Bonuskapitel II

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„Ich bin nervös.", höre ich mich selber sagen und merke, wie sehr meine Stimme zittert.
„Warum denn?", lacht Dylan neben mir, während er den Schalter betätigt, um meinen Bruder unten die Tür zu öffnen.
„Er wird sich freuen. Da bin ich mir ganz sicher.", ergänzt er, als er bemerkt, dass mich das nicht wirklich beruhigt hat.
„Er kann es sowieso nicht ändern.", kommen die Wörter über seine Lippen, als er sich wieder zu mir umdreht.

Ich verziehe unglücklich mein Gesicht, denn eigentlich war Lucas der entspanntere von den Zwillingen.
„Wenn du weiterhin so ein Gesicht ziehst, wittert er bereits jetzt schon, dass wir ihm irgendetwas verheimlichen.", seufzt er schließlich und beugt sich zu mir herunter, um sich einen kurzen Kuss zu stehlen, ehe ihn die Türklingel veranlasst, die Wohnungstür zu öffnen. Lucas strahlt uns entgegen, als er über die Türschwelle tritt.

„Wow. Ihr habt ja schon fast alles zusammen gepackt. Man könnte meinen, dass ihr gerade erst hergezogen seid und eine Einweihungsparty statt einer Abschiedsparty feiern wollt.", lacht er und sieht sich die kahlen Wände an.
Er hat recht, denn irgendwie macht es den Eindruck, als hätten Dylan und ich hier nie gelebt, bis auf die wenigen persönlichen Dinge, die hier noch herum stehen.
Ich bemerke, wie ich nervös mit meinem Ehering spiele, weshalb ich meine Hände lieber verschränke.

Dylan und ich hatten Ende letzten Jahres beschlossen, wieder nach Hause zu ziehen. New York war für eine Zwischenzeit eine wirklich schöne Stadt, doch ich habe schon immer gewusst, dass ich nicht für immer in der Großstadt leben wollte.
Als Dylan mir berichtet hatte, dass sein Chef ihn gerne in die neue Außenstelle, keine halbe Stunde von unserer alten Heimat entfernt, versetzen wollte, muss ich gestehen, dass ich mich doch ein wenig gefreut hatte.
Natürlich ist es schade, dass wir hier unsere Freunde zurücklassen, doch es hält uns einfach nicht mehr viel in der Millionenmetropole.

Wir haben für heute eine kleine Abschiedsparty organisiert, denn gerade Dylan fällt es schwer, seine Freunde hier zurück zu lassen, auch wenn er weiß, dass er viele Freunde zuhause wiedersieht. Lucas, mein Bruder, der zusammen mit Dylan hergezogen war, erklärt mir immer wieder, wie sehr er diese Stadt liebt und ihn vorerst nichts nach Hause zieht.
Doch ich bin mir sicher, dass diese Liebe zur Stadt ganz eng verbunden mit der Liebe zu seiner Freundin ist. Und das ist auch in Ordnung, denn wenn er sich hier zuhause fühlt, warum soll er dann wegziehen, nur weil ich das mache? Ich weiß nur, dass ich ihn sehr vermissen werde.

„Wo ist Alina?", fragt Dylan ihn verwirrt und sieht in den Flur. „Sie hat den Pizzalieferanten abgefangen und wollte die Pizza gleich mit hochbringen.", antwortet mein Bruder schulterzuckend, weshalb ich ihn nun auch verwirrt ansehe.
„Und dann bist du einfach hochgegangen, statt deiner Freundin zu helfen?", frage ich ihn zusätzlich und beobachte kurze Zeit später, wie Alina zusammen mit den Pizzakartons hereinkommt.
„Wie schön, dass dir das auffällt, Zoe.", schnauft sie und bestätigt damit meine Vermutung, dass sie mitgehört hatte.
„Was? Ich habe den Alkohol getragen.", erwidert Lucas scherzhaft und hielt die Weinflasche hoch. Ich verdrehe meine Augen, genervt über sein Verhalten. Man sollte meinen, dass er schon alt genug war, doch innerlich ist er doch ein Kind geblieben.
„Keine Sorge, die anderen bringen den Rest mit.", betont er als er den Blick meines Mannes sieht.
Doch ich bezweifle, dass dieser ihn so ansieht, weil er so wenig Alkohol dabei hat, sondern weil er seine Freundin einfach das Meiste tragen lassen hat.
„Was ist aus dem Gentleman geworden?!", erwidert Dylan kopfschüttelnd, kann sich dabei aber ein leichtes Grinsen auch nicht verkneifen, ehe er meinen Bruder einen leichten Schubs gab.

Alina nimmt die Situation jedoch gelassen, dreht sich schließlich zu mir und nimmt mich einmal kurz in den Arm.
„Hi erstmal.", begrüßt sie mich gleichzeitig. Alina ist eine tolle Frau. Sie ist witzig und klug, man kann wirklich jeden Scheiß mit ihr machen und sie ist nebenbei auch noch wirklich hübsch. Sie ist sehr schmal gebaut, hat ein wunderschönes Gesicht und  ihre kastanienbraunen Haare gehen ihr bis zu den Schultern.
„Ich hoffe, die anderen lassen nicht allzu lange auf sich warten, denn dann sind die Pizzen schon kalt.", murmelt sie schließlich und bleibt neben mir stehen.

Fake HonestyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt