Spurensuche

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Aus meiner Perspektive sah ich, dass ihr Papiereimer voll mit zerrissenen Bildern war.
Also krabbelte ich hin und nahm mir ein paar der Fetzen raus.
Es waren Bilder von ihr und auch von Wataru.
Scheinbar muss sie sich wirklich getrennt haben und hatte alle Erinnerungen daran vernichtet.
Ich ging weiter zu ihrem Kühlschrank um zu sehen ob er gefüllt war.
Das war der einfachste Weg herauszufinden, ob sie hier war.
Denn Katoka ist ein Vielfraß und hat immer einen prallgefüllten Kühlschrank.
Aber er war leer und nichts, außer einer Flasche Vodka war darin zu finden.

Langsam bekam ich ein ungutes Gefühl und machte mir sorgen.
Katoka muss doch irgendwo sein?!
Mein erster Gedanke war natürlich der Henker, aber sie würde nicht in sein Beuteschema passen.
Sie ist durch und durch Japanerin und hat keine Verwandten, die aus dem Ausland stammen könnten.
Ich verließ ihr Zimmer wieder und klopfte an die Zimmertür von Nakiya.
Sie ist Katokas Zimmernachbarin und sollte sie vielleicht gesehen haben.
Sie schaute aus der Tür und bekam ein breites Lächeln im Gesicht.

Nakiya: „Na sowas Gen! Du hier? Wie schön! Was kann ich für dich tun?"

Geneviéve: „Hast du Katoka gesehen oder weißt du zumindest wo sie ist?"

Nakiya: „Sorry, da habe ich keinen Plan. Sie ist mit muss schon ein paar Tage nicht mehr ins Wohnheim gekommen."

Geneviéve: „Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?"

Nakiya: „Zuletzt in der Lesung von Prof. Kamida, vor einer Woche."

Geneviéve: „Wie war sie so drauf? Hat sie sich komisch verhalten? Hast du sonst irgendwas mitbekommen?"

Nakiya: „Sie wirkte ziemlich nachdenklich. Aber sonst war sie so drauf wie immer. Das einzige was ich komisch fand, das war der Krach aus ihrem Zimmer."

Geneviéve: „Krach? Was für ein Krach?"

Nakiya: „Es war Spätabends als es auf einmal rumpelte und ich einige Sachen fliegen hörte. Geflucht hatte sie auch, also habe ich kurz gegen die Wand geklopft und dann war Ruhe. Sie schlägt ja gerne mal über die Stränge."

Geneviéve: „Das erklärt zumindest das Chaos in ihrem Zimmer."

Nakiya: „Du könntest ja mal bei ihren Bandkollegen nachschauen. Vielleicht hat sie sich dort erstmal einquartiert."

Geneviéve: „Gute Idee! Danke für deine Hilfe!"

Nakiya: „Kein Ding! Schau gerne mal wieder vorbei!"

Ich verabschiedete mich von ihr und fuhr zum Probenraum der Band.
Er lag etwas außerhalb der Uni und scheinbar hatte ich Glück.
Ich konnte Lärm von Instrumenten hören und Katokas unvergleichliches Bass, also rannte ich panisch ins Gebäude und fiel buchstäblich durch die Tür.
Ihre Bandkollegen hörten sofort auf zu spielen und sehr zu meiner Verwunderung, war mein Bruder Yoshino hier und guckte mich nur verwundert an.

Yoshino: „Gen? Was machst du hier?"

Geneviéve: „Könnte ich dich auch fragen. Es ist doch weit nach 22 Uhr! Papa wird nicht begeistert sein!"

Yoshino: „Mach dich mal locker, ich habe Ferien. Ich penn' bei Haku."

Geneviéve: „Achso stimmt ja. Sorry ich bin wohl etwas durch den Wind heute."

Yoshino: „Lass mich raten, du suchst Katoka oder?"

Geneviéve: Ja genau! Ich hab euch spielen hören und dachte, dass sie hier ist. Aber das warst dann wohl du."

Yoshino: „Tut mir leid dich zu enttäuschen, aber deswegen bin ja auch ich hier."

Da trat Katokas langjähriger Kumpel an mich heran und half mir erstmal vom Boden auf.
Haku war wie ein Bruder für sie und so kümmert er sich auch um Yoshino.

Haku: „Du kannst sie also auch nicht erreichen was? Wir haben eigentlich einen Gig am Wochenende und sie kommt nicht zu den Proben. Ich hab immer wieder versucht sie anzurufen, hab ihr geschrieben, war im Wohnheim und sogar bei ihren Eltern. Sie war nirgends zu finden, nicht mal bei ihrem Ex."

Yoshino: „Deshalb bin ich hier und übernehme ihren Part. Da der Auftritt vor 0 Uhr ist, kann ich problemlos mit auftreten."

Geneviéve: „Verstehe. Das ist wirklich lieb von dir Yoshi."

Yoshino: „Wir Musiker helfen uns gegenseitig! Außerdem ist Haku doch wie ein Bro für mich, da kann ich ihn doch nicht hängen lassen."

Geneviéve: „Haku sag mal, hast du mit Wataru reden können?"

Haku: „Ja schon, aber er war kurz angebunden und stand ziemlich unter Stress. Er arbeitet ja an seiner Doktorarbeit soweit ich weiß."

Geneviéve: „Alles klar, dann werde ich ihm auch nochmal einen Besuch abstatten. Wenn Katoka sich zwischenzeitlich melden sollte, dann sagt mir bitte Bescheid."

Haku: „Geht klar Gen. Wenn du etwas weißt, dann sag mir auch Bescheid."

Ich verließ das Haus und wollte grade ins Auto steigen, da hielt mich Yoshino auf und schaute mich besorgt an.

Yoshino: „Gen sei ehrlich... denkst du dieser Freak von Henker hat sie..."

Geneviéve: „Ich habe auch schon darüber nachgedacht, aber Katoka passt überhaupt nicht in sein Beuteschema. Sollte ich aus Wataru nichts herausbekommen, dann werde ich sie definitiv als vermisst melden!"

Yoshino: „Dann... nimm wenigstens das hier mit und versprich mir, dass du ihn immer tragen wirst okay?"

Er zog sich einen seiner Ringe vom Finger und drückte ihn mir in die Hand.
Doch es war alles andere als ein normaler Schmuckring.



Spurensuche




Ende

Ma belle fleur de lune Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt