3. Unerwartete Hilfe

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Langsam kam ich zu mir und das erste, was ich spürte, waren entsetzliche Kopfschmerzen. Doch noch etwas war anders. Ich brauchte eine Weile, bis ich merkte, dass es hier warm war. Warm und weich. Lag ich immer noch auf der Straße? Ich überlegte, was passiert war, doch dies verschlimmerte meine Schmerzen nur und so fasste ich mir leicht stöhnend an meinen Kopf.

„Ich glaube, sie kommt zu sich" hörte ich da eine männliche Stimme und erschrocken riss ich meine Augen auf und sah in braune Augen, die mich anstarrten. Aus Reflex griff ich nach meinem Messer, doch es war nicht da. Ich tastete meine Hüfte ab, doch auch der Waffengurt war verschwunden.

„Hey, ganz ruhig. Wir tun dir nichts. Aber du musst ruhig liegen bleiben. Du hast eine ordentliche Platzwunde am Kopf und vielleicht auch eine Gehirnerschütterung. Außerdem hast du Fieber. Du musst dich schonen und ausruhen" meinte er leise zu mir, doch ich verstand nicht alles. Ich kam nicht aus Amerika und war der englischen Sprache nicht ganz so mächtig. Vermutlich konnte er dies an meinem Blick erkennen, denn er wiederholte es nochmal langsam. Nun verstand ich ihn besser und es klang so, als wenn er einen Akzent hat. Aber ich war zu Müde, um mir darüber einen Kopf zu machen. Sorgsam sah ich mich um. Ich war augenscheinlich in einem Haus. Ich lag in einem Bett. Einem richtigen Bett, in einem Schlafzimmer. Eingemurmelt in Decken und weichen Kissen. Ein Traum und schon schlief ich wieder ein.

Als ich das nächste Mal zu mir kam, war es draußen schon dunkel. Wie lange hatte ich geschlafen? Der Mann von vorhin war nicht mehr da. Ich sah mich nach meinem Messer um, doch ich konnte es nicht entdecken. Scheiße aber auch. Den meisten Menschen konnte man heutzutage nicht trauen. Sie waren für gewöhnlich böse und wollten einem nichts Gutes. Langsam setzte ich mich auf und sah mich nach meinem Rucksack um. Er stand auf der Kommode. Leise stand ich auf und schaute hinein. Das Taschenmesser war zum Glück noch drin. Schnell nahm ich es heraus und sah durch Zufall in den Spiegel, der an der Kommode befestigt war. Meine Haare waren in den letzten 3 Jahren ordentlich gewachsen. Sie reichten mir nun bis zur Hüfte. Strähnend, schlaff und kaputt hingen sie an mir herunter. An der Stirn klebte ein großes Pflaster. Ich war blass und hatte Augenringe. Meine Lippen waren Spröde. Ich war ziemlich dünn geworden, regelrecht abgemagert könnte man sagen. Ich sah schrecklich aus, aber es war ja auch eine schreckliche Zeit. Moment. Die Klamotten. Ich hatte etwas ganz anderes an. Ich trug nun eine Jogginghose und ein dickes Sweatshirt. Beides viel zu groß, aber ich fror nicht mehr. Sie hatten mich angefasst. Sie hatten mich ausgezogen. Sie hatten mich angezogen. Wer weiß, was sie noch mit mir gemacht haben.... Ich wurde noch blasser und schüttelte mich schnell, um diese Gedanken abzuschütteln. Nie wieder würde mich jemand anfassen. Keiner.

Leise öffnete ich die Tür und lauschte. Ich hörte mehrere Männer miteinander reden. Ich folgte den Stimmen hinunter in die Küche. Hinter der Tür blieb ich stehen und spähte hinein. Sechs Männer saßen dort am Tisch und es roch so lecker. Nach Essen. Ich spürte, wie mir ganz flau im Magen wurde vor Hunger. Doch ich durfte mir nichts anmerken lassen. Mit einmal wurde die Tür weit aufgemacht.

„Hey. Du bist ja wieder wach. Geht es dir jetzt etwas besser? Hast du Hunger? Komm, setz dich doch zu uns" meinte der Mann von vorhin zu mir und redete extra etwas langsamer. Zögerlich und wachsam sah ich ihn und die anderen an.

„Wo ist mein Messer?" fragte ich ernst, ohne sie aus den Augen zu lassen.

„Dort neben der Spüle. Wir haben es saubergemacht und geschärft. Es war schon ziemlich stumpf" er nahm das Messer und meinen Gurt und reichte mir beides.

„Danke" sagte ich mit fester Stimme und band mir den Gurt wieder um, dass Messer behielt ich jedoch lieber in der Hand. Ich traute ihnen nicht. Ich traute niemanden mehr. Viel zu schlimme Dinge sind in den letzten drei Jahren passiert.

„Wer hat mich angefasst?" funkelte ich sie wütend an.

„Angefasst hat dich keiner. Nicht so, wie du denkst. Aber deine Sachen waren vom Schnee ganz durchnässt und du hast schon Fieber. Wir haben wirklich nur deine Sachen ausgezogen und dir warme, trockene Sachen von uns angezogen. Ich schwöre" meinte nun der große blonde. Zweifelnd sah ich die Männer an. Das sollte ich ihnen glauben?

„Pass auf. Ich kann mir vorstellen, dass du Angst hast. Eine Frau bei sechs fremden Männern und dass in dieser beschissenen Zeit. Doch wir sind nicht böse und wir wollen dir nichts Böses. Wirklich nicht. Vermutlich sagt das heutzutage auch jeder. Aber du kannst uns glauben. Wir wollten dir einfach nur helfen und wollen es immer noch. Ich stelle dir jetzt einen Teller mit heiße Suppe hin. Sie wird dich wärmen und du musst ein bisschen zu Kräften kommen. Das Fieber schlaucht sicher und du musst Gesund werden" meinte nun der kleine blonde und stellte mir einen vollen Teller auf den Tisch. Sollte ich es wagen? Ich habe seit Monaten nichts Warmes mehr gegessen. Die Verlockung war groß. Zu groß. Ich setzte mich an das Ende vom Tisch, damit ich alle im Auge behalten konnte und machte mich über das Essen her.

„Iss bitte langsamer. Sonst wird dir nachher noch schlecht. Gott, ich klinge wie meine Mama" grinste nun der große blonde schief und leider hatte er Recht. Ich aß nun langsamer und genoss es regelrecht, wie die warme Flüssigkeit in meinem Bauch ankommt.

„Ich bin Samu. Und das hier sind Raul, Sami, Riku, Osmo und Mikko" und zeigte dabei nacheinander auf die einzelnen Männer, „Magst du uns deinen Namen auch verraten?" Sie hatten echt komische Namen und sie klangen ganz und gar nicht amerikanisch.

„Joseline. Ihr kommt nicht von hier, oder?" fragte ich.

„Es freut uns sehr, dich kennen zu lernen, Joseline. Nein, wir kommen ursprünglich aus Finnland, genauer gesagt, aus Helsinki. Wir hatten hier beruflich zu tun, als der ganze Scheiß hier anfing und hängen seitdem hier fest. Keiner weiß, wie es Zuhause aussieht und was mit unseren Familien ist" erklärte Sami und man konnte die Traurigkeit in seiner Stimme hören.

„Du bist aber auch nicht von hier, oder?" fragte mich Riku.

„Nein. Ich komme ursprünglich aus einer kleinen Stadt in Deutschland. Ich habe hier mit meinen zwei besten Freundinnen Urlaub gemacht. Also in Miami. Keine Ahnung, wo wir hier sind. Bin der Sprache hier auch nicht ganz so mächtig" erwiderte ich, wohlbedacht, nicht zu viel von mir preiszugeben. Das machte einen angreifbar und das wollte ich um jeden Preis verhindern.

„Wir sind hier in der Nähe von Denver, Colerado. Da hast du einen ziemlich weiten Weg hinter dir. Wir sind auf den Weg Richtung Osten. Du kannst gerne mit uns kommen, wenn du möchtest. Wollen die nächsten zwei Tage hier noch ein paar Häuser abklappern und dann weiterfahren. Dann können wir auch schauen, ob wir ein paar warme Winterklamotten in deiner Größe finden" grinste Samu schief und auch ich musste kurz schmunzeln. Irgendwie machte ihn sein Grinsen sympathisch, aber trotzdem blieb ich misstrauisch und wachsam.

„Auf Häusertour komme ich mit. Ansonsten mal sehen" erwiderte ich nur knapp. Ich brauchte wirklich andere Sachen und auch Verpflegung und vielleicht Medikamente.

„Sicher? Es wäre wirklich besser, wenn du dich noch etwas schonst und dein Fieber auskurierst. Wir haben keinen Zeitdruck, ob wir nun in 3 oder 5 Tagen weiterfahren, macht auch keinen Unterschied" meinte Raul.

„Sicher" gähnend schob ich den leeren Teller beiseite und trank die ganze Wasserflasche aus, die Riku mir hingestellte hatte.

„Brauchst du noch etwas? Eine Schmerztablette vielleicht? Oder etwas gegen das Fieber? Wir haben leider kein Fieberthermometer um deine Temperatur zu messen" meinte Riku und ich schüttelte nur den Kopf. Ich wollte nichts nehmen, was mich ausknocken konnte. Wer weiß, was sie dann tun würden. Raul verschwand mit einer Schüssel nach oben und kam wieder runter.

„Ich habe dir im Bad eine Schüssel mit Wasser hingestellt. Da kannst du dich ein bisschen frisch machen. Wenn wir sonst noch etwas tun können, immer raus mit der Sprache" grinste dieser.

„Danke" ich hielt meinen Kopf, als ich aufstand. Das Pochen war zurückgekehrt. Das war eben sicher etwas zu viel und bevor ich reagieren konnte, wurde mir wieder schwarz vor Augen.     

Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt