Neun

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Erschöpft von meiner Hartnäckigkeit fasste er sich kurz an den Nasenrücken und schloss stöhnend die Augen.
„Ja, Annabella, ich bin Arian", gab er endlich nach, was mir sofort ein strahlendes Lächeln entlockte. Die Glücksgefühle in mir tobten und ich konnte nicht anders, als meine Arme um seinen Hals zu schlingen.
„Arian!", lachte ich und drückte mich fest in die spontane Umarmung, die mich innerlich erwärmte.
„Ich hab' dich so vermisst", sagte ich ehrlich und erleichtert, während das Gefühl dieser Umarmung mein Wohlbefinden so steigerte, wie ich es lange nicht mehr kannte. So gut und unglaublich vertraut hatte ich mich schon lange nicht mehr bei einer Person gefühlt.

Mit geschlossen Augen sog ich sein männliches Parfum ein und genoss seinen Herzschlag, der den Rhythmus zu meinem fand.
„Jetzt wird alles wieder so wie früher, Arian. Du und ich, immer zusammen, immer lachend und immer glücklich. Ich kann's kaum erwarten", sagte ich leise und verträumt.
Ich wusste genau, wie sehr ich ihn in diesem Zeitpunkt brauchte. Er war der Einzige, mit dem ich über meine Mutter offen würde reden können, ohne Mitleid zu erwarten. Er würde, wie damals, mein Halt und der Grund für mein Lächeln werden.

Doch, als er seine Hände auf meine Arme legte, merkte ich, dass er die Umarmung nicht erwidert hatte und jetzt sogar sanft versuchte sie zu lösen. Ich ließ mich von ihm trennen und wurde leicht nervös, bei seinem Blick, der mir mit Bedauern entgegnete.
„Nein, Annabella."
Mit seinen kalten Händen auf meinen Armen, die trotzdem brennend kribbelten und der Geschmeidigkeit, wie mein Name sanft über seine Lippen trat, wollte ich mich in seinen Armen fallen lassen.
„Es wird nichts wieder so wie früher, das kannst du vergessen."
Es war schon enttäuschend und leicht schmerzend, dass er das sagte.
„Aber waru-"
„Nein, Annabella! Vergiss es! Vergiss mich und unsere Freundschaft!"

Auch in seinem Befehl war keine Härte zu erkennen, viel mehr meinte ich einen Hauch von Verzweiflung herauszuhören und in seinen Augen sah ich genau, wie sehr ihm selber diese Worte schmerzten, was mich umso trauriger machte.

Es war, als würde ich tatsächlich eine Verletzlichkeit erkennen, die er unter der sichtbaren Kälte und Unantastbarkeit verbarg, was mich umso mehr anzog und gleichzeitig beschäftigte. Als würde ich in die Augen des kleinen Arian blicken, der das Leiden seiner Mutter nicht aushielt. Da gab es etwas. Etwas, was ihn innerlich zerstörte und da brannte mir eine der wichtigsten Fragen zwischen uns auf der Zunge.

„Arian..."
Meine Hand glitt zu seiner Wange und ich versuchte so mitfühlend zu klingen, sie ich es auch war.
„...deine Mutter...geht es ihr..."
Plötzlich lockerten sich seine Augenbrauen, die eben noch leicht verzweifelt zusammengezogen waren ehe er sich umgehend von meiner Berührung und meiner Nähe zurückzog. Schnaufend legte er seine Hände auf das Lenkrad, drehte seinen Kopf in Richtung Windschutzscheibe und setzte seine übliche starre Miene wieder auf. Seine Reaktion beunruhigte mich umso mehr, doch als ich wieder etwas sagen wollte, klingelte sein Handy.

Er holte es aus seiner Hosentasche und guckte nicht einmal auf das Display, als wüsste er, wer anrief.
„Ja?", ging er mit einer tiefen selbstbewussten Stimme ran.
Ich sah, wie er das Handy immer fester umklammerte und fragte mich, wer ihn wohl was sagte, dass er so wütend wurde.
„Haltet ihn fest, ich komme", brummte er knapp und legte auf.
Was? Es klang nicht gerade danach, als befahl er jemanden festzuhalten, um mit ihm plaudern zu können oder noch ein Videospiel spielen zu können, bevor die Jungs-Party zu Ende ging. Ich erinnerte mich an Sonntag zurück, wo der sichtlich ältere Mann ihn angefleht hatte ihm eine zweite Chance zu geben und bekam eine kalte Gänsehaut bei ein paar schrecklichen Gedanken, die sich darauf bildeten.

„Äh...Arian, wer soll festgehalten werden?"
„Raus, Annabella", knurrte er mit angespanntem Kiefer ohne mich anzusehen.
„Aber Ar-"
Brummend öffnete er seine Tür und stieg aus. Verwirrt beobachtete ich ihn durch die Windschutzscheibe, wie er entschlossen um das Auto ging, weiterhin ohne mich anzublicken, um an meiner Tür anzugelangen. Ich kam gar nicht richtig mit, da hatte er sie schon geöffnet und beugte sich über mich, um mich abzuschnallen, wobei ich automatisch die Luft anhielt. Ich riss geschockt meine Augen auf, als er seine Hände unter meinen Rücken und meine nackten Knie führte, um mich anscheinend aus dem Auto tragen zu können.
„A-Arian...was..."
Ich umklammerte schnell seinen Nacken und schrie leicht auf, als er mich tatsächlich ohne Mühe aus dem Auto in die schwüle Hitze trug.

Smile With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt