Vierundfünfzig

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I Have Questions

Ich hatte keine Ahnung wie lange ich schon hier gesessen hatte, ohne mich vom Fleck zu rühren. In der Dunkelheit der kühlen Nacht, die nichts im Vergleich zu dem schwarzen Loch war, das sich in mir immer mehr weitete.
Meist schluchzend, manchmal stumm.
Taub und leer.

Gebrochen. Enttäuscht. Zutiefst enttäuscht. Anscheinend war weder meine, noch seine Liebe stark genug dafür gewesen, dass er um mich gekämpft hätte.

Mir waren alle Erinnerungen unserer zusammen verbrachten Zeit hochgekommen und diese kratzten noch eisiger an meiner Seele. So sehr, dass die Sehnsucht nach seinen betörenden Berührungen mich jetzt bereits mit einem Gefühl der erschlagendem Einsamkeit bedeckten.

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und mein Kopf schnellte hoch. Es war Miguel, der sein Gesicht krumm mitleidig verzogen hatte. Mich interessierte nicht wie verheult ich aussah.
„Geh bitte weg, Miguel."
Ich schüttelte meinen Kopf und blickte wieder auf den Boden, um mich meinem Elend hinzugeben.
„Steh auf, komm her."
Er packte mich an beiden Schultern, um mich hochzuziehen, doch ich hatte kein Bisschen Kraft in meinem Körper oder den Nerv mit jemandem zu reden oder ähnliches.

„Geh, Miguel."
Meine Stimme verbarg nicht, wie stark ich gerade vor mich hin geschluchzt hatte. Ich wehrte mich so weit ich es mit meiner Energielosigkeit konnte, doch er zwang mich auf den Beinen und stützte mich.
„So ein Arsch, er hatte dich von Anfang an nicht verdient. Das wusste ich."
Ich behielt meinen Kopf in die andere Richtung war wieder knapp vor den Tränen. Es tat höllisch weh. Dieser Gedanke, dieses Gefühl, dass Arian mich aufgegeben hatte. Arian.
„Wein' nicht um ihn. Du hast so ein schönes Gesicht. Wegen so einem Wichser, darfst du nicht weinen."

„Er ist kein Wichser."
Ich verfluchte mich dafür, dass ich ihn immer noch verteidigte aber ich konnte nichts gegen ihn hören. Ich war einfach viel zu naiv, wie es alle immer behaupteten. Ich sah zu viel Gutes in Jedem und Allem, sodass mich jeder auf die leichte Schulter nahm. Bei Arian hätte ich es jedoch nie erwartet.

„Du bist so ein lieber Mensch. Du warst sogar zu mir nett", sagte er neben meinem Ohr. Für meine jetzige Gefühlslage viel zu glücklich, doch mich interessierte nichts. Weder seine Worte, noch seine Nähe, die mich wohl trösten sollten.

„Komm her."
Unerwartet und ungewollt drückte er mich gegen seine Brust und umarmte mich fest. Seine Körperwärme war nichts im Gegensatz zu Arians und sorgte kein Wenig für eine Beruhigung oder Erlösung der eisigen Kälte meiner Seele. Im Gegenteil. An eine fremde, männliche Brust zu lehnen verstärkte jedes noch so unerträgliche Leiden in mir, auch wenn sie genauso breit war. Gequält pochend signalisierte mir mein Herz, dass es nicht zufrieden war und sich nach einem anderen Herzen sehnte. Erneut flossen mir die Tränen mit einem ersticktem Schluchzen und ich wollte ihn wegstoßen.

Ich war so abgeneigt von jedem und allem. Ich hasste gerade alles. Alles und jeden. Oder ich wollte es. Jeden und am meisten ihn hassen. Aber mein Herz schlug nur für ihn. Voller Liebe. Die Liebe, die er aufgegeben hatte. Einfach so...

Als ich Miguel von mir wegdrücken wollte, zog er mich wieder an sich und umfasste mein Gesicht mit seinen Händen, um mich in seine fast schwarzen Augen blicken zu lassen. Eine viel zu kalte Gänsehaut bedeckte mich sofort und mir stoppten die Tränen aufgrund starker Abneigung und Überforderung. Er lächelte leicht und es hatte gar keine schöne Wirkung auf mich. Erinnerte mich nur daran, wie wundervoll es immer war Arian aus diesem Winkel zu sehen. Als er schließlich mit seinen Daumen über meine Wangen strich und meine Tränen wegwischte überkam mich eine Mischung aus tiefer Qual, dass es nicht Arian war, der das tat und Anwiderung.

„Miguel", murmelte ich und drückte leicht gegen seine Brust, doch er schüttelte seinen Kopf und lächelte stärker.
„Ich fand dich schon immer wunderschön, Annabella. Ich werde dir zeigen, dass ich dich viel mehr verdient habe."
Ich riss meine Augen weit auf, als er meinem Gesicht immer näher kam. Wollte er mich etwa küssen? Wie konnte er versuchen mich in dieser Situation, in meiner jetzigen Lage zu küssen?

Smile With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt