Auf der Krankenstation wurden sie in die Betten gelegt und die Ärztin, die sich als Denise vorgestellt hat, untersuchte Samu. Sie und ein anderer Mann zogen Samu bis auf die Boxershorts aus, erst da wurde mir das ganze Ausmaß bewusst... Sein ganzer Körper war von Prellungen und Hämatomen gezeichnet. Kleine und große Brandwunden waren zu erkennen. Rote lange Striemen zierten seinen Oberkörper. Es gab kaum eine Stelle an seinem Körper, die nicht gekennzeichnet war. Mit Tränen in den Augen sah ich die anderen Jungs an, doch sie senkten nur den Blick. Das bestätigte meinen Verdacht, dass ihre Körper genauso aussehen.
„Es tut mir leid... So unglaublich leid..." flüsterte ich leise und verzweifelt, ehe ich rennend aus dem Haus stürmte. Quer durch die ganze Stadt, bis ich die große Mauer erreichte. Dort stützte ich mich mit den Armen ab, während ich mich übergab. Weinend wischte ich mir mit meinem Ärmel den Mund ab und ließ mich mit dem Rücken an die Mauer hinab gleiten. Ich zog meine Beine an und verbarg meinen Kopf auf meine Knie. Dieses Arschloch. Dieses verdammte Arschloch. Ich hätte ihn töten müssen. Ich hätte das verhindern müssen. Ich hätte mir ihre Verletzungen eher ansehen müssen. Ich hätte handeln müssen. Ich hätte für sie da sein müssen. Ich hätte sie davon abhalten müssen. Es ist alles meine Schuld. Die Tränen brannten heiß auf meinen Wangen, liefen unaufhörlich an mir herunter. Konnte mich einfach nicht beruhigen. Ich weiß nicht, wie lange ich hier saß, als sich plötzlich jemand neben mich setzte. Ich schaute nicht auf, verbarg weiter mein Gesicht.
„Du hättest es nicht verhindern können" vernahm ich da Carls Stimme, doch ich blieb stumm.
„Komm wieder mit rein. Es ist kalt hier und sie brauchen dich jetzt" meinte er weiter und stand auf. Ich sah zu ihm auf und ergriff nach kurzem Zögern seine Hand, die er mir hinhielt. Ich stand auf und ging langsam mit ihm zurück zur Krankenstation, ohne dass er meine Hand losließ. Ich war ihm dankbar. Für das Schweigen und das er meine Hand hielt. Aus mir unerklärlichen Gründen gab mir das Kraft. Warum störte mich seine Berührung nicht? Lag es daran, dass er noch ein Kind war? Ein Jugendlicher? Auf der Krankenstation ließ er meine Hand los und ich stellte mich zwischen Mikko und Riku. Sie waren zugedeckt, doch schauten ihre nackten Schultern heraus. Ich nahm zitternd das Ende der Decke zwischen meine Finger.
„Josie... Nicht... Tu dir das nicht an" flüsterte Mikko leise und wollte meine Hand nehmen, doch ich war schneller. Ich zog seine Decke bis zur Hüfte herunter und spürte schluckend, wie sich die nächsten Tränen in meinen Augen sammelten. Ich schaute auch bei den anderen nach bis ich mich schlussendlich zu Mikko aufs Bett setzte. Sie hatten in etwa alle dieselben Verletzungen. Sie sahen so schlimm aus. Es sah so schmerzhaft aus. Sanft nahm er meine Hand in seine.
„Josie. Uns geht es gut. Judith geht es gut. Carl geht es gut. Wir leben. Das haben wir nur dir zu verdanken. Alles andere ist nicht mehr wichtig. Das ist jetzt vorbei und nur das zählt" meinte er eindringlich, doch ich konnte nur nicken. Erst jetzt fiel mir auf, dass Samu sein Bett leer ist.
„Er wird gerade operiert, dort wo seine Schulter ausgekugelt war. Wir müssen abwarten" erklärte mir Mikko, nachdem er meinem Blick gefolgt ist, „Du solltest dich etwas ausruhen. Leg dich hin. Wir wecken dich, wenn irgendwas sein sollte" und hielt seinen Arm für mich auf. Zögerlich legte ich mich neben ihm, wollte gerade nicht alleine sein und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Sanft strich er meinem Rücken entlang, was mich anspannen ließ. Sofort ließ er seine Hand ruhig liegen.
„Nicht aufhören..." flüsterte ich kaum hörbar und er streichelte mich weiter. Die Anspannung blieb und doch fiel ich irgendwann in einen unruhigen, traumlosen Schlaf.
Ich wurde von leisen Stimmen geweckt und schaute mich blinzelnd um. Samu wurde gerade auf einer Liege reingeschoben und augenblicklich saß ich kerzengerade im Bett.
„Wie geht es ihm? Wird er wieder gesund? Wann wacht er auf?" fragte ich nervös, während ich aufstand und zu Samu ging. Er sah so blass aus und doch so friedlich.
„Also" druckste Denise rum und ich starrte sie aufgebracht an, „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Wenn er wieder aufwacht, sollte seine Schulter wieder ganz heilen und keine bleibenden Schäden zurückbleiben. Er hat zu den sichtbaren Verletzungen noch zwei gebrochene Rippen und eine Lungenentzündung. Doch auch das wird heilen. Er wird noch ein paar Stunden Schlafen" erklärte sie leise. Erleichtert atmete ich aus. Denise kümmerte sich jetzt um die anderen Jungs, als sich jemand hinter mir räusperte. Erschrocken drehte ich mich um. Ich hatte die anderen, die neue Gruppe völlig vergessen.
„Hey. Ich weiß, ist jetzt vielleicht nicht der beste Moment, aber ich würde mich gerne mit dir unterhalten" sprach der Mann und ging raus auf die Veranda. Ich schaute kurz zu meiner Gruppe und folgte ihm dann hinaus. Er lehnte am Zaungeländer und ich stellte mich zu ihm. Ich sah mich etwas um. Es standen viele schöne Häuser hier. Die Straßen waren sauber. Die Menschen hier waren alle gepflegt und sauber.
„Ich bin Rick Grimes. Carl und Judith sind meine Kinder. Sie waren so lange fort. Wir haben sie täglich gesucht. Ich kann nicht in Worte fassen, wir dankbar ich euch bin, dass ihr sie mir gesund wiedergebracht habt. Ich stehe tief in eurer Schuld" erklärte er sich nun.
„Das war für uns selbstverständlich. Ich bin Joseline. Was ist das hier für ein Ort? Es wirkt alles so friedlich. So...unwirklich" fragte ich ihn.
„Das hier ist Alexandria. Meine Gruppe kam vor einiger Zeit hier her und schloss sich mit der hier anwesenden Gruppe zusammen. Die Mauer ist hoch und stabil genug, um uns vor den Beißern zu schützen. Man kann den Ort hier durchaus als sicher bezeichnen" erklärte er mir.
„Sicher? Unmöglich. Heutzutage ist kein Ort mehr sicher. Früher oder später fallen sie alle" erwiderte ich.
„Genau das versuchen wir hier jeden Tag zu vermeiden. Das gelingt uns auch mehr oder weniger gut. Aber mal was anderes. Du hast sicher Hunger. Möchtest du mitkommen? Carl und Judith würden sich sicher freuen. Dann lernst du noch ein paar andere kennen" fragte er mich. Kurz schaute ich zur Tür der Krankenstation.
„Meine Leute bringen ihnen auch gleich was zu essen und sie sind hier sicher" erklärte er weiter. Kurz zögerte ich, doch dann nickte ich. Ich war neugierig und wollte mehr von diesem Ort erfahren.
„Ich werde dich erstmal zu Maggie bringen. Bei ihr kannst du duschen und sie hat sicher ein paar saubere Sachen für dich" erklärte er mir, nachdem wir losgegangen sind. Immer wieder schaute ich mich um. Ich konnte ein paar Solarzellen erkennen und auch eine kleine Kirche gab es hier. Kahle, mit schneebedeckte Bäume und Büsche. An dem Haus angekommen, klopfte er und eine junge Frau öffnete die Tür. Sie hatte braunes, schulterlanges Haar, braune Augen und sie strahlte etwas Sympathisches aus.
„Hallo. Ich bin Maggie" lächelnd schüttelte sie meine Hand, nachdem Rick mich vorgestellt hat, „Komm doch rein. Ich habe dir schon frische Handtücher ins Bad gelegt. Wegen Sachen können wir gleich zusammen schauen, wenn du magst" lächelte sie mich weiter an und ich trat ein.
„Lass dir Zeit. Wenn ihr fertig seid, kommt einfach rüber zu uns" meinte nun Rick und ging wieder.
„Ich wohne hier mit meinem Mann Glenn zusammen. Ihn wirst du nachher beim Essen auch kennenlernen" erklärte mir Maggie, während ich ihr ins Schlafzimmer folgte, „Such dir aus, was dir gefällt" lächelnd öffnete sie ihren Schrank und ich warf einen Blick hinein.
„So viele saubere Sachen..." murmelte ich leise erstaunt und ließ meine Finger fast sanft über die Pullover gleiten. Ich entschied mich für eine Jeans und ein Sweatshirt.
„Lass deine Sachen dann ruhig im Bad liegen. Ich kümmere mich darum, dass sie gewaschen werden. Ich habe dir auch eine unbenutzte Zahnbürste neben das Waschbecken gelegt. Nimm dir das, was du brauchst. Ich warte unten auf dich" meinte sie lächelnd, zeigte mir das Bad und ging wieder runter. Völlig überwältigt schaute ich ihr nach, ehe ich ins Bad verschwand.
Fast eine Stunde habe ich im Bad verbracht. Das warme Wasser war einfach zu verlockend und auch meine Zähne habe ich sicher an die 30 Minuten geputzt. Meine Haare hatte ich wie meistens zu einem Knoten zusammengebunden. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu Rick, während sie mir erzählte, wer in welchem Haus wohnt.
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Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF)
FanfictionDas Leben treibt Menschen auseinander. Das Leben bringt Menschen zusammen. Die Hoffnung kann enttäuschen. Die Hoffnung kann stärken. Die Liebe kann schmerzen. Die Liebe kann heilen. Man muss nur den Mut haben, daran zu glauben! ---------------- „Ge...