Am Cocktail schlürfend stehe ich an der Bar und beobachte Laura und Sara, wie sie sich ausgelassen zur Musik bewegten. Ihre Körper sind braungebrannt von der strahlenden Sonne hier in Miami. Ihre Augen strahlen fröhlich und immer wieder lachen sie. Winken fröhlich zu mir herüber und ich winke schmunzelnd zurück. Ich genieße diese Momente in vollen Zügen. Plötzlich durchdringt ein greller Schrei die Musik. Ein Schrei, der durch Mark und Bein geht. Es bricht Panik aus. Menschen rennen kreischend durch die Bar. Versuchen die Tür zu erreichen. Sara und Laura kommen blass zu mir gerannt und hektisch sehen wir uns um. Was ist passiert? Wir verstehen die englische Sprache kaum und sehen uns ratlos und panisch an. Wir greifen uns an unseren Händen, um uns nicht aus den Augen zu verlieren und steuern zielsicher auf die Tür zu, als Laura und Sara laut zu schreien anfingen. Abrupt drehe ich mich um und mir gefriert das Blut in den Adern. Weiße, milchige Augen sehen mich an. Ein röcheln ringt aus seiner Kehle. Blut. Er ist überall voller Blut. Sein Gesicht, es scheint zu verfaulen. Sein Kiefer ist offen, das volle Gebiss und die Knochen sieht man durch die Hautfetzen, die herunterhängen. Starr vor Angst stehe ich da, unfähig mich zu bewegen. Er nährt sich Laura und ich fange an um unser Leben zu schreien....
Leise schreiend schrecke ich aus meinen Schlaf hoch. Sitze schweißgebadet auf der Couch und schaue mich hektisch um. Halte die Luft an. Lausche. Hat mein Schreien sie angelockt? Doch ich kann nichts hören. Erleichtert atme ich wieder aus. Nur sehr langsam beruhigt sich mein Atem wieder, doch entspannen kann ich mich nicht. Jede Nacht lassen mich solche und ähnliche Träume aus meinem viel zu leichten Schlaf hochschrecken. Lassen mich keinen erholsamen Schlaf finden. Doch ich brauche den Schlaf. Mein Körper muss sich ausruhen. Ich muss mich ausruhen. Und doch bleibe ich immer angespannt. Wachsam.
Ich schaue aus Fenster. Es ist noch dunkel. Da es Winter ist, ist es sehr schwer abzuschätzen, wie spät es ist. Schlafen kann ich nun nicht mehr, aber im Dunkeln möchte ich nicht weitergehen. So esse ich die halbe Dose Mais, nehme meine Taschenlampe und schaue die restlichen Schränke durch. Vielleicht finde ich etwas, dass ich gebrauchen kann. Alles, was mir brauchbar erscheint, lege ich auf den Tisch. Da hätten wir ein paar Streichhölzer, Batterien, eine weitere Taschenlampe und ein Taschenmesser. Keine große Ausbeute, aber besser als nichts. Ich verstaue alles sorgsam zusammen mit eine der Decken in meinem Rucksack und setze mich danach auf das Fensterbrett und schaue raus. Es hatte wieder zu schneien angefangen und der Schnee blieb liegen. Es musste noch kälter geworden sein, dass war schlecht für mich. Ich brauchte dringend wärmere Sachen. Ich hoffte, ich würde bald eine Siedlung oder eine kleine Stadt finden. Ich brauchte auch dringend Wasser. Seit gestern Mittag hatte ich nichts mehr getrunken und mein Mund fühlte sich furchtbar trocken an. Trocken wie die Sahara und meine Lippen waren aufgeplatzt. Moment. Der Schnee. Schnell stand ich auf, holte mir ein paar Tassen und fühlte diese draußen auf der Veranda mit Schnee, bevor ich leise wieder hineinging. Ich setzte mich wieder auf das Fensterbrett, machte mein Feuerzeug an und hielt es unter die Tasse. Es würde eine Weile dauern und es war auch nicht viel, aber besser als nichts. Nach einer ganzen Weile hatte ich sämtlichen Schnee in den Tassen geschmolzen und trank sie gierig aus. Meine Hände zittern nun wie Espenlaub und schnell schob ich sie unter die Decke. Ein weiterer Blick nach draußen verriet mir, dass es langsam hell wurde. Nur noch schnell meine Hände etwas aufwärmen, dann wollte ich weiter. Wohin? Das wusste ich nicht. Ich hatte absolut keine Ahnung, wo ich hier war. In welchem Bundesstaat von Amerika ich mittlerweile gelandet war. Ein paar Minuten später füllte ich auch meine zwei leeren Wasserflaschen mit Schnee, schulterte meinen Rucksack, wickelte die andere Decke um meinen Körper und machte mich auf den Weg. Mit der einen Hand hielt ich das Messer, mit der anderen hielt ich die Decke fest. Es war so kalt. So entsetzlich kalt und der Winter fing erst an. Früher habe ich den Winter geliebt. In meiner Heimat lag nicht immer Schnee und wenn dann nicht viel, aber wenn, dann habe ich es geliebt Schneeball Schlachten und Engel im Schnee zu machen. Heiße Schokolade mit Sahne zu trinken. Gemütlich mit den lieben am Kamin kuscheln oder Plätzchen zu backen. Gerne dachte ich an diese Zeit nicht zurück. Viel zu schmerzhaft waren die Erinnerungen. Doch heute, heute mag ich den Winter nicht mehr.
Ich musste eine Weile überlegen, doch ich glaube, das war jetzt der dritte Winter, seit das ganze angefangen hat und vielleicht ja auch mein letzter. Meine Füße froren in den Sneakers entsetzlich und fühlten sich schon nach kurzer Zeit taub an. Doch ich biss mich durch. Schritt für Schritt kämpfte ich mich durch den Wald, doch schon bald machte sich die Erschöpfung in mir bemerkbar. Es war zu spüren, dass ich lange nichts Vernünftiges mehr gegessen hatte und auch viel zu wenig. Dass ich viel zu wenig schlief. Doch es half nichts. Ich ging weiter. Ich musste einfach. Sonst wäre es mein Ende.
Gefühlte Stunden später hatte ich eine Straße erreicht. Ich hörte auf mein Gefühl und ging nach rechts. Ich zitterte am ganzen Körper und hatte Mühe mein Messer festzuhalten. Ich hoffte sehr, dass keine weiteren Beißer meinen Weg kreuzen würden. Ich wusste nicht, ob ich die schaffen würde. Ich hatte keine Kraft mehr und hoffte so sehr, dass nach jeder Kurve Häuser zu sehen waren. Doch meine Hoffnung wurde jedes Mal enttäuscht. Niedergeschmettert. Und mit jeder Enttäuschung wurde die Stimme in mir lauter, dass ich eine Rast einlegen sollte. Einfach nur kurz an den Straßenrand setzen und verschnaufen. Aber ich wusste, dass ich dann nicht mehr aufstehen würde. Ich würde einfach sitzen bleiben und auf den Tot warten. Auf einen schmerzhaften Erfrierungstot. Doch so weit war ich noch nicht. Ich wollte nicht sterben. Ich wollte kämpfen. Ich wollte Leben. Ich wollte einfach nicht glauben, dass das hier alles gewesen sein soll. Irgendwas muss es doch noch geben. Irgendetwas wofür es sich zu Leben lohnen sollte. Wofür es sich zu kämpfen lohnen sollte. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht auf die Straße achtete. Ich stolperte und fiel hin. Irgendetwas hartes, auf das ich mit meinem Kopf fiel. Ein schmerzhaftes Pochen machte sich in diesem breit und unter Stöhnen setzte ich mich langsam auf, während ich mir meinen Kopf hielt. Meine Sicht war etwas verschwommen, mehrmals atmete ich tief durch, bevor ich versuchte aufzustehen. Doch ich schaffte es nicht. Meine Kraft war aufgebraucht. Meine Beine machten, was sie wollten. Mein Körper hörte nicht mehr auf das, was ich ihm sagte. Leise fluchte ich vor mich hin und ich bildete mir ein, ein Auto zu hören, bevor alles um mich herum schwarz wurde....
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Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF)
FanfictionDas Leben treibt Menschen auseinander. Das Leben bringt Menschen zusammen. Die Hoffnung kann enttäuschen. Die Hoffnung kann stärken. Die Liebe kann schmerzen. Die Liebe kann heilen. Man muss nur den Mut haben, daran zu glauben! ---------------- „Ge...