Dreizehn

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Ich ging über den Schulhof und hielt unter den vielen lauten Kindern und Jugendlichen, die sich über den Schulschluss freuten, nach den beiden Muskelprotzen Ausschau mit denen ich jetzt einen Vortrag bei mir zu Hause vorbereiten musste.
„Hello, hello."
Schief grinsend kam Miguel von der Seite auf mich zu und scannte schon fast meinen ganzen Körper von oben bin unten durch, sodass ich mich leicht unwohl fühlend räusperte.
„Kommt der Frauenheld noch oder wirst du dich heute alleine gegen mich wehren?"
Selbstsicher lag seine buschige Augenbraue in der Höhe  und ich seufzte nur kopfschüttelnd über die Arroganz in seinen Augen.
„Wir haben nämlich noch eine Rechnung offen, liebe Bel."

„Bist du immer noch nicht von der Sache mit deinem Wasser hinweg?"
Plötzlich war sein Gesicht ganz ernst und voller Abscheu und Wut. Wie aus dem Nichts, wie es die ganze Schule von ihm kannte. Er machte einen großen Schritt auf mich zu und ich hielt etwas erschrocken die Luft an. Ich musste direkt an Arian denken und bemerkte unwillkürlich, dass es mir immer lieber war, wenn er so nah vor mir stand. Auch wenn er es immer nur getan hatte, um mich mit einem ähnlichen angsteinflößenden Blick anzustarren.
„Wegen dir hat dieser Hundesohn mich vor der ganzen Stufe gegen die Wand geschubst. Ich werd noch lange nicht darüber hinweg sein, Püppchen."
Ich spürte selber wie ich etwas wütend wurde, als er Arian beleidigte, doch entschied mich es nicht zu zeigen, um nicht wieder einen sinnlosen Streit anzufangen. Schon als Kind hatte ich immer versucht durch meine Freundlichkeit den Zorn von anderen zu lindern oder zu umgehen.

Ein tiefes, männliches Brummen ertönte neben uns und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf Arian, der mit starrem Blick Miguel durchlöcherte. Sich für dieses Duell bereit erklärend stellte sich Miguel ihm gegenüber. Beide waren sofort wie vertieft darin sich gegenseitig zu Grund und Boden zu starren, sodass ich bemerken konnte, wie groß Arian doch wirklich war und dass ihn wirklich niemand, auch Miguel mit seinen scharfen, gefährlichen Zügen, vom Aussehen her übertreffen konnte.
„Also, wir könnten jetzt los gehen", schlug ich vor, um ihr stures, zorniges Angaffen zu unterbrechen und lächelte nervös.
Nur ungern wandte sich Miguel ab und drehte sich um, um aus dem Schulgelände zu gehen. Ich versuchte Arian nur einen kleinen Blickkontakt zu schenken und wollte Miguel folgen, als er mich ruckartig am Arm zurück an sich zog.
„Was hat er gesagt?", fragte er ernst.
„Nichts...was?...warum?"
„Was er zu dir gesagt hat, will ich wissen", befiel er so rau und streng, dass es mich ein Wenig einschüchterte.

Seine kalte Hand auf meinem Oberarm hatte bereits eine Gänsehaut verteilt und sein Gesicht so nah vor meinem versperrte den Weg des Sauerstoffs.
Ich nahm die vielen Geräusche um mich nur noch gedämpft wahr, während ich meine Augen benommen über sein gesamtes Gesicht, über die Verletzungen auf seiner Wange und seiner vollen Lippe, die schon abheilten, über die Narbe in seiner Augenbraue, die seine scharfen Zügen verstärkte fuhr und schließlich Halt in seinen Augen fand, die einfach zu schön waren und in der Sonne in einem ganz besonderen Grün strahlten.

Ich merkte, wie er genauso verträumt über mein Gesicht und in meine Augen blickte, sodass seine eben noch gerunzelte Stirn sich lockerte und die Strenge verschwinden ließ.
„Annabella", hauchte er jetzt nur noch in einem viel sanfteren Ton.
„Ja?..."
„Was wollte der von dir? Hat er wieder versucht dich zu beleidigen oder so?"
„Nein, hat er nicht."

Zufriedengestellt nickte er und ließ mich wieder los.
„Gut."
Er zog seinen Rucksack auf seiner Schulter zurecht, wobei sein Bizeps aus dem Ärmel zu platzen drohte und meine Aufmerksamkeit fiel auf die riesige Narbe auf seinem Arm. Als er hinter Miguel her gehen wollte hielt ich ihn auf : „Arian?"
Ich wollte erstmal meine Finger danach ausstrecken ließ es aber doch noch sein.
„Woher hast du diese Narbe?"
Er schaute kurz runter ehe er genervt an mir vorbei blickte.
„Du hörst nicht auf damit, oder? Hab ich dir nicht gesagt, es hat dich nicht zu interessieren?", sagte er missbilligend und ging weiter. Sein Ernst? Er durfte sich darüber Gedanken machen, ob mich jemand beleidigte aber ich durfte mich nicht einmal um seine Narbe sorgen?

Smile With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt