34-Ohne jegliche Hemmungen

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Battle scars-Lupe Fiasco, Guy Sebastian

Ich laufe mit Lia und Mason durch die vollen Schulflure. Es ist ein Wunder, dass wir überhaupt weiterhin neben einander laufen können.
Mason kennen wir aus unserem Geschichtskurs und ab und zu isst er mit uns zu Mittag, was zwischendurch auch für eine gewisse Abwechslung sorgt. Denn eine dritte Meinung ist immer sinnvoll und auch wenn es nur um die neue Haarfarbe einer Neuntklässlerin geht.

„Wusstet ihr, dass es einen neuen Lieferdienst für unser Essen gibt?!", spricht Lia ein neues Thema an und stuppst Mason grinsend in die Seite. 
„Dann hoffen wir mal, dass man danach nicht mehr den Drang hat, zu kotzen.", murmelt Mason, weshalb ich ihn relativ nüchtern unterbreche.
„So schlimm war das Essen gar nicht!"
Es war nicht das Leckerste, aber man konnte es essen.
„Du bist ja auch nicht normal!", lacht der Blondhaarige neben meiner besten Freundin.
Innerlich frage ich mich, wie lange es noch dauert bis die beiden sich ineinander verlieben.
Eigentlich passen sie wirklich gut zusammen, doch Lia hat auch noch nie irgendwelche Andeutungen gemacht.

„Da ist ja unser Zwerg!", höre ich Toby plötzlich hinter mir und merke im nächsten Moment, dass er seine Hände auf meinen Schultern ablegt.
Seit Dylan mich so genannt hat, bin ich nun ihr kleiner Zwerg und ich habe wirklich schon alles versucht, damit sie aufhören.
Selbst der Kleber in deren Shampoo hat nichts gebracht. Es war kein Sekundenkleber, denn so fies bin ich nicht, doch es hat in den Augen gebrannt. Ihr Geschrei liegt mir jetzt noch in den Ohren.
„Was willst du?", frage ich ihn und verkneife mir irgendeinen beleidigenden Kosenamen. „Ich wollte dich fragen, ob wir dich nach der Schule mit nach Hause nehmen sollen. Du bist ja heute Morgen schon wieder mit den Bus gefahren."
Manchmal sind Lucas und Toby schon extrem genervt, wenn ich morgens nicht mit ihnen fahre, doch ich habe wirklich gute Gründe dafür.
„Morgens ist der Bus nicht voll und man sollte ein wenig auf die Umwelt achten. Ihr könntet ja-"
„Komm zum Punkt!", unterbricht mich mein großer Bruder und ich weiß, dass er die Augen verdreht.
„Es wäre wirklich nett, wenn ihr mich mitnehmen würdet, denn nachmittags ist der Bus wirklich voll!", begründe ich meine Antwort.
„Mehr wollte ich nicht wissen. Ich muss los, denn Lucas wollte mir etwas zu Essen holen und der Sack isst sonst alles alleine!"
Und schon ist er zwischen den vielen Schülern verschwunden, sodass wir ihn nicht mehr sehen können.

„Toby hat mich im Übrigen gefragt, ob ich dich am Freitag nach Hause gebracht habe.", fängt meine Freundin an zu reden, als sie sich ihre erste Gabel in den Mund schiebt.
„Wann hat er dich das denn gefragt?", frage ich sie verwirrt.
„Oh-ähm-Ich war nach dem Spiel noch auf der Party und da hat er mich eben gefragt.", beantwortet sie meine Frage schneller als ich einen weiteren Gedanken fassen konnte.
„Du? Party?"
„Mmh. Ganz spontan!", murmelt sie ganz nervös und wechselt das Thema, indem sie mich fragt, wo ich denn war.
Ich lasse mir Zeit beim Herunterschlucken meiner Nudeln, denn dieser Frage wollte ich eigentlich aus dem Weg gehen.
„Dylan hat mich nach Hause gebracht.", sage ich jedoch relativ selbstbewusst, denn ich  kann es eh nicht ändern.
Ich weiß sowieso, wie sie reagieren.
Lia wird bis zum Mond strahlen, da sie meint, dass es immer noch ihr Verdienst ist und Mason wird mich genauso anstarren wie damals, als er erfahren hat, dass ich mit den Lewis-Zwillingen verwandt bin. Ich kann mich also nicht beklagen!
„Wann ist das denn passiert? Man hat euch zwar schon öfter zusammen gesehen, aber dass du ihm so schnell traust? Damit hätte ich dann doch nicht gerechnet!", spricht Mason seine Gedanken aus und bringt mich zum Grübeln, während Lia ihm schon ganz begeistert ihre Sichtweise der Story erzählt.
Doch wann habe ich angefangen, ihm zu vertrauen. Habe ich das denn nicht schon von Anfang an gemacht?
Ich muss ihm doch vertraut haben, als ich mich neben ihn ins Auto gesetzt habe.
Auch wenn das Vertrauen zu diesem Zeitpunkt wirklich gering war, war es doch da.
Und auch wenn es zwischenzeitig etwas gelitten hat, ist es doch gewachsen.
„Zoe? Alles in Ordnung?", höre ich Lias Stimme irgendwann in meinem Unterbewusstsein, weshalb ich aufblicke.
„Ja? Was sollte sein?", frage ich sie verwirrt und runzele meine Stirn.
Mir ist klar, dass sie fragt, weil ich mit meinen Gedanken ganz woanders bin. Doch ich will meine Gedanken nicht vor der ganzen Stufe preisgeben, denn hier gibt es immer irgendjemanden, der bei privaten Dingen besonders gerne zuhört.
Stillschweigend essen Lia und ich unser Essen auf, denn Mason schiebt seins komischerweise beiseite.
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Fake HonestyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt