Ich sah wie Grams kleines rotes Auto um die Ecke düste. Mist! Schnell warf ich mich in den nächsten Busch, wie eine Geheimagentin, was leider nicht sehr gut endete. Es war ein harter Aufprall und meine Haare waren nun mit Blättern verheddert.
Grams hatte Stella im Schlepptau. Sie waren total verschwitzt und trugen Sportklamotten.
Ich musste mir meine Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszulachen. Margret kam kurz nach ihnen aus der Hintertüre. Sie trug ein blaues Stirnband, was so gar nicht zu ihrem neon-gelben Top passte, das ihr leider viel zu eng war. Riesige Speckrollen stapelten sich an ihren Hüften entlang. Zusammen im dreier-Pack liefen sie mit verhakten Armen zum Gartentor. Gut könnte man sie mit drei watschelnden Walrossen vergleichen.
Ich atmete tief durch, als ich durch das Blätterwerk sah, wie sie die Haustüre zumachten.
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Und wenige Sekunden später machte ich die Hintertüre des Taxis auf. "Waterlooroad 14 bitte", sagte ich, denn ich musste Betty noch abholen.
Der Taxifahrer nickte mir etwas verstört durch den Hinterspiegel zu. Na ja, bei meinem Anblick. Blätter im zerzausten Haar eines Teenagers hatte er bestimmt auch noch nicht erlebt.
Dann fuhren wir los.
Auf einmal hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte Dad's Regel gebrochen, indem ich raus ging. Was aber noch viel schlimmer war, war die Tatsache, als ich mich die Treppe hinunterschlich und heimlich aus Grandpa's Geldbeutel Geld nahm, um die Taxifahrt zu bezahlen. Jo, was hast du dir dabei nur gedacht? Ich faltete meine Hände über den Kopf und versuchte mich zu entspannen. Jetzt war es zu spät, um umzukehren. Jetzt zogen wir das durch.
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Ein paar Minuten später stieg Betty ein.
"Ich dachte schon du kneifst", sagte ich und umarmte sie.
Betty grinste. Sie hatte schwarzes glattes Haar und ein Muttermahl, oberhalb des Mundwinkels, etwa so groß wie der Nagel meines kleinen Fingers. Sie deckte ihr Muttermahl nicht mit Concealer ab. Sie sagte, wenn sie das Muttermahl abdecken würde, fehlte etwas von ihr. Ich bewunderte sie deshalb sehr.
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Eine ganze halbe Stunde mussten wir fahren, während wir damit verbrachten die Blätter aus meinem Haar zu bekommen. Zum Glück hatte ich immer eine Mini - Bürste in meiner Handtasche. Nach ein paar Minuten sah mein Haar so wie immer aus.
Der meiste Teil der Strecke bestand aus Wald. Wald so weit das Auge reichte. Manchmal hatte ich das Gefühl der Wagen würde im Schlamm stecken bleiben oder wir kippten in eine Schlucht. Es war wie eine langsame Achterbahnfahrt. Ich dachte der Taxifahrer machte jeden Moment halt, da es zu gefährlich war.
Der Fogforest schüchterte einen vom Fenster aus mächtig ein. Ich wollte gar nicht erst wissen, was der Wald für eine Wirkung auf mich hatte, wenn ich draußen stand. Aber vielleicht waren es nur die Horrorstorys im Internet und aus meiner Kindheit, die mir über diesen Waldteil Angst einjagten. Außerdem begegneten uns ziemlich viele Soldaten mit Maschinegewehren, die kurz ins Taxi schauten und dann nickten. Komisch. Aber wahrscheinlich war das die Sicherung. Schließlich wohnte her ganz in der Nähe ein Milliardär.
"So, wir sind jetzt in dem Gebiet, den die Menschen Fogforest nennen", sagte der Taxifahrer. "Ich komme hier auch nicht mehr weiter."
"Okay", sagte ich mit einem Blick nach vorne. Er kam wirklich nicht durch. Vor uns lag ein versteckter Trampelpfad, der von Büschen und Gräsern nur so überwuchert war. Der Fogforest war düster und kahl. Als träge er kein Leben in sich. Die Bäume waren alt und dicht aneinander gewachsen. Dann entdeckte ich den Nebel, der das Taxi umhüllte. Gruselig! Nebelschweden schlängelten sich an den fast abgestorbenen Bäumen entlang. Im Schlamm steckte ein krummes altes Schild mit der verblassten Schrift: Fogforest Ravenstreet. Es zeigte zu dem Trampelpfad. Wenigstens mussten Betty und ich nicht noch nach der 'Straße' suchen.
"Hier ist übrigens auch dieses Schloss von diesem reichen Wissenschaftler Armin Haddington", sagte der Taxifahrer, während er etwas in seinem Navi eingab.
"Ach, wirklich?" Ich hob eine Augenbraue an und tat so, als würde es mich nicht interessieren. Aber in echt, war ich geschockt. Wollte mich wirklich der echte Mr Haddington treffen? Unmöglich! Ich vertrieb den Gedanken schnell aus meinem Kopf. Bestimmt fand das Treffen nur in der Nähe statt.
"Ja, warum glauben Sie sonst sind uns vorher Soldaten mit Maschinengewehren begegnet? Ich frage mich selbst, warum sie uns nicht schon längst angehalten haben."
"Haben Sie hier schon jemanden hingefahren?", fragte ich den Taxifahrer aus reiner Neugier.
"Eher selten, aber nie so tief rein", antwortete er. "Man kann sowieso nicht in das Haddingtonschloss oder nur auch einen Fuß auf das Gelände setzten. Es wird von Wachen bewacht, die schwer bewaffnet sind. Rund um die Uhr. Also passt auf Mädels."
Darüber war ich nun wirklich nicht überrascht. Wer einer der bekanntest Wissenschaftler der Welt war und dazu auch noch Milliardär, musste sich dementsprechend schützten. "Und wen fahren sie hier so hin?"
"Hauptsächlich Wanderer, die Adrenalin wollen oder einfach nur Teenager wie euch, die eine Mutprobe machen. Aber noch nie habe ich jemanden so tief in den Wald gefahren."
"Hauptsächlich?" Vielleicht fuhr er ja die Leute, die mir den Streich spielten.
"Sorry Hübsche, hab Schweigepflicht."
Mist!
"Ihr seid doch die Sorte von Teenagern, die eine Mutprobe machen oder?" Er drehte sich zu uns auf die Rückbank um.
"Okay, wie viel macht's?", lenkte ich ab.
"Alles klar", sagte der Mann grinsend, während er seinen Geldbeutel aufmachte.
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Der Rubin gegen den Smaragd
FantasyDiese Geschichte handelt von einem beliebten Mädchen in ihrer Kleinstadt Cursetown. Jolina Lockwood, die mit einer außergewöhnlichen Schönheit beschenkt wurde. Ihr Leben stellt sich völlig auf den Kopf, als ihre Mum bei einem Autounfall ums Leben ko...