70-Schlechte Stimmung

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>IDGAF-Dua Lipa<

Ich kann gar nicht so schnell schauen, da sind plötzlich die nächsten drei Monate um.
Die Abschlussprüfungen meiner Brüder sind auch geschrieben und sie haben sogar schon die Ergebnisse dieser.
Und ich als stolze Schwester kann sagen, dass beide ein Stipendium an der Columbia in New York bekommen haben.
Lucas wird also bald über eine Tagesfahrt weit weg sein, was meine Glücksgefühle für ihn ein wenig dämpft.
Toby hingegen hat sich zu unserem Überraschen nicht für das Columbia Studium, sondern hat sich bewusst für eine Universität hier in der Nähe entschieden.
Ich glaube ja, dass es an seiner Liebe zu Lia liegt, aber er leugnet das natürlich.
Aber es ist sein Leben und er soll es so leben, wie er es möchte.

Und zu meinem Glück und Pech wird Dylan demnächst auch zur Columbia gehen.
Glück, weil er dann über sechsundvierzig Stunden entfernt sein wird und Pech, weil er dann immer noch etwas mit meinem Bruder zu tun hat.
Heute ist wieder einer der Tage, an denen ich schlecht gelaunt bin und das kam in letzter Zeit häufig vor.
Entweder ich bin traurig und könnte den ganzen Tag durch heulen oder ich bin schlecht gelaunt und man sollte mir lieber nicht über den Weg laufen. Mein Umfeld hat heute also schlechte Karten.

Mit lauter Musik im Ohr laufe ich über den Schulhof, der schon ganz leer ist, doch ich gehe keinen Schritt schneller. Ich lasse meinen Blick schweifen und bleibe an dem Auto von Dylan hängen.
In den letzten Monaten sind die Gedanken um ihn nicht weniger geworden und ich verfluche mich jedes Mal.
Und wahrscheinlich habe ich deswegen auch die Stimmungsschwankungen.
Ich nehme mir meine Kopfhörer auch beim Betreten der Schule nicht aus den Ohren, sondern lasse sie auch bei voller Lautstärke drin.
Die Meisten sind schon längst in den Räumen, denn eigentlich war ja nur Pause, doch ich hatte mich entschieden eine kleine Runde zu laufen.
Jedoch komme ich nicht drum herum an Dylan vorbei zulaufen, der zu seinem und meinem Übel immer noch das Armband trägt, welches ich ihm zum Geburtstag geschenkt hatte.
Jedes Mal wenn ich an ihm vorbei laufe oder wenn ich ihn nur sehe, schaue ich, ob er es trägt und jedes verdammte Mal fängt mein Herz wieder an zu bluten.
Und ich glaube, dass er es sogar mit Absicht trägt.

An meinem Spind bleibe ich stehen und lege meine Bücher hinein und nehme mir die, die ich für die nächsten Stunden brauche.
Doch ich bleibe noch ein wenig stehen und lausche der Musik, denn es ist eines meiner Lieblingslieder.
Ich ignoriere die Schulklingel, schließe meine Augen und genieße die Ruhe.
Jedoch muss ich irgendwann mein Smartphone weg legen und den Weg zu meinem Klassenraum antreten.

Ich mache mir nichts daraus, dass schon vor fünf Minuten der Unterricht begonnen hat, sondern klopfe einfach und gehe ohne Antwort hinein.
Ich stehe bereits in der Stuhlreihe, da pfeift mich mein Lehrer zurück, weshalb ich mit einem Augenverdrehen wieder umdrehe.

„Was?", frage ich ihn genervt. Ich habe eben eine leise Entschuldigung gemurmelt, dass müsste reichen.
„Ms. Lewis, mein Unterricht hat vor fünf Minuten begonnen und Sie kreuzen erst jetzt auf. Darf man Sie fragen, wo Sie waren?", fragt er mich sauer, sodass ich genervt ausatme.

„Ich war auf Toilette!", antworte ich trotzig und will mich gerade wieder umdrehen, da redet er weiter.
„Das können Sie demnächst in der Pause machen! Sie können entscheiden, ob Sie hier bleiben oder den Raum wieder verlassen, denn die Stunde bewerte ich mit einer sechs!", erwidert er, weshalb ich ihn fassungslos anstarre.
„Das ist nicht Ihr Ernst? Ich bin doch hier, da können Sie mir für die Stunde keine sechs geben. Und außerdem können Sie mir auch nicht vorschreiben, wann ich zur Toilette gehen darf! Sie als Mann haben doch sowieso keine Ahnung! Ich meine, wenn wir Frauen auf Toilette müssen, dann müssen wir auch. Da können Sie auch nichts dran ändern. Und nur weil Sie ein Mann sind, heißt das nicht, dass Sie über uns Frauen bestimmen dürfen!", rede ich mich in Rage, weshalb ich irgendwann nur den sauren Schrei meines Deutschlehrers vernehme.
„Zum Direktor! Sofort!"
Ich verdrehe meine Augen, ehe ich erwidere, dass wir mittlerweile eine Direktorin haben, was seiner Gesichtsfarbe jedoch nicht gut tut.

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