63. Wahrheiten

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Hallöchen meine Lieben, gucken wir uns mal an, wie die beiden miteinander klarkommen...

Viel Spaß beim Lesen <3

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> Hanna <

Okay, ich will nicht weglaufen, aber wohl fühle ich mich trotzdem nicht. Was soll ich denn sagen? Soll ich überhaupt etwas sagen oder meinen Mund halten? Wie läuft das jetzt bitte? Hätte mir das jemand vorher mal erklären können?! Das hier ist ja schon ein Sonderfall, es geht nicht nur um die Trennung. Von dem Karussell in meinem Kopf kehren die Kopfschmerzen zurück. Na toll. „Hann?" Marcos Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und mit einem Ruck hebe ich den Kopf und sehe ihn wieder an. „Ja?" Mensch, ich bin aber schlagfertig heute. „Wie geht es dir?" Seine Stimme klingt weich, aber unsicher. Ja, wie soll es mir gehen? Beschissen! Unsicher beiße ich mir auf die Unterlippe, versuche das viel zu laute Klopfen meines Herzens zu ignorieren und erwidere mit kratziger Stimme: „Na eher beschissen." Was bin ich denn so ehrlich zu ihm?! Marco starrt kurz den Boden an, scheint zu überlegen, was er sagen soll und beginnt dann zu sprechen, allerdings ohne mich dabei anzusehen. Ich kann es ihm nicht verübeln – ich bin ja heute im Vogelscheuchenlook unterwegs.

„Ich glaube nicht, dass ich mir auch nur ansatzweise vorstellen kann, wie du dich fühlst – aber ich weiß, dass ich bei dir hätte sein müssen, als es passiert ist. Du hättest das nicht alleine durchmachen sollen. Die ganze Zeit mache ich mir Vorwürfe, dass ich so ein blöder Idiot war und nicht einfach mit dir geredet habe. Dann wäre es nie so weit gekommen." Skeptisch höre ich ihm zu, weiß aber nicht, was ich antworten soll. Doch das muss ich scheinbar nicht, denn nun wendet er sich mir wieder zu, seine Augen leuchten kurz und er fügt hinzu: „Ich war zu stolz. Ich habe gezweifelt, weil sich das alles so perfekt angefühlt hat. Mit dir. Es war plötzlich so unwirklich. Jetzt habe ich damit alles kaputt gemacht und kann gar nicht so viel trinken, wie ich kotzen möchte, um dieses Gefühl loszuwerden – dieses Schuldgefühl. Es tut mir leid, Hann. Ich liebe dich von ganzem Herzen, habe aber wieder einmal den falschen Weg gewählt und viel zu lange gebraucht, um zu kapieren, dass es nichts in der Welt gibt, was ich mehr will, als dich. Dass es egal ist, wenn irgend so ein dahergelaufener Penner solchen Mist erzählt. Dass es nichts bedeutet. Dass ich dich liebe, ohne Kompromisse."

Marcos Worte treffen mich direkt ins Herz, schmerzen und rufen die Erinnerungen wach, die uns miteinander verbinden. Es sind so viele mittlerweile. Freud und Leid, so eng beieinander, doch eben dieses Auf und Ab hat uns immer wieder gezeigt, dass wir – wie Robin vorhin schon meinte – irgendwie füreinander bestimmt sind. Ich konnte diesen Mann nie wieder gehen lassen, hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt, trotz aller Hindernisse. Jetzt blicke ich in das vom Sonnenlicht erhellte, lodernde Goldgelb seiner Augen, welches sich einen erbitterten Kampf mit dem mystischen lebendigem Grün in seiner Iris liefert und spüre, wie sehr mein Herz sich nach ihm sehnt, ihn vermisst und versucht mich zu überzeugen, ihm noch eine Chance zu geben. Ratlos, überwältigt von meinen Gefühlen hänge ich meinen Gedanken hinterher und kann meinen Blick einfach nicht abwenden. Schon mehrere Male haben wir kämpfen müssen, umeinander, um unsere Liebe. Hat das denn noch einen Zweck? Ist es nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt? Welche Fragen hat er noch? Will ich sie beantworten? Ich schätze, dass er mindestens die gleichen wirren Falschinformationen bekommen hat, wie die aus dem Artikel, der mir im Netz begegnet war. Mir wird schlecht, bei dem Gedanken an das, was danach geschehen war. Schnell schüttle ich fast unmerklich den Kopf, um die Bilder wieder loszuwerden und konzentriere mich wieder auf Marco, der mich erwartungsvoll ansieht. Worauf genau wartet er jetzt? Sorry, aber ich werde ihm nicht um den Hals fallen und kreischen: „Alles wieder gut!" Das wird nicht passieren. Muss ich das jetzt etwa in Worte packen? Was zum Henker ist das denn so kompliziert?!

Nach einer weiteren Denkpause räuspere ich mich und gebe endlich mehr als nur drei Worte von mir: „Was erwartest du von mir? Ganz ehrlich, was erwartest du von mir, Marco? Ich bin durch die Hölle gegangen, habe panische Angst gehabt und du heulst rum wegen so einem Spasten, der dir irgendwelche lächerlichen Nachrichten geschickt hat mit angeblichen Insiderinfos über mich! Was hat er dir erzählt? Dass ich fremdgegangen sei? Bin ich nicht! Dass ich ohne Zustimmung abgetrieben habe? Habe ich nicht! Ich habe das Baby damals in der 8. Woche verloren! Was noch?! Warte, lass mich überlegen, was da noch stand. Achja, ich hätte es nur wegen des Geldes auf dich abgesehen? Ich hoffe, du brauchst keine Antwort darauf! Ich hätte eine zerrüttete Familie? Nun ja, es ist nicht leicht und ich wollte dir das erstmal ersparen! Mein Stiefvater ist ein schmieriger Penner und durch ihn liege ich mich mit meiner Mutter seit Längerem im Clinch. Hab ich was vergessen? Ach doch, das Wichtigste! Ich würde es nicht ernst mit dir meinen und dich nicht lieben!", meine Stimme überschlägt sich und ich springe auf, „Das ist so dermaßen lächerlich! Ich hätte dir alles erzählt, es hat nie einen Grund gegeben, sich von mir abzuwenden! Erwarte also nicht, dass alles wieder in Ordnung ist, nur weil du das jetzt auch endlich kapiert hast und hier angekrochen kommst! Ich bin stinksauer auf dich und so unfassbar enttäuscht! Mann, ich liebe dich! Und du lässt mich so im Stich! Kannst du dir vorstellen, wie große Angst ich hatte?! Kannst du dir auch nur vorstellen, in deinem Sturkopf, dass ich unglaublich verzweifelt und traurig darüber bin, dass ich das Kind verloren habe?! Kannst du dir das überhaupt vorstellen? Nur weil irgendjemand solche Lügen über mich verbreitet, musst du diesem Menschen nicht glauben! Das solltest DU doch eigentlich wissen! Denn soll ich dir mal was sagen?!" Zornig funkle ich ihn an und atme schwer. „Was?", krächzt Marco und starrt mich eingeschüchtert an. „Ich hätte das Kind auf jeden Fall bekommen. Ich hätte es gewollt. Weil ich es mir mit dir wirklich vorstellen konnte und nicht nur, weil das bei mir nicht so leicht werden könnte. Ach, natürlich, das habe ich ja noch vergessen. Ich habe eine 20-prozentige Chance überhaupt auf natürlichem Wege schwanger zu werden! Falls dir das dieser ‚Insider' nicht auch schon gesteckt hat! Unterstell mir also bloß nicht, ich würde das jetzt nur deshalb sagen! Es grenzt an ein kleines Wunder, dass ich schwanger geworden bin! Okay?! Und ich habe es verloren, ich weiß nicht, wie oft das noch passieren wird und ob ich je wieder die Möglichkeit bekomme! Und du rollst dich ein und schmollst! Du hast mich so enttäuscht, wirklich!", beende ich meinen Ausbruch, schnaufe tief durch und bemerke, wie sehr ich am ganzen Körper zittere. Da hat sich gerade eine Menge Frust und Kummer entladen.

Marcos Augen sind noch größer geworden und er scheint komplett überfordert zu sein, mit all den Wahrheiten und meinem kurzen Ausraster. „Scheiße ey...", murmelt er dann und fährt sich durch die Haare, während ich ihn noch immer mit einem grimmigen Blick traktiere. „Ja, scheiße! Genau!", keife ich wieder los, doch er steht auf und nimmt meine Hände, die wie wild vor seinem Gesicht herumfuchteln. „Ich wusste das nicht. Es ist absolut schrecklich, aber mit dem Wissen wird es noch schlimmer und ich kann mir vorstellen, dass es für dich unglaublich schwer sein muss." Meine Lippen beben und ich will alles tun, um nicht vor ihm heulen zu müssen. Doch die Reue, die ich in seinen Augen sehe und der Schmerz, der wieder in mir auflodert, übermannen mich. Große Tränen rollen über meine Wangen, das kehlige Schluchzen vermischt sich mit meinem heiseren Aufschrei der Verzweiflung. Nur halbherzig versuche ich mich von Marco loszureißen, der mich nicht gehen lässt. Stattdessen zieht er mich an sich, streichelt meinen Rücken und lässt mich hemmungslos weinen. Schluchzend kralle ich mich an ihn, suche nach Halt, um nicht vollständig mit dem Schmerz unterzugehen. Immer schwächer werden meine Beine, sie geben unter der seelischen Last nach. Doch bevor ich zu Boden sinke, greift er mir unter den Po und hebt mich hoch, sodass ich meine Beine um ihn schlingen kann und mich an seinem Nacken festhalte. Eine gefühlte Million von Tränen vergieße ich so an seine Brust gedrückt, lasse der Trauer freien Lauf. Es ist ein so anderer Schmerz. Er ist nicht mit dem vergleichbar, den ich empfand, als Rico starb. Ich kann ihn nicht beschreiben, doch er reißt mir das Herz heraus und er fühlt sich so widerlich bekannt an.

Marco geht mit mir zur Couch und sinkt langsam darauf, sodass ich auf seinem Schoß hocke und noch leise schluchze. Kein Wort sagt er, er krault nur sanft meinen Nacken und ist für mich da. Viel zu spät, aber jetzt ist er hier. Jetzt.

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Und nu? Alles vergeben und vergessen? Eher nicht oder? Hanna ist sehr wütend auf ihn und hin- und hergerissen... Was soll sie tun? Was wäre das Beste für die beiden?

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen? Bin ja mal auf eure Kommis gespannt ^^

Knutscha, 

Eure Floraly <3

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