hin immer leiser.
Jay war sofort dagegen.
„Oh nein. Ganz sicher nicht. Das ist hier kein Kindergarten", eschauffierte sich ihr Vater und schüttelte mit dem Kopf.
„Mal ganz davon abgesehen...", schielte er zu dem Schreiben und sah seine Tochter aus großen vorwurfsvollen Augen an.
„Du hattest über ein viertel Jahr Zeit, dir einen vernünftigen Praktikumsplatz zu suchen. Und jetzt, 3 Tage vorher fällt dir das ein? Das kann jetzt nicht dein Ernst sein. Allein aus diesem Grund, werden wir das nicht unterstützen."
„Jay", murmelte Erin und Kyas hoffnungsvoller Blick blieb an ihr hängen.
Halstead stand auf und lief mit einigen Formularen zum Kopierer.
„Ich hab nein gesagt. Ich finde das nicht gut. Dann musst du eben weitersuchen. Solange bis du was Passendes findest. Es kann doch in ganz Chicago nicht nur 6 Praktikumsplätze geben."
Aber Kya sah ihren Vater verzweifelt an.
„Dad, ich hab bereits überall gesucht. Ich war bei Target, in 4 Kindertageststätten, 2 Schulen, bei Wallmart und ich hab bei 6 weiteren Stellen angerufen. Entweder wollen die alle keine Praktikanten haben oder sie sind schon besetzt. Wir sind ja nicht die einzige Schule, die gerade ins Praktikum geht."
Halstead rollte mit den Augen.
„Also meinen Segen hast du nicht. Klär das mit Voight. Ich bin absolut dagegen. Zumal du später ja eh nicht zur Polizei, sondern im Rettungsdienst arbeiten willst. Nur irgendwo die Zeit abzusitzen kann nicht Sinn deines Schulpraktikums sein."
„ Die im Med nehmen Praktikanten aber erst ab 16. Dafür bin ich zu jung."
Jay stöhnte nur.
„Mach was du willst", war alles was er sagte, ehe er zum Flipchart ging, wo das Bild eines ehemaligen Armysoldaten hing. Jay, der für einen Moment wieder in einen Flashback abdriftete, sah mit weit aufgerissenen Augen auf das Foto. Erst das kurze Klingeln seines Diensthandys holte ihn aus den Gedanken, ehe er frustriert und mit einem lauten Türknallen das Büro verließ.
Kya sah ihrem Dad eher weniger begeistert nach.
Lindsay, die ihren Blicken gefolgt war seufzte nur.
„Was ist los mit ihm? Seit drei Tagen ist er wieder total komisch. Er faucht mich ständig an. Nie kann man's ihm Recht machen. Er ist irgendwie immer gereizt."
Erin sah mitleidig auf ihre Stieftochter.
„Mäuschen, sieh das nicht so eng. Wir haben gerade einen schwierigen Fall, der deinen Vater sehr an die Zeit in Afghanistan erinnert. Er hat da wieder sehr mit seiner posttraumatischen Belastungsstörung zu kämpfen. Das hat wirklich nichts mit dir zu tun", versicherte Lindsay dem Teenager.
Aber Kathryn sah sie nur sichtlich getroffen an.
Sie hasste Jay dafür, wenn er derart schroff und abweisend war.
„Weißt du was? Voight ist gerade da. Klopf doch einfach mal in seinem Büro und sprich das direkt an. Er hat sicher nichts dagegen, dass du uns hier für diese eine Woche unter die Arme greifst. Es geht ja wirklich erst einmal nur darum, dass du irgendwo unter bist. Wobei dein Vater in einem Recht hat. Beim nächsten Mal fängst du bitte wirklich früher an, nach einem Praktikumsplatz zu schauen. Nicht 3 Tage vorher."
Kya nickte schuldbewusst. Die Message war bei ihr angekommen.
Erin war von ihrem Platz aufgestanden und lotste sie nun in Voights Büro. Der Dienststellenleiter hatte gerade telefoniert und das Telefonat für beendet erklärt.
„Hank? Kya ist hier. Sie würde gern mit dir sprechen. Sie hat ein Anliegen."
Voight sah Lindsay erstaunt an, winkte die 15 Jährige dann zu sich ins Büro.
Etwas eingeschüchtert trat Kathryn ein, ehe Erin hinter ihr und Voight die Tür schloss.
Sichtlich aufgeregt stand der Teenager nun vor dem Sergeant, der sie freundlich musterte.
Das hier war ihre letzte Chance. Wenn das jetzt nicht klappte, hatte sie ein ernsthaftes Problem.
„Komm, setz dich."
Kathryn tat, was er ihr sagte.
„Wie kann ich dir weiterhelfen?", fragte er interessiert, weshalb sie nun zögerlich mit der Wahrheit herausrückte.
„Onkel Hank, ich hab ein Problem. Ich brauche ganz dringend einen Praktikumsplatz. Ich hab vermasselt, mich rechtzeitig um eine Stelle zu kümmern und jetzt stehe ich ohne eine Zusage da."
Das Gesicht des Dienststellenleiters verspannte sich.
„Na, toll. Und jetzt?"
Kya hasste ihn dafür, dass er sie die Peinlichkeit ihres eigenen Verschuldens spüren ließ, aber sie hatte keine Wahl als freundlich zu bleiben.
„Ich wollte fragen, ob ich das Praktikum vielleicht bei euch machen kann?"
Voight setzte ein Pokerface auf, zog skeptisch die Augenbrauen nach oben.
„Von welchem Zeitraum reden wir?"
„Eine Woche?"
Voight verzog den Mundwinkel zu einer skeptischen Grimasse.
„Na, wenns nicht mehr ist."
Kathryn atmete erleichtert auf.
„Aber eines sag ich dir gleich. Keine riskanten Geschichten. Du fährst hier nicht mit auf Einsätze mit und leistest überwiegend Schreibtischarbeit. Akten sortieren, Fallberichte überprüfen. Das wird nicht das gleiche Spiel wie bei Hailey damals. Und wenn du dir irgendwas aus der Nähe anschaust und mit auf Streife fährst, geht das vorher über meinen Schreibtisch. Haben wir uns da verstanden?"
Kya nickte verstehend mit dem Kopf.
Was konnte schon passieren?
Im Gegensatz zu Hank Voight schien ihr nicht klar zu sein, dass aus aufregendem Abenteuer schnell bitterer Ernst werden konnte...
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Im Gegensatz zu ihrem Vater war Kathryn gut gelaunt, als die 3 Tage später das Praktikum antrat und unter Trudy Platts Fittiche genommen wurde.
Voight hatte mit Trudy gesprochen, sodass beide den kompletten Handlungsraum der Schülerin abgesteckt hatten, damit nichts passierte. Man einigte sich darauf, dass sie zum Ende ihrer Praxiszeit zu ein bis zwei Einsätzen mitfahren dürfte, die aber sofort abgebrochen wurden, wenn für ihre Sicherheit ein Risiko bestand.
Jay, dem das alles bitter aufstieß, zog schon am ersten Tag ein mieses Gesicht. Dass Voight seiner Tochter grünes Licht gegeben hatte, fand er überhaupt nicht gut.
Er wollte unter keinen Umständen, dass sie irgendwann auch als Polizistin endete. Viel mehr schien er zu befürchten, dass sie durch das Praktikum noch auf die Idee kam ihren Berufswunsch zu ändern.
Es zählte zu seinen schlimmsten Alpträumen seine Tochter genau wie seine Frau bei einem Einsatz zu verlieren.
Und auch, da er Kathryn alles andere als geeignet für die Polizeiarbeit einschätzte, war er dem Sachverhalt überhaupt nicht positiv zugewandt.
Kathryn war zu weich, zu fragil. Auch wenn er und Hailey Cops geworden waren, hieß das nicht zwangsläufig, dass Kya auch dafür geeignet schien.
Und genau das ließ er sie auch spüren.
An den ersten drei Tagen wurde der Teenager für die Büroarbeit in der oberen Etage eingeteilt. Sie durfte im Abhör- und Computerraum sitzen und hatte den Auftrag die Akten samt der Bilder von Tatorten einzusortieren.
Während Erin, Platt und Ruzek sehr darauf geachtet hatten, dem Teenager nur die Akten zu geben, die keine besonders gravierenden Bilder der Tatorte beinhalteten, beschloss Jay keine Ausnahme zu machen.
Innerlich erhoffte er sich, dass sie dadurch dermaßen abgeschreckt wurde, sodass das Praktikum in sicherer Abneigung endete. Dass das auch ohne sein Zutun passieren würde, ahnte er noch nicht.
„Sag mal, du hast Kathryn doch jetzt nicht wirklich den Fall Black sortieren lassen?"
Etwas gleichgültig sah Halstead seine Frau an.
„Wieso denn nicht? Macht sie jetzt hier ihr Praktikum oder nicht?"
Doch Erin verschränkte fassungslos die Arme vor der Brust.
„Jay, das ist der brutalste Mord, den wir seit über 10 Jahren hatten. Der Mann hat seine Frau im Flussbett ausbluten lassen, während das Herz kontinuierlich weitergeschlagen hat. Sowas kannst du keiner 15 Jährigen zur Aktenarbeit geben. Das ist unmöglich von dir!", schimpfe Erin und war wie von der Tarantel gestochen in den Nebenraum gelaufen, ehe sie wenige Minuten später mit dem dementsprechenden Ordner wiederkam. Sichtlich erleichtert darüber, dass Kathryn die Dokumente noch nicht in die Kartei eingeordnet hatte.
Jay schüttelte ungläubig mit dem Kopf, sah seine Partnerin hasserfüllt an.
„Ganz ehrlich, aber das Theater, das ihr hier alle veranstaltet, ist kaum auszuhalten."
Aber Linsay hielt ihm sogleich das Widerspiel. Geschockt schauten die Kollegen auf das nun streitende Paar.
„Deine Tochter ist 15 Jahre alt. Was soll denn dein Ziel dieses Praktikums sein? Dass sie hinterher die nächste Therapie braucht? Oder gar nicht mehr schlafen kann. Sie soll einen Einblick in gute Polizeiarbeit erhalten. Nicht mehr und nicht weniger."
„So funktioniert das normale Leben aber nicht!", herrschte Halstead seine Kollegin an.
„Wenn wir da draußen arbeiten, gibt's keine Schonposten und das weißt du genau! Tot ist tot und da gibt's keine zweite oder dritte Chance. Das was ihr hier mit Kathryn macht, ist ein Eiertanz. Ihr gaukelt ihr etwas vor, das so nie sein kann. Und das weißt du genau", war er völlig außer sich.
Lindsay sah ihn verblüfft an. So langsam begriff sie, woher seine Angst wirklich rührte.
Und mit den folgenden Worten traf sie ihn mehr, als sie eigentlich gewollt hatte.
„Kathryn ist aber nicht Hailey. Auch wenn du das nicht begreifen kannst. Du kannst sie nicht ständig in Watte packen."
Er lachte ironisch.
„Ach ? Das sagst du mir jetzt? Die, die ihr am liebsten den ganzen Tag vormacht, dass unser Job ein Ponyhof ist und jeder Fall mit Gerechtigkeit endet? Wer sorgt denn dafür, dass sie gerade eine völlige Scheinwelt erlebt? So wie sie, hättet ihr keine normale Praktikantin behandelt und das weißt du genau", schrie er lautstark und verschwand damit frustriert aus dem Nebenbereich. Fast wäre er mit Voight kollidiert, der ihm irritiert hinterher sah.
Die entsetzten Blicke der Kollegen ließen Voight sogleich misstrauisch werden.
„Was ist mit Halstead los?"
Aber Erin schüttelte nur mit dem Kopf.
„Er kommt nicht damit zurecht, dass Kya für diese Woche hier ist und alle auf sie Rücksicht nehmen."
Nachdenklich sah Voight dem Detective nach.
Er musste dringend ein Wörtchen mit Jay reden...
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eternity (Chicago PD fanfiction)
FanfictionJay ist im Auslandseinsatz in Bolivien als er von Haileys Tod erfährt. Nachdem Upton auf dem Weg zur Arbeit angeschossen wurde liegt sie im Koma, erleidet schließlich einen Herzstillstand. Nur durch Zufall überlebt das Baby, das sie im Bauch trägt...