20. Es wird ernst

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In diesem Moment kam Rick auf die Krankenstation und schaute mich nachdenklich an. Ich bekam ein komisches Gefühl in meiner Magengegend und wurde nervös. Schnell zog ich mir meine Jacke an und setzte mich draußen auf der Veranda auf das Geländer. Schweigend folgte er mir.

„Ich habe gehört, Samu ist aufgewacht. Das freut mich wirklich sehr" meinte er und schaute ganz in Gedanken versunken zum Himmel.

„Ich danke dir. Aber das ist nicht der Grund, warum du hier bist, oder?" fragte ich nach und machte mir eine Kippe an. Ich rauchte nicht mehr viel, dass hatte ich mir in den letzten Jahren abgewöhnt. Aber manchmal verlangte meine Lunge nach diesem schädlichen Qualm.

„Nein. Die meisten sind mittlerweile von ihrer Tour zurück und wir müssen langsam eine Entscheidung wegen euch treffen" erklärte er mir. Unmerklich musste ich schlucken. Wollte ich bleiben? Wollte ich gehen?

„Ich treffe solche Entscheidungen nicht alleine. Die treffen wir alle zusammen. Wir werden noch 3 Tage abwarten. Zeit, damit sich alle Bewohner Alexandrias ein Bild von euch machen können. Danach werden wir uns versammeln und eine Entscheidung treffen. Ich kann dir beim besten Willen nicht sagen, wie es ausgehen wird. Und bevor ich jetzt wieder gehe, werde ich dir und nachher auch den anderen, drei Fragen stellen und möchte eine ehrliche Antwort darauf" erklärte er mir weiter. Ich ahnte nichts Gutes.

„Dann schieß mal los" antwortet ich tapfer.

„Wie viele Beißer hast du getötet?"

„Ähm. Eine Menge. Ich habe nicht mitgezählt. Einige dutzende mindestens" versuchte ich so ehrlich wie möglich zu antworten.

„Wie viele Menschen hast du getötet?" fragte er nickend weiter und ich zog scharf die Luft ein. Nun schaute ich in den Himmel, sah den lautloses Schneeflocken zu, wie sie die Erde einhüllten.

„Ich habe sieben Menschen getötet" flüsterte ich kaum hörbar.

„Warum?"

„Zwei von der ersten Gruppe, die Sara und ich zusammen angetroffen haben. Sie wollten einem kleinen Mädchen wehtun und das konnte ich nicht zulassen. Ich erstach sie und floh, bei der Flucht habe ich einen weiteren von ihnen erstochen. Er wollte mich töten. Drei von der letzten Gruppe, die uns gefangen hielten. Und Sara, sie wurde gebissen und bat mich darum" schniefte ich leise, aber ehrlich. Ich sah Sara ihre verzweifelten, ängstlichen Augen vor mir und zündete mir eine neue Zigarette an.

„Danke für deine ehrlichen Antworten. Ich werde jetzt mit den anderen Reden gehen" erklärte er mir, drückte kurz meine Schulter und ließ mich alleine. Völlig in Gedanken versunken starrte ich in den Himmel und merkte nicht, wie sich jemand zu mir stellte.

„Hey. Glenn an Joseline" wedelte er mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. Erschrocken zuckte ich zusammen.

„Man. Erschreck mich doch nicht so" schimpfte ich ihn, woraufhin er nur leise lachte.

„Sorry, das war nicht meine Absicht. Ich habe gehört, Rick hat schon mit dir geredet und ich habe mit Maggie geredet. Wir brauchen einen Schlachtplan, damit ihr hierbleiben könnt" erklärte er mir nun.

„Einen Schlachtplan?"

„Ja. Was hältst du davon, wenn ihr euch ein wenig unter die Leute mischt. Bring deine Gruppe dazu, dass sie sich mehr einbringen. Geht auf die Leute zu. Zeigt ihnen, dass ihr da seid" erklärte er weiter.

„Nein. Wir wollen uns nicht aufdrängeln, dass liegt nicht in unserer Natur. Wir wollen sie nicht beeinflussen. Und die Jungs haben immer noch Bettruhe und müssen sich schonen. Sie dürfen sich somit gar nicht einbringen und ich gehe Denise zur Hand. Wenn wir in drei Tagen wirklich diesen Ort verlassen müssen, ist es wichtig, dass die Jungs bis dahin halbwegs fit sind. Samu wird noch lange ausfallen und alleine schaffe ich es nicht, uns zu beschützen. Dann sollen sie lieber das Bett hüten und sich schonen. Wir haben euch unsere gesamten Vorräte und Medikamente überlassen. Ich bin da, wenn jemand reden möchte. Mich kennenlernen möchte. Meine Gruppe kennenlernen möchte. Sie können auch zu uns kommen, wenn sie Fragen haben. Wir beißen nicht" grinste ich schief. Nachdenklich nickte Glenn. Lag ich damit falsch?

„Was hältst du davon, wenn wir dann morgen Abend ein kleines Essen bei euch machen? Jeder, der kommen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Deine Gruppe müsste das Haus nicht verlassen und Maggie und ich helfen dir sehr gerne bei den Vorbereitungen. Sicher ist dann auch das eine oder andere Bier drin, damit es keine steife Veranstaltung wird" grinste er nun auch.

„Das hört sich gut an. Vielleicht erlaubt Denise dann, dass Samu auch kommen kann" kurz besprachen wir noch das weitere Vorgehen und er zog los, um allen Bewohnern Bescheid zu sagen, als ich ein leises Schniefen vernahm. Ich spitze die Ohren und lauschte. Doch ich hörte nichts mehr. Hatte ich es mir nur eingebildet?

Ich beschloss mir ein wenig die Beine zu vertreten und ging spazieren. Groß war der Ort nicht, aber das man nicht ständig nach Beißern Ausschau halten musste, ließ für einen Augenblick vergessen, in was für einer Welt wir lebten. Da sah ich Carl auf der Plattform sitzen und kletterte zu ihm hoch.

„Na du" lächelte ich ihn an. Sein Blick wirkte kalt und hart, ehe er sich von mir abwandte.

„Hey, was ist denn los?" fragte ich ihn besorgt und wollte ihm eine Hand auf seine Schulter legen, doch er riss sich los.

„Nichts. Alles bestens" fauchte er mich an und kletterte von der Plattform hinunter und verschwand zwischen den Häusern. Verdutzt schaute ich ihm nach, als Maggie hochkam.

„Weißt du, was mit Carl los ist?" fragte ich sie?

„Nun. Rick und Michonne hatten heute Morgen einen Streit. Es ging um dich und deine Gruppe, wegen der Entscheidung. Michonne ist gegen euch und ich glaube, er hat es mitbekommen" meinte sie und sah mich entschuldigend an. Seufzend rieb ich mir durchs Gesicht.

„Ich werde ihn mal suchen gehen" erwiderte ich und kletterte wieder hinunter. Ich suchte jede Straße ab, rief immer wieder leise seinen Namen, doch es kam keine Reaktion. Auch Zuhause war er nicht. So langsam begann ich mir wirklich Sorgen zu machen. Er konnte doch hier nicht einfach verschwinden. Er würde aber nicht über die Mauer klettern, oder? Ich suchte die ganze Mauer ab, als er plötzlich, wie aus dem nichts, auf mich zukam.

„Es ist alles okay, Joseline. Du brauchst mich nicht suchen. Ich bin kein Kind mehr und kann auf mich selber aufpassen. Und jetzt lass mich bitte alleine" erklärte er mir mit Nachdruck und verschwand in sein Haus. Ich überlegte, hielt es aber für den Moment besser, ihn alleine zu lassen und ging in unser vorläufiges Zuhause. Rick war mit der Befragung von allen fertig und um mich abzulenken, begann ich für morgen einiges Vorzubereiten. Doch meine Gedanken kreisten die ganze Zeit um Carl.


Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt