Achtundsechzig

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Dusk Till Dawn

Das Auto raste an mir vorbei und wehte mir hart meine nassen Haare ins Gesicht, während ich mich noch nicht im Hier und Jetzt wiederfand, um mich auch nur etwas bewegen zu können. Die Sicht hinter dem Auto klärte sich und ich sah Arians Körper hinten am Straßenrand in dem schlimmen Regen entlangrollen.

Ich regte mich nicht. Hörte nicht das Platschen der Regentropfen. Spürte nicht, wie sie mir ins Gesicht fielen. Realisierte nicht, was gerade passiert war.

Dann traf es mich wie eine erbarmungslose Welle direkt in der Brust und verteilte ein eisig ängstliches Schaudern durch mein Leib bis hin zu meinen Fingerspitzen.

Adrenalin stieß nach der kurzen Taubheit durch mich durch und gab mir extreme Kraft zum Aufspringen.
„Arian!"
Schreiend rannte ich über die Straße auf ihn zu und ertrug jetzt schon nicht, was es in mir bewirkte ihn reglos auf dem Bauch liegend zu sehen.

„A-Arian!"
Meine Stimme stotterte durch die knotige Schwere, die sich schon automatisch in meiner Kehle verankert hatte. Ich fiel bei ihm angekommen mit den Knien zu Boden und packte ihn sofort an den Schultern, um ihn umdrehen zu können.
„Arian..."
Es war, als würde mir mein Herz aus einer Erstarrung fallen, als er sich selber bewegte und umdrehte.

„Oh Gott."
Ich spürte meine warmen Tränen sich mit dem Regen auf meinem Gesicht vermischen und meine Brust sich verkrampfen, als ich die Wunde auf seiner Stirn, seinen Schultern, Armen durch sein an den Stellen zerrissenes T-Shirt bluten sah. Er zischte mit übertrieben verzogenem Gesichtsausdruck und hatte Probleme sich richtig zu bewegen. Doch, dass er überhaupt noch bei Sinnen war deutete darauf hin, dass er wohl nur leicht vom Auto angestoßen wurde und ich hätte in diesem Moment nicht dankbarer sein können.

„Arian", trat es zittrig und fallend aus meinem Mund und das Sprechen verschlimmerte nur mein verzweifeltes Weinen, das durch die unerträgliche Enge in meiner Kehle und Brust herausfiel. Ich wollte sein Gesicht umgreifen, traute mich aber nicht. Ich wollte ihm keinesfalls mehr Schmerzen zufügen als er bereits, durch seine verkrampft zugekniffenen Augen erkennbar, hatte.
„I-ich komme so-sofort wieder."
Mit diesem Versprechen stand ich auf meinen wackeligen Beinen auf und drehte mich um, um zum Auto rennen und einen Krankenwagen anrufen zu können, bleib aber verharrt stehen.

Georgios stand am Auto gelehnt und betrachtete mich mit einem schrägen Grinsen, während das komplette Durchnässen durch den Regen kein Bisschen etwas an seiner Belustigung schwächte.
Die Waffe in seiner Hand setzte eins drauf und verteilte in mir zusammen mit der intensiv ansteigenden Wut eine schreckliche Angst.

Er legte seinen Kopf schief und fing an mit bedacht langsamen Schritten, wie er es immer machte, um seine besonders bedrohliche Wirkung zu haben, auf mich zuzukommen, während meine Füße sich in den Beton des Bodens verankert hatten, obwohl mein Herz rasend schnell lief und versuchte aus meiner Brust zu entreißen und irgendetwas zu tun, dass Arian, der knapp an seinem Tode vorbeigekommen war, geholfen wurde und Georgios uns nichts weiters anhaben konnte. Doch was konnte ich jetzt machen?

Mit der Zunge schnalzend schüttelte er den Kopf und blickte auf Arian hinter mir hinab. Dann hob er mit einem Ruck die Waffe und hielt sie auf ihn gerichtet, woraufhin ich reflexartig dazwischentrat und dafür sorgte, dass die Kugel erst mich passieren müsste.
„Nein", stieß ich außer Atem durch meine Angst aus. Sein ernster, schlimm vor Jähzorn glühender Blick durchbohrte mich mit einer gewissen Belustigung.
„B...bitte."
Ich hasste mich für meine verzweifelte, kratzige Stimme, doch ich spürte meinen gesamten Körper nicht mehr, was nicht an die hämmernde Eise des Regens lag.
„Bitte...lass ihn leben..."

Gespielt schmollend legte er den Kopf schief und wandte seinen Arm mit der Pistole runter.
„Stimmt..."
Ein Grinsen zog sich auf seinen Lippen nach. Eins, das schreckliches, unherzliches mit sich brachte.
„In Wirklichkeit bist du ja der Grund, warum dieser Hund sich getraut hat mich zu hinterfragen...ich sollte mich erstmal an dich revanchieren."
Abrupt hob er wieder seinen Arm mit bewusstem Strecken und zielte dieses Mal mit der Waffe direkt auf mich. Ich bekam gar nicht die Zeit darauf zu regieren, da trat auch schon Arian humpelnd vor mich.
„Arian!"
Ich griff nach ihm und versuchte ihn irgendwie zu stützen, wusste aber nicht wie.
„Verpass ihr nur einen Kratzer und du erlebst einen leidvollen Tod", hörte ich ihn grollend zischen. Seine Stimme klang ernster als je zuvor, bedrohlicher als je zuvor.

Smile With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt