Die Schwäche im Körper

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Am nächsten Morgen war es soweit. Ich war schon den ganzen Morgen über aufgeregt mit meiner Doppelgängerin einen Tee zu trinken. Vor Aufregung hatte ich sogar keinen Schluck von meinem heißgeliebten Eistee hinunterbekommen. Heute werden übrigens Mr Haddington's Söhne Ezra und Liam anreisen. Meine Cousins. Sie wurden gestern Abend von ihrem Dad sofort informiert, dass er einen Helikopter schickte, damit sie auf dem schnellsten Weg hierher kommen konnten.

Ich lief mit Dad die lichtdurchfluteten Gänge entlang. Die Sonne ging auf und versetzte das Schloss in ein wunderschönes Licht. Draußen war es noch etwas dunkel.

"Da vorne ist die Terasse." Dad zeigte durch ein Fenster.

Ich schluckte. Ein kleiner runder Tisch und zwei Gartenstühle konnte ich sehen. Auf dem Tisch hatten die Butler eine Schale mit Obst hingestellt.

"Hör mal, wenn du das nicht machen willst - "

"Ich mach es", unterbrach ich ihn.

"Komm mal her." Er nahm mich in den Arm. "Und lass dich von diesem Miststück ja nicht einschüchtern."

Ich schwieg. Das würde Grace so oder so hinbekommen. Ich lächelte ihn an, um ihm in dem Glauben zu lassen, das es okay für mich war. In Wahrheit wollte ich dieser Bitch nicht unter die Augen treten. Dad sagte, dass nur ich das machen könne, denn Grace würde am ehesten mit mir reden. Grace war fasziniert von mir. So wie ich von ihr. Ich sollte sie über ihren Plan ausquetschen. Wir alle wussten, dass sie es mir niemals sagen würde. Nicht heute. Aber damit ich wenigsten einen Grund hatte mit ihr zu reden. Ich sollte sie rufen. Sie würde kommen, denn Dad und Mr Haddington sagten, dass sie mich beobachtete und außerdem war sie viel zu neugierig, um nicht zu kommen.

"Wir werden dich vom Fenster aus beobachten und die Wachen sind auch in der Nähe", sagte Dad.

"Ich weiß. Ich kann mich auch selbst verteidigen", sagte ich kühl.

Er grinste. "Das weiß ich doch."

Er glaubte mir nicht.

Langsam ging ich zur Tür. Ich zögerte kurz, drückte dann aber die Klinke nach unten. Sofort umfasste die Kälte meinen Körper. In den letzten Tagen war es kälter geworden. Die Weihnachtsferien hatten begonnen und Weihnachten stand vor der Tür.

Zitternd setzte ich mich. Meine Wangen und meine Nasenspitze erröteten durch die Kälte. Die Nebelschweden im Fogforest konnte man Morgens besser den je erkennen. Die düsteren Schatten sahen in der Dunkelheit noch bedrohlicher aus. Aber seitdem ich Grace gesehen und erfahren hatte, wer sie wirklich war, erschienen mir die Dinge bedrohlicher, wie ich sie sonst wahrgenommen hatte. Grace hatte mich und meine Umgebung eingeschüchtert.

Das Haddingtonschloss thronte hinter mir. Ich war immer wieder von dem Anblick des Schlosses geschockt. Ich richtete zitternd meinen Blick nach vorne. "Grace! Ich weiß, dass du hier bist!", schrie ich ins Nichts. "Komm raus! Ich muss mit dir reden!"

Ich bekam kein Anzeichen oder eine Antwort. Ich blickte zum Himmel empor, aber ich konnte keinen Raben mit rubinroten Augen erkennen.

"Grace?"

Nichts.

"Es ist wichtig!"

Nichts.

"Grace!"

Dann sah ich einen rasenden schwarzen Punkt am Himmel. Grace! Sie kam näher auf mich zu. Sie verwandelte sich noch in der Luft und landete perfekt koordiniert auf dem Boden. Ihre Haare hatte sie geglättet. Sie trug eine schwarze Lederjacke und ein ein weißes T-Shirt. (Ist ihr nicht kalt?) Ich beneidete sie um ihr bequemes Outfit, während ich mich in ein Korsett zwängen musste.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt