25. Erste Übungsstunde

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„Du hast eine Armbrust?" fragte mich nun Daryl.

„Ja. Ich habe sie gefunden, als ich mit meiner Gruppe auf Tour war. Habe auch sehr oft geübt, aber irgendetwas mache ich falsch. Früher hätte ich sicher den Umgang mit einer Armbrust gegoogelt oder mir einen Lehrer gesucht. Heutzutage ist das nicht mehr so einfach" erklärte ich schief grinsend.

„Komm" erwiderte er nur und war schon durch die Haustür verschwunden.

„Zu Befehl" schnell schnappte ich mir meine Armbrust und die Pfeile und folgte ihm. Er ging zu dem Baum, an dem ich immer geübt hatte.

„Das warst du?" fragte er mich und zeigte auf Kratzer der spitzen Pfeile in der Mauer. Weit weg von meiner Zielscheibe am Baum.

„Ja" gab ich verlegen zu. Er nahm mir die Armbrust ab und sah sie sich zusammen mit den Pfeilen sehr gut an, dann gab er sie mir nickend wieder.

„Zeig es mir" befahl er. Ob ich mich je an seine kurzen Aussagen gewöhnen werde? Ich legte die Armbrust an, zielte und traf wieder einmal die Mauer. Geknickt ließ ich den Kopf hängen.

„Du hältst sie falsch und du stehst falsch" er stellte sich hinter mich und legte seine Arme um mich, „Pass genau auf" sagte er nachdrücklich und legte meine Hände richtig an die Armbrust.

„Vor dem Abschießen einmal tief ein und ausatmen. Dann zitterst du weniger" erklärte er weiter. Nickend befolgte ich seine Befehle.

„Schieß, wenn du soweit bist" er blieb hinter mir stehen und deutlich konnte ich seinen Blick auf mich spüren. Doch es machte mich nicht nervös. Ich zielte wieder, doch diesmal atmete ich erst ein und wieder aus, dann schoss ich den Pfeil ab. Wieder traf ich die Mauer, doch der Abstand zur Zielscheibe war noch nie so gering, wie jetzt. Ich drehte meinen Kopf zu Daryl um, der nun nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war. Er nickte kurz.

„Mach weiter" forderte er mich auf und blieb weiterhin hinter mir stehen. Nickend drehte ich mich wieder um, und verschoss Pfeil um Pfeil. Ab und zu korrigierte er meine Haltung, sagte aber nichts weiter dazu. Ich traf weiterhin nur die Mauer, doch ich kam der Zielscheibe immer näher. Plötzlich konnte ich ihn an meinem Rücken spüren und automatisch versteifte ich mich ungewollt etwas.

„Bleib locker. Gleichmäßig atmen" vernahm ich seine rauchige Stimme an meinem Ohr. Leichter gesagt, als getan. Normalerweise konnte ich solche Nähe nicht zulassen. Nicht lange. Nicht von fast Fremden. Doch ich versuchte mein bestmöglichstes. Er legte seine Hände auf meine und zielte nun mit mir zusammen. Ich spürte, wie er tief ein und ausatmete und tat es ihm gleich. Anschließend ließen wir den Pfeil fliegen und ich konnte es kaum glauben. Ich hatte die Zielscheibe getroffen. Wir hatten die Zielscheibe getroffen. Lächelnd drehte ich mich zu ihm um.

„Was sagt mein Lehrer dazu?" fragte ich ihn schief grinsend.

„Ist okay" meinte er und ich rollte mit den Augen. Als er das sah, huschte ihm ein minimales Grinsen über seine Lippen.

„Weiter üben. Morgen gehe ich in den Wald auf die Jagd. Du kommst mit, dann kannst du mit der Waffe üben" erklärte er mir, zündete sich eine Zigarette an und ließ mich stehen.

„Dankeschön" rief ich ihm noch nach und widmete mich wieder meiner Armbrust. Es machte wirklich so viel Spaß, wie ich vermutet hatte. Ich übte noch so lange weiter, bis es langsam dämmerte, doch die Zielscheibe traf ich nicht mehr. Doch ich war in einigen Punkten sehr ehrgeizig und ich würde nicht aufgeben. Ich wusste, ich konnte es schaffen und ich würde es mir selber beweisen. Ich musste nur am Ball bleiben. Auf dem Rückweg zum Haus, zu unserem Haus, hatte ich wieder das Gefühl, dass mich jemand verfolgt, doch wieder konnte ich niemanden entdecken. Vermutlich bildete ich es mir nur ein.    

Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt