15-Mehr als alles andere!

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In my veins - Andrew Belle

Ich habe meine Freunde mit all ihren Problemen alleine gelassen, aber ich hätte nie über ihre Köpfe hinweg gewettet.
So etwas ist unter jeder Gürtellinie!

Es fängt an, sich alles zu drehen, doch sie wird nicht ganz zudrücken, das weiß ich! Ihre Fingernägel krallen sich zwar in meine Haut, weshalb diese sofort anfängt zu brennen, doch weiter wird sie nicht gehen.

Meine Tränen verschleiern noch mehr meinen Blick und ich bekomme nun gar keine Luft mehr.
Bis Dan sie plötzlich von mir weg zieht und ich an der Wand zusammen sacke.

„Lass mich los! Sie hat das verdient!", schreit Em und versucht sich aus dem Griff von Dan zu lösen. Ich atme mehrere Male tief ein und aus, bis ich schweren Herzen aufstehe.

„Dan, lass sie los. Emily hat recht, ich habe das verdient! Sie könnte mich jetzt hier an Ort und Stelle umbringen und ich würde es verstehen können. Manchmal da wünsche ich mir, dass Liam sich nicht vor mich gestellt hätte und das Messer mich getroffen hätte. Ich wäre gestorben und nicht er. Ich habe mich drei Jahre lang nicht gemeldet und tauche jetzt urplötzlich wieder auf. Immer wieder habe ich mit dem Gedanken gespielt, euch zu besuchen, doch ich hatte keine Kraft. Und panische Angst vor eurer Reaktion. Ich wusste, wie ihr reagieren würdet und genauso habt ihr auch reagiert. Die Wut und Verachtung kann man in euren Augen gar nicht übersehen."
Ich fange an zu husten, da mir das Reden wirklich schwer fällt, doch ich beeile mich weiter zu sprechen. Ich will es ihnen erklären.

„Wir haben uns immer vier Mal die Woche getroffen. Abends. Wenn das Internat schon geschlossen hatte. Und was haben wir gemacht? Henry überzeugte uns Drogen zu nehmen und besorgte uns regelmäßig Alkohol. Es gab Tage an denen hatten wir schon Entzugserscheinungen, da wir manchmal keine 24 Stunden ohne konnten! Erinnert ihr euch?! Wir wurden von diesen scheiß Teilen abhängig! Und egal was ihr mir erzählt hättet, ich hätte ohne zu zögern meine Hand dafür hingehalten! Denn ich hatte niemanden außer euch. Ihr wart meine Freunde. Meine Familie! Es gab nur einen Menschen, dem ich noch mehr vertraute. Liam. Ich habe ihn geliebt! Doch ich hatte Angst, es ihm zu sagen, denn ich hätte dadurch unsere Freundschaft zerstören können. Ich wollte ihn doch nur ein einziges Mal mit nehmen, damit er auch diese Seite von mir kennenlernt. Verdammt, ich war abhängig und stolz darauf. Wir alle saßen draußen vor der Hütte an einem kleinen Lagerfeuer. Es war von Anfang an eine heikle Situation, da Henry ihn nicht leiden konnte. Und dann - plötzlich hörten wir ein Auto, wie es in der Nähe zum Stehen kam und Henry war gleich voller Tatendrang. Er griff nach seinem Messer und wollte nach sehen, wer sich in unserem ‚Territorium' aufhält. Doch ich hatte Angst, dass er etwas Unüberlegtes machen würde, weshalb ich ihm nach lief und auch festhielt. Doch diese Tatsache stimmte ihn nicht milde!" Ich lache kurz auf, ehe ich einfach weiter rede.

„Ganz im Gegenteil, er wurde richtig sauer und hielt mir das Messer an die Brust. Habt ihr das überhaupt mitbekommen? Er schrie mich an. Ich solle mich aus seinen Angelegenheiten raushalten. Er wurde richtig sauer. Doch ich blieb standhaft, denn ich wusste, dass er mich nicht umbringen würde."
Ich stocke für einen Moment.

„Mich nicht-aber Liam. Denn genau dieser, schob mich an meinen Schultern zur Seite, damit er gegenüber von Henry stehen konnte. ,Henry, beruhige dich. Das Auto ist doch schon längst wieder weg', hat er mit seiner unglaublich einfühlsamen und ruhigen Stimme gesagt. Ich habe ihn dafür so sehr bewundert. Henrys Messer wanderte von meiner Brust zu seiner und ich konnte mein Herz schlagen hören, so laut war es. Doch selbst das brachte Liam nicht aus der Fassung. Ich sah, wie er langsam seine Hand hob, so als wolle er kapitulieren, doch stattdessen wollte er ihm das Messer aus der Hand schlagen. Und-und genau das war sein Todesurteil!"
Die vielen Tränen laufen mir über meine Wange und mir ist es egal, dass sie sie sehen.

„Du hast wie am Spieß geschrien!", flüstert Dan und ich kann ihm ansehen, dass er ebenfalls in seinen Gedanken gefangen ist.
„Er fiel zu Boden und du hast dich so schnell zu ihm herunter gekniet. Man konnte hören, wie du versucht hast, ihn mit Worten am Leben zu halten. Doch Henry hatte sein Herz getroffen. Liam hatte gar keine Chance zu überleben, doch du hast alles versucht."

Ich habe versucht sein Blut zu stoppen. Habe versucht, dass er bei mir bleibt. Doch ich hatte gar keine Chance.

„Mir brach mein Herz in tausend Stücke, als er mit allerletzter Kraft seinen Arm hob, um mir meine Tränen weg zu wischen. Er hat gelächelt, als er seine letzten Worte sprach. Ich liebe dich, Zoe! Mehr als alles andere! Und-und dann verließ ihn jegliche Wärme, jegliche Energie. Sein Arm fiel zu Boden und neben- neben mir lag nur noch seine Hülle, denn seine Seele ist von mir gegangen. Ich schrie ihn an, dass er wieder kommen soll. Dass ich ihn brauche. Dass ich ihn liebe, doch er bewegte sich nicht mehr."

Ich schluchze und muss mich zusammen reißen, nicht wieder zusammen zu sacken. Warum erzähle ich ihnen das?

„Mich plagen seit dem Albträume. Ich weiß, das, was ich träume nicht der Wahrheit entspricht, doch die Erinnerungen fangen an sich mit meinen Albträumen zu vermischen. Ich muss mich mittlerweile an der Wahrheit festklammern. An seine letzten Worte!"

Das war's! Ich muss hier jetzt raus. Ich kann nicht mehr. Ich bin wieder am Tiefpunkt!
„Es tut mir leid. Alles, was ihr wegen mir durchmachen musstet!", flüstere ich in ihre Richtung und fange dann an zu rennen.
Der Parkplatz ist nicht allzu weit! Meine Gedanken! Ich schreie!

Es ist wie in der Nacht, als ich ihn verloren habe. Auch damals rannte ich weg. Überall war sein Blut. An meiner Kleidung, an meinen Händen und in meinem Gesicht!
Doch ich rannte. Ich wusste nicht einmal wo ich war.
Meine Lunge tat vom vielen Weinen, schreien und rennen weh. Sie fühlte sich an, als würde sie platzen, doch ich rannte weiter.
Die Sonne ging auf und ich rannte immer noch. Ich ignorierte die Autofahrer.

Ich blieb am Leben, in dem ich rannte. Irgendwann hielt ein Auto neben mir, jedoch ließ mich dies noch schneller rennen. Ich wollte nicht zurück! Ich wollte nicht noch einmal seinen leblosen Körper sehen. Doch dann hörte ich, wie jemand meinen Namen schrie und ohne überhaupt etwas machen zu können, brach ich zusammen.

Fake HonestyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt