22. Hoffnung und Glauben

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„Ich kann nicht anders. Ich muss ihn suchen gehen..." flüsterte ich Mikko leise zu und er nickt mir wissend zu. Ich schnappe mir meine Jacke und schleiche hinaus. Anscheinend nicht unauffällig genug, denn mir folgt jemand. Doch davon bekomme ich nichts mit. Bibbernd ziehe ich mir draußen die Jacke über und mache mich auf den Weg zu Carl sein Haus.

„Warum nur ziehe ich bei der arschkälte ein Kleid an" murmele ich leise fluchend vor mich hin und klopfe an. Lausche. Nichts. Klopfe noch mal. Lausche. Wieder nichts. Klopfe ein letztes Mal.

„Komm schon Carl" lausche wieder, doch es bleibt alles still und dunkel im Haus. Seufzend drehe ich mich um und suche ihn in der Umgebung.

„Carl? Ich weiß, dass du hier irgendwo bist. Bitte. Rede mit mir" rief ich ihn leise. Es ist stockdunkel und ich kann kaum etwas erkennen. Ich hätte eine Taschenlampe mitnehmen sollen. Plötzlich raschelt es neben mir in den Büschen und aus Reflex wollte ich mein Messer aus meinem Gurt nehmen. Toll. Wenn jetzt Beißer kommen, bin ich erledigt, denke ich mir nur noch und gehe automatisch ein paar Schritte zurück.

„Was willst du" fragte mich Carl genervt und man konnte deutlich hören, dass er geweint hat, auch wenn er dies versuchte zu verbergen.

„Ich möchte wissen, was los ist. Habe ich etwas Falsches getan?" fragte ich ihn.

„Was? Nein! Wie kommst du denn auf so einen Bullshit?" fragte er nun sichtlich schockiert und ich atmete erleichtert aus.

„Weil du mir offensichtlich seit zwei Tagen aus dem Weg gehst. Bitte. Sprich mit mir. Ich bin doch hier. Ich bin da für dich" erklärte ich ihm mit Nachdruck.

„Noch" flüsterte er nun kaum hörbar und blieb mit Abstand zu mir stehen.

„Die Entscheidung... Du hast Angst, dass wir gehen müssen..." sprach ich mehr zu mir selber, als zu ihm.

„Ja. Ich will nicht, dass ihr geht. Ich will nicht, dass du gehst" klang es nun wie bei einem verzweifeltem, trotzigen kleinen Jungen. Schnell schloss ich die Lücke zwischen uns und schlang die Arme um ihn. Fest drückte ich ihn an mich. Es dauerte einen Moment, doch dann schlang auch er seine Arme um mich.

In genau diesem Moment war meine persönliche Entscheidung gefallen.

Er verbarg sein Gesicht in meiner Jacke, doch spürte ich durch sein leichtes Beben deutlich, dass er weinte. Eine Weile standen wir einfach nur da. Hielten uns Gegenseitig fest. Waren nicht bereit, den anderen freizugeben. Auch meine Tränen konnte ich nicht länger verbergen. Nun löste ich mich doch von ihm. Ich hockte mich hin, um ihn in seine Augen zu schauen.

„Es sind noch zwei Tage, bis eine Entscheidung getroffen wird. Lass uns diese zwei Tage nicht daran denken. Wir können es weder beeinflussen, noch etwas daran ändern. Doch wir können diese Tage zu unseren Tagen machen. Wir können lachen und Spaß haben. Blödsinn anstellen und Streiche spielen. Kuscheln und reden. Erinnerungen schaffen, die uns niemals jemand nehmen kann. Erinnerungen, an die wir uns immer gerne erinnern werden und die uns Kraft schenken, um weiterzukämpfen. Und ganz egal, wie die Entscheidung dann ausfällt. Hier" ich legte meine Hand auf sein Herz, „Genau hier werde ich immer bei dir sein!" sprach ich ehrlich und mit Nachdruck zu ihm.

„Würdest du mich vermissen...?"

„Sehr sogar. Du hast schon lange einen Ehrenplatz in meinem Herzen und es würde keinen Tag geben, an dem ich nicht an dich denken würde. An dem ich dich nicht vermissen würde" sprach ich weiter.

„Wir würden uns nie wiedersehen..."

„Doch. Eines Tages werden wir uns wiedersehen. Du musst nur ganz fest daran glauben. Ich tue es. Und bis es soweit ist, komme ich dich einfach in deinen Träumen besuchen" erklärte ich ihm.

„Das ist unmöglich. Aber die Vorstellung davon würde mir gefallen..."

„Nichts ist unmöglich Carl. Manche Dinge scheinen vielleicht unmöglich zu sein, doch wenn man etwas wirklich möchte, ist alles möglich. Hoffnung und Glauben. Das sind zwei so machtvolle Gedankengänge. Diese dürfen wir niemals unterschätzen" erklärte ich ihm. Schluchzend fiel er mir stürmisch wieder um den Hals, dass wir beide im Schnee landeten, doch das war mir egal. Fest drückte ich ihn an mich. Hielt ihn einfach nur fest. So, wie er mich festhielt. Nicht bereit, den jeweils anderen gehen zu lassen. Nur langsam versiegten unsere Tränen.

„Wollen wir nun zusammen zur Party gehen? Ich hätte dich wirklich sehr gerne dabei" fragte ich ihn nach einer ganzen Weile. Nickend stand er auf und half mir hoch. Wir klopften uns den Schnee von unseren Kleidern ab und gingen zurück.

„Darf ich heute Nacht wieder bei dir schlafen?" fragte er mich leise.

„Aber gerne doch. Müssen doch noch ein paar Kuscheleinheiten der letzten Tage nachholen" schmunzelte ich und konnte so auch ihm ein kleines Lächeln entlocken.

Unser heimlicher Beobachteter schlich zu der Zeit unbemerkt zurück ins Haus. 

Joseline - Mein Weg (TWD, Sunrise Avenue, Daryl Dixon FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt