Elf

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Arian
Überrumpelt und verletzt schaute sie mit ihren großen Augen zu mir auf und ich wollte es einfach nicht.
„Nichts bedeutest du mir, Annabella", hauchte ich doch noch und es war die größte und schmerzhafteste Lüge meines Lebens.
Ihre Lippen teilten sich, als sie versuchte nach Luft zu schnappen und meine Worte aufzunehmen.
„Ich bedeute dir nichts?"
Das leise Flüstern ihrer Stimme durchdrang laut in meine Ohren. Am liebsten hätte ich geschrien, dass sie mir so viel bedeutete, dass ich sie ganze zehn Jahre lang in jedem Lachen in jedem Augenpaar und hinter jeder Rose gesucht hatte.

Ich ging den Schritt auf sie zu, den sie mir ausgewichen war und konzentrierte mich darauf ihr meine dunkle Seite zu zeigen.
„Kein winziges Bisschen", brummte ich nah an ihrem Gesicht und wollte das gequälte Runzeln ihrer Augenbrauen erlöschen. Ihr stand das nicht und es war schlimm zu wissen, dass ich gerade der Grund dafür war. Ich wurde meine Augen von ihren warmen braunen nicht los und hasste mich selber für das, was ich in ihnen hervorrief.

Ich konnte nicht verhindern immer tiefer in ihnen zu versinken und ihr immer näher kommen zu wollen. Meine Hand hob sich automatisch zu ihrem Gesicht und ich merkte kaum, wie ich meinen Daumen zwischen ihre Augenbrauen legte, um die Falte zu glätten, worauf sie ihre Augen kurz schloss, als würde sie meine Berührung entspannen. Ich musterte die weichen Züge, die ihr Gesicht so engelsgleich aussehen ließen und strich ihr mit meinem Handrücken über die weiche Haut der Wange. Sie zog tief die Luft ein und lehnte sich mehr gegen meine Berührung. Ich glitt mit meinem Blick zu ihren geteilten vollen Lippen, die eine besondere geschwungene Form hatten, was wohl der Grund für die Schönheit ihres Lächelns war. Ich verlor mich komplett in ihrem beruhigenden Anblick und dem rhythmischen Geräusch ihrer unruhigen Atmung, die mit meiner schnellen zusammenpasste.

Ich zwang mich selber zurück in die Realität und erinnerte mich daran, warum ich sie von mir fern halten wollte und trat widerwillig von ihrer anziehenden Körperwärme zurück. Ebenfalls von dem schnellen Abstand zuckend öffnete sie ihre Augen und war kurz verwirrt.
„Wenn du noch etwas Würde hast, lass mich in Ruhe und verpiss dich aus meinem Leben. Ich will dich nicht."
Ich wollte mich schnell umdrehen, um ihre enttäuschte Reaktion nicht mitbekommen zu müssen.
„Und noch etwas. Ich schulde, weder dir, noch jemand anderem eine Erklärung für das hier."
Ich zeigte auf meine Wange, die immer noch weh tat. Ich hatte es schon immer gehasst, wenn mich jemand über meine Verletzungen abgefragt hatte. Ich wollte generell niemanden in mein Leben mit einbeziehen, weshalb ich auf dieses Thema immer zu empfindlich reagierte.

Dann drehte ich mich um und wollte aus diesem weitläufigen Gang verschwinden. Doch ich und auch mein Herzschlag blieben stehen, als mein kleiner Finger von ihrem umklammert wurde. Ich konnte nicht genau verstehen, was das für Schauer waren, die kribbelnd durch meinen ganzen Körper flossen aber nur dieser kleine Halt war so stark, dass ich es nicht schaffte meine Hand zu entziehen. Es fühlte sich zu vertraut und verbunden an.

Bel
„Nicht immer und ewig?", fragte ich mit einer kratzigen Stimme und versuchte ihn durch meinen kleinen Finger fester halten zu können wie es andere mit einer Hand nicht schaffen würden. Und dass er sich nicht löste oder bewegte zeigte mir genau, wie stark diese kleine Geste zwischen uns immer noch war. Ich hatte ihn nach zehn Jahren wieder gefunden. Die Person, die mir mal das meiste bedeutet hatte und es tat erschreckend weh zu hören, dass ich ihm wohl nichts bedeutete. Ich wollte ihn nicht loslassen.

„Arian?"
Ich legte meinen Kopf schief und wollte, dass er sich umdrehte und mich mit demselben Blick ansah wie damals. Er drehte sich aber nicht um. Ganz langsam spürte ich seinen Finger aus meinem gleiten und mein Herz schlug immer träger und schneller bis er mich ganz losließ und weiterging. Eine gewisse Leere, die ich schon einmal gespürt hatte verbreitete sich und ich hatte das Gefühl ihn wieder verloren zu haben. Dieses Mal jedoch hatte nicht ich ihn verlassen.... Er hatte mich losgelassen.

Smile With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt