Liebes Tagebuch,
so langsam glaube ich das mit dem Fluch, denn was hätten sie davon mich anzulügen? Ich kann nicht glauben, dass ich das gerade schrieb. Mein Hirn ist komplett durcheinander. Und mein Leben? Eine steile Achterbahn, die nicht enden will, die nicht aufhören will, dass Adrenalin in meinen Körper zu pumpen. Trotzdem kann ich es mir nicht im geringsten vorstellen. Es muss eine Lüge sein, warum auch immer.
Aber stell dir vor, was ich heute Morgen entdeckte. Eine Erpressung an der Rückseite einer Zeichnung. Ein oder eine gewisse G erpresst mich etwas über das Haddingtonbuch herauszufinden, denn sonst würde sie all den Menschen die ich liebe etwas antun! Es ist schrecklich, aber ich muss es tun! Ich habe keine Wahl! Ich hatte den Verdacht, das G vielleicht Grace ist. Am meisten geschockt bin ich darüber, dass sie meinen Familiennamen trägt! Grace Lockwood... Aber sicher bin ich mir da auch nicht, denn sie ist 1863 gestorben. Und das ist so sicher wie die Tatsache, das der Fluch nicht existiert!
Es lagen noch andere Zeichnungen auf dem Schreibtisch. Ich glaube es sind Anspielungen auf meine angebliche Verwandlung. Mit genaueren hinsehen, erkannte ich, das die Frau, die darauf abgebildet ist, ich bin! Auf der Rückseite stand aber Grace Lockwood, 1863! Warum sehen wir gleich aus?
Hier ist alles so verrückt. Ich möchte einfach nur nach Hause und das alles vergessen. Wo ist der Ausgang?
Ich schmiss mein Tagebuch, das in Leder eingebunden war, auf den Boden. Ich komme mit nichts mehr klar! Ich will hier raus! Schließlich klingelte ich an der Glocke, um Mme Durand zu holen. Ich hatte Hunger! Und im Pyjama durfte ich nicht nach unten gehen. Oh, wie ich dieses Schloss und seine Regel doch hasste!
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Nach kurzer Zeit erschien Mme Durand. Schließlich verstrich eine Ewigkeit, bis ich endlich fertig war. Normalerweise hätte ich in der Zeit duschen können, frühstücken, Tagebuch schreiben und meine Serie weiter suchten können. Stadtessen verschwendete ich meine Zeit, um mich anzukleiden. Mme Durand sagte, es wäre die Anordnung von Mr Haddington im Schloss angemessen für seine Verhältnisse gekleidet zu sein. Ich hasste ihn! Seine Art und seine Befehle. Er konnte mir gar nichts vorschreiben! Aber ich hatte trotzdem keine andere Wahl.
Jetzt schlenderte ich mit einem orangeharrigen Butler, der ein zerkratztes Gesicht hatte (wurde er von einer Bestie angegriffen?) durch das Schloss. Ich fragte aber lieber nicht nach, warum. Ich wusste von dem orangeharrigen Butler, das die Butlerfamilie den Haddingtons schon Jahrtausende diente. Sie hießen alle Robinson mit Nachnamen. Der orangehaarige Butler war der kleine Bruder von Mr Jorge Robinson (dem Oberbutler), der mir und Betty an unserer Ankunft die Türe aufgemacht hatte. Apropos Betty! Sie machte sich bestimmt Sorgen um mich. Allein deshalb, weil ich sie nicht in den letzten Tagen angerufen hatte. Wenn ich ihr alles erzählte, würde sie mir bestimmt nicht glauben, aber ich konnte es ja selbst kaum glauben. Wie lange saß ich noch in dem Schloss fest, das nur aus Lügen bestand? Und wo war eigentlich mein Handy? Ich musste Betty unbedingt alles erzählen! Sonst konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen, denn nach einem Gespräch mit Betty ging es mir immer besser.
Alleine schon wegen meines angeblichen Fluchs, konnte ich überhaupt nicht mehr klar denken. Gestern Nacht schlief ich kaum. Ich machte mir so viele Gedanken und rätselte, ob es tatsächlich wahr sein könnte... Ich wusste es nicht. Und ich konnte mir darunter auch nichts vorstellen. Allerdings bildete ich mir die komischsten Sachen ein, was den Fluch anbelangte. Wie würde es passieren, wenn ich mich verwandeln würde? Würde es weh tun? Und könnte ich mich überhaupt zurückverwandeln? Irrsinn. Ich schüttelte den Kopf bei diesem Gedanken.
"Ist alles in Ordnung Miss?", fragte der orangehaarige Butler.
Warum fragten mich das alle? Alle sahen doch wie mies es mir bei der Sache ging und wenn sie fragten, ob alles in Ordnung sei, wollten sie es im Grunde gar nicht wissen. Sie wussten, dass man Ja antworten würde, obwohl man es gar nicht so meinte. Damit sie sich nicht weiter mit einem beschäftigen müssen.
Ich antwortete nichts.
Ich sah wie er beleidigt seine Fliege auf seinem Anzug zurechrückte.
Heute trug ich ein dunkelrotes Kleid. Aus Dupionseide, wie Mme Durand zu pflegen sagte. Der Rock war mit tiefen Falten ausgestattet. Der Ausschnitt war herzförmig und am Bauch trug ich schlichte Knöpfe zur Dekorierung. Mme Durand hatte mir einen hohen Zopf gemacht und bestand drauf mir eine riesige rote Schleife darum zu binden. Ich gab nach, aber ich kam mir in diesem, zwar wunderschönen Kleid, wie in ein Geschenkpapier gewickeltes Etwas vor, das mit einer Schleife als Dekorierung zugebunden war. Ich kam mir lächerlich vor, aber Mme Durand sagte ich sah wie sie aus wie sie... Grace... wunderschön. Es kam mir so vor, als ob ihr der Name Grace schon wieder rausgerutscht wäre. Danach wechselte sie schnell das Thema, egal wie oft ich auch nachgefragte. Wer war diese wunderschöne Grace und warum wollte mir niemand etwas über sie sagen?
Ich fühlte mich wie ein kleiner Vogel, der in einem goldenem Käfig eingesperrt war. Er musste das machen was die Leute um ihn herum sagten. Er durfte nichts machen außer in seinem Käfig zu sitzen und das Kleid auszusuchen. Es durfte keine Fragen stellen und wurde von Kopf bis Fuß verwöhnt, sosehr es sich auch dagegen wehrte. Am liebsten hätte ich mir einfach eine Jogginghose und einen Pullover angezogen. Aber niemand durfte ja Mr Haddingtons Kleiderordung brechen, wie Mme Durand sagte.
"Wie ist eigentlich Mr Haddington so?", fragte ich den Bulter. War es falsch, ihn das zu fragen? Immerhin diente seine Familie der Wissenschaftlerfamilie schon Jahrtausende und Mr Haddington war sein Boss.
"Ähm... nun ja... wir arbeiten schon Jahrtausende für die Haddingtons", antwortete er.
Frage nicht beantwortet. "Und mögen Sie ihn?", hakte ich nach.
Er antwortete nicht.
Ich seufzte innerlich. "Wissen Sie vielleicht warum ich hier bin?" Ich wollte nicht zu viel sagen. Nachher wusste er gar nichts von dem angeblichen Fluch. In meinen Gedanken lag eindeutiger Sarkasmus.
"Ich werde nichts sagen bevor Mr Haddington oder ihr Dad Mr Loockwood Sie nicht aufgeklart haben Miss."
"Verstehe." Ich knirschte mit den Zähnen. Von ihm werde ich sicherlich nichts herausquetschen können.
"Wir sind da", sagte er nach einer Weile. "Das hier ist der Frühstückssaal, den Mr Haddington - "
"Bevorzugt. Es gibt noch viele weitere, aber diesen hier mag Mr Haddington am meisten", beendete ich seinen Satz mit vollem Spott in der Stimme.
Er sah mich verdutzt an. "Richtig", sagte er langsam, ohne mich aus den Augen zu verlieren. Schließlich öffnete er mir die Türe.
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Der Rubin gegen den Smaragd
FantasyDiese Geschichte handelt von einem beliebten Mädchen in ihrer Kleinstadt Cursetown. Jolina Lockwood, die mit einer außergewöhnlichen Schönheit beschenkt wurde. Ihr Leben stellt sich völlig auf den Kopf, als ihre Mum bei einem Autounfall ums Leben ko...