Angst vor der Konfrontation

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Juji: „Du meinst also, dass er die Polizei in ein schlechtes Licht rücken will?"

Geneviéve: „Und das auf Nationaler Ebene. Ich meine, wann gab es zuletzt einen so dermaßen grotesken Mord?"

Juji: „Das war in meiner Jugend. Der Fall von Junko Furata hat Landesweit für Empörung gesorgt. Da war ich grade mal Streifenpolizist geworden, als der Fall die Runde machte. Auch hier wurde der Justiz Fahrlässigkeit vorgeworfen und dass die Strafen für die Täter zu milde gewesen wären. Aber bei dem aktuellen Fall muss der Täter ein anderes Motiv haben."

Geneviéve: „Ich bin mir mittlerweile sicher, dass unser Täter einen persönlichen Groll gegen die Polizei in Shibuya hegt. Die Uni liegt in der Präfektur Bunkyō von Saitama und die beiden Toten wurden in Shibuya entdeckt. Warum also diese Distanz zum Viertel des Geschehens?"

Juji: „Das zieht den Kreis der Verdächtigen schon etwas enger. Es ließe sich nachprüfen, ob es in der Vergangenheit unzufriedene Angestellte gab. Die Liste sollte nicht all zu lang sein."

Geneviéve: „Dennoch dürfen wir den Campus und auch die aktuellen Mitarbeiter nicht ausschließen. Ab hier müssen wir diskreter vorgehen und nur absolute Interne des Falls, dürfen über die weiteren Verfahrenswege Bescheid wissen. Sollte dennoch etwas nach außen gelangen, dann können wir sicher sein, dass der Täter sogar mit uns am Tisch sitzt."

Nachdem ich mir eine Strategie mit Herrn Nakamura zurechtgelegt hatte, kehrten wir beide in den Besprechungsraum zurück und weihten unsere Kollegen in das Vorhaben ein.
Ab hier heißt es, absolutes Stillschweigen nach außen und alles weitere erhalten wir von der IT.
Es war weit nach 22 Uhr, als endlich Schluss war und ich völlig übermüdet meine Sachen zusammenpackte.
Auf dem Weg zum Ausgang, plauderte ich noch etwas mit Wataru.

Wataru: „Du warst großartig Gen. Ich habe meinen Vater selten so zugänglich erlebt wie heute. Normalerweise ist er ein echter Dickkopf was sein Fachgebiet angeht, aber du hast ihn gezähmt."

Geneviéve: „Er war heute wirklich ruhiger als gestern. Aber ob das an mir liegt, bezweifle ich stark. Er hat nicht nur diesen Fall, sondern auch noch die Medien im Nacken, die es zu kontrollieren gilt. Ich denke, dass er erschöpft ist und deshalb so friedlich war."

Wataru: „Wie geht es dir eigentlich damit? Ich hab es vorhin ja erst gelesen, dass du die Tote mit meinem Vater begutachtet hast und dann war sie auch noch eine Bekannte von dir."

Geneviéve: „Den Schrecken habe ich noch die ganze Nacht durchlebt. Es war grausam sie so zu sehen. Ich hoffe nur, dass die anderen wenigstens noch am Leben sind und wir sie bald finden."

Wataru: „Hoffen wir das beste. Wenn es dir aber schlechter gehen sollte durch die Arbeit hier, dann sag Bescheid. Ich möchte nicht, dass dich die Sache zu Grunde richtet."

Geneviéve: „Lieb von dir, dass du dich sorgst. Ich werde auf mich aufpassen."

Wataru: „Wir bleiben in Kontakt. Ab morgen geht es ja in die Beschattung. Also bis dann."

Er winkte mir lächelnd zum Abschied und ging durch die Vordertür des Gebäudes Hinaus.
Von weitem sah ich schon, dass Inupi an der Treppe wartete und rauchte.
Fuck! Den habe ich die letzten Stunden total ausgeblendet!
Der Schock durchfuhr meinen Körper und ich ging wieder ins Innere des Gebäudes.
Ich kann ihm nicht unter die Augen treten!
Nicht nach dem Ding vorhin!

Immer wieder kam das Bild des Kusses in meinen Kopf und erinnerte mich daran, wie rau und bedrohlich er zu mir geworden ist.
Mit meiner Reaktion vorhin, muss ich ihn wirklich wütend gemacht haben, obwohl ich nicht mal etwas Böses im Sinn hatte.
Ich wollte nur, dass die beiden aufhören zu streiten und ich mich nicht im Zentrum des Sturms befinde.
Ich ging zur Rezeption und wandte mich an die Polizistin hinter dem Tresen.

Geneviéve: „Sagen Sie mal, hat das Präsidium auch noch einen anderen Ausgang?"

Polizistin: „Nur die Notausgänge und der Zugang zur Gerichtsmedizin. Aber den dürfen nur Angestellte der Abteilung benutzen."

Geneviéve: „Verdammt. Könnten Sie nicht eine Ausnahme machen?"

Polizistin: „Ärger mit deinem Freund? Der Schönling steht schon seit fast einer Stunde da draußen und fragt immer nach dir."

Geneviéve: „Wir sind nicht..."

Polizistin: „Schon okay. Nimm die Treppe nach ganz unten und geh den Korridor nach links bis ans Ende. Dort ist die Zufahrt für die Forensik und durch die Tür kannst du ungesehen rausgehen."

Geneviéve: „Ich hab was gut bei Ihnen! Danke sehr!"

Polizistin: „Nenn mich einfach Gita mein Kleines."

Geneviéve: „Danke Gita! Ich revanchiere mich hierfür!"

Ich ging also dem Weg nach, den sie mir beschrieben hatte und verschwand sozusagen durch die Hintertür.
Es war windig und kalt draußen, also zog ich mir meine Jacke über und die Kapuze tief ins Gesicht.
Irgendwie fühlte ich mich wie eine Verbrecherin, die vor einer Konfrontation davon läuft.
Im Prinzip ist es auch nichts anderes, aber ich kann so nicht mit Inupi reden!
Doch sobald er merkt, dass ich garnicht mehr auf dem Polizeigelände bin, wird er sicherlich im Studentenwohnheim nach mir suchen.
Es gibt nur einen Ort an dem ich mich jetzt vorerst verstecken kann und zu dem muss ich jetzt.


Angst vor der Konfrontation



Ende

Ma belle fleur de lune Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt