Zögerlich fing ich zu erzählen an.
„Ich weiß nicht, was mit meiner Familie ist. Sie ist in Deutschland geblieben. Ich bin da genauso unwissend, wie ihr und kann euch daher sehr gut verstehen. Ich habe mit meinen besten Freundinnen hier Urlaub gemacht. Sara und Laura. Wir wollten uns noch ein bisschen von der Sonne bräunen lassen und uns von den Hochzeitsvorbereitungen erholen. Ich wollte zwei Wochen nach dem Urlaub heiraten... Marvin, mein Verlobter, ist Zuhause geblieben. Er hatte mir den Urlaub zu meinem 26. Geburtstag geschenkt gehabt. Als das Ganze hier anfing, war ich mit den Mädels gerade in einer Bar. Laura hat es nicht hinaus geschafft... Sara und ich verkrochen uns völlig geschockt in unserem Hotelzimmer. Doch es war die Hölle. Randale auf den Straßen und im Hotel. Überall waren schreiende und weinende Menschen zu hören. Kinder, die nach ihren Eltern riefen. Mütter und Väter, die ihre Kinder suchten. Familien und Freunde wurden auseinandergerissen. Es herrschte völliges Chaos auf den Straßen. Es wurde immer wieder geschossen. Niemand wusste, was los war. Niemand konnte oder wollte uns helfen. Ein paar Tage blieben wir im Hotelzimmer, dann zogen wir durch die Straßen von Miami. Hofften auf Hilfe, doch die Hoffnung war vergebens. Stündlich sahen wir immer weniger Menschen, dafür immer mehr von den Beißern. Sie verfolgten uns und wir verließen die Stadt. Wir hatten nichts bei, nur das, was wir am Körper trugen. Die Hitze machte uns zu schaffen, aber wir trauten uns nicht, etwas aus einem See oder einem Fluss zu trinken. Wussten wir doch nicht, was los war und ob vielleicht das Wasser schuld war. Wir hatten Angst. So schreckliche Angst und diese Angst trieb uns immer weiter von Miami weg. Direkt in die Arme einer Gruppe... Jedenfalls...Sara hat es nicht geschafft..." traurig senkte ich meinen Blick und starrte meine Füße an. Ich vermisste Laura und Sara so schrecklich.
„Diese Gruppe... Sie waren nicht gut zu euch, oder?" fragte er vorsichtig nach.
„Nein..."
„Konntest du fliehen? Oder warum bist du alleine unterwegs gewesen?"
„Ich war immer wieder davor, aufzugeben. Wollte einfach nur noch alles vergessen und sterben. Doch kurz davor... ich konnte es nicht. Ich wollte Leben. Aber nicht da. Alles war besser, als weiter bei ihnen zu bleiben. Ich plante meine Flucht und setzte meinen Plan um. Lange haben sie mich verfolgt, bis eines Tages Ruhe war. Vielleicht sind sie mittlerweile tot. Vielleicht laufen sie als Beißer rum. Vielleicht sind sie auch einfach nur zurückgegangen" erwiderte ich leise, ohne meinen Blick zu heben.
„Wie lange warst du alleine unterwegs?" fragte er mich weiter und ich musste lange überlegen.
„Ich weiß es nicht. Ein paar Monate bestimmt. In den letzten 3 Jahren habe ich immer wieder Mal einzelne Menschen oder Gruppen gefunden. Doch entweder sind diese nun alle tot oder sie waren von der nicht so netten Sorte."
„Das wir nett sind, davon konnten wir dich hoffentlich mittlerweile überzeugen" grinste er mich kurz schief an, „Und uns wirst du gewiss nicht mehr so schnell los. Glaubst du, wir werden unsere Familien je wiedersehen?" fragte er mich nun leise.
„Ich hoffe es. Aber mein Gefühl sagt mir da leider etwas anderes" flüsterte ich kaum hörbar und ließ den Tränen ausnahmsweise freien Lauf. Es schmerzte so sehr, an sie zu denken. An meine Eltern und an meine 2 kleinen Brüder. Ich betete, dass es ihnen gut ging. Dass sie davon verschont geblieben sind. Doch da der Virus in uns allen ist, ist das wohl eher sehr unwahrscheinlich. Ich erschrak, als Samu plötzlich neben mir stand und seinen Arm leicht um mich legte. Automatisch versteifte ich mich etwas.
„Hey. Hab keine Angst. Ich möchte dich nur trösten. Es ist okay zu weinen. Auch reden hilft. Klar ist es schmerzhaft, aber hinterher wird es dir ein bisschen leichter um dein Herz sein. Und mit jedem weiteren Mal reden, wird es ein bisschen leichter. So haben wir es bisher auch gemeistert, sonst wären wir alle wohl einfach nur noch kaputt. Und ich bewundere dich. Du hast dich so verdammt lange alleine durch die Scheiße hier gekämpft. Ich glaube, ich hätte das nicht geschafft. Ich hätte irgendwann aufgegeben. Doch du nicht. Du hast weitergekämpft. Jeden einzelnen Tag hast du der Welt die Stirn geboten und dafür hast du meinen vollsten Respekt" lächelte er mich leicht an und nun gab es kein Halten mehr. Die Tränen liefen und liefen, während mich Samu einfach nur festhielt. Welch Balsam Worte doch für die Seele sein können. Wie heilsam doch eine einfache Umarmung sein kann.
DU LIEST GERADE
Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF)
FanfictionDas Leben treibt Menschen auseinander. Das Leben bringt Menschen zusammen. Die Hoffnung kann enttäuschen. Die Hoffnung kann stärken. Die Liebe kann schmerzen. Die Liebe kann heilen. Man muss nur den Mut haben, daran zu glauben! ---------------- „Ge...