Instinkt

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Ich sah die Welt mit anderen Augen...

Die unscheinbarsten Dinge, die ich vorher nicht wahrgenommen hatte, erkannte ich...

Das kleinste Detail konnte ich in meinen Augenwinkeln wahrnehmen...

Ich wusste nicht, wie ich es beschreiben sollte, ein Rabe zu sein. Ich wusste auch nicht, ob es ein gutes oder schlechtes Gefühl war. Es gab einfach kein Wort dafür. Nur eins wusste ich: Es war gruselig und schräg. Ich meinte, ich war selbst überrascht, dass ich vor Verwunderung, dem Schock und der Umstellung meines Körpers nicht tot war. Oder alleine schon wenn ich an mir herabsah. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich auch nicht besonders anders. Ich spürte zwar die Federn, aber ich fühlte mich, als wäre ich in meiner eigenen Menschenhaut, aber irgendwie nackt, trotz der Federn. Trotzdem empfand ich mein Federkleid als warm und sanft.

Aber meine Kette war verschwunden...

Es war einfach zu verrückt, aber ich durfte mich nicht unterkriegen lassen, denn ich musste selbst mit dem Gedanken fertig werden, dass es real war! Jetzt hatte ich es zu Ende gebracht! Meine Verwandlung und meinem Glauben daran. Jetzt wusste ich, das es zu 100% wahr war! Und zwar alles!

Ich schaute mich um. Alle standen gebückt um mich herum. Ich hörte, wie sie wild durcheinander auf mich einredeten. Ich nahm alles völlig anders wahr. Ich konnte das Blut in ihren Adern deutlich posieren hören. Ich hörte auch die Geräusche in ihrem Magen. Jetzt konnte ich plötzlich alles hören. Wirklich alles! Wie beispielsweise eine Fliege neben mir am Boden entlanglief. Ich konnte ihr Tapsen und sogar ihren Atem hören. Oder wie ein Blatt auf den Waldboden fiel. Ich konnte den Aufschlag hören. Verrückt! Es war so, als wären die Geräusche direkt an meinem Ohr. Wenn ich mich nicht mehr auf eine Sache konzentrierte, konnte ich es wie in normaler Lautstärke hören, als wäre ich ein Mensch. Konzentrierte ich mich aber auf eine Sache, konnte ich alles was darin vorging oder der Umgebung wahrnehmen. Ich probierte es mit der Fliege, die neben mir am Boden umhertrippelte aus. Ich richtete meinen Blick auf die Fliege und konzentrierte mich vollkommen auf sie. Und tatsächlich! Ich konnte ihre kleinen Beinchen hören, wie sie sanft und schnell auf dem Boden trippelten. Wenn sie ihre Ärmchen aneinanderrieb, als hätte sie einen fiesen Plan. Irgendwie cool! Professor Doktor Doktor Smith hatte also recht mit den Fähigkeiten des Raben dasein. Mir spukte plötzlich im Kopf herum, das ich auch von den Menschen ihre Vergangenheit sehen und sie ihnen zeigen kann... Ihre Träume bestimmen kann...

Als ich den Dreh mit meinem neuen Gehör raus hatte, schaute ich zu den Männern auf. Erst jetzt fiel mir auf, wie klein ich eigentlich war. Dann huschte mir ein Gedanke durch den Kopf: Konnte ich reden oder würde ein Krächzen dabei rauskommen? Die Männer konnte ich jedenfalls verstehen. Es gab aber noch einige Dinge, die Professor Doktor Doktor Smith mir nicht erzählt hatte. Wahrscheinlich weil wir zu wenig Zeit hatten. Und wegen dem Problem mit Grace, worüber ich übrigens noch einige Fragen hatte. Ich konnte mich an noch einen Satz von einem der Wissenschaftler erinnern, als sie alle wild durcheinander redeten: "Sie ist das Ebenbild von Grace!" Was hatte das denn schon wieder zu bedeuten? Aber ich durfte nicht vom Thema abschweifen. Schließlich hatte ich eine Aufgabe zu erfüllen: Das Schloss von the portal of the dead erneut zu verschließen.

"Hallo?", fragte ich und kam mir dabei ziemlich blöd vor. In ihren Gesichtern konnte ich jetzt schon feststellen, dass sie mich nicht verstanden.

"Warte Jolina wir können dich nicht verstehen. Professor Doktor Doktor Smith stellt gerade ein Gerät ein, womit er dich verstehen kann", sagte Dad.

Professor Doktor Doktor Smith trat vor und hatte ein kleines Gerät im rechtem Ohr. Er drehte etwas daran und sagte: "Fliegen Sie."

"Aber wie soll ich das tun? Wir hatten so wenig Zeit darüber zu sprechen", sagte ich und kratzte mich an meinem Gefieder. Es war wirklich schräg, das zu tun und ich schreckte vor dieser Aktivität etwas zurück.

"Ihr Instinkt Miss." Er beugte sich zu mir runter.

Okay, es war sinnlos. Ich musste wohl meinem Instinkt vertrauen. Woran ich aber Zweifel hatte. Aber gerade musste ich mich erst einmal an die Perspektive gewöhnen. Von unten.

Aber tatsächlich! Nach einer Weile kamen Gefühle in mir auf, dass ich bestimmte Sachen tun musste, die richtig waren. Ich schätzte das war mein Instinkt! Er sagte mir, ich solle fliegen. Meine Flügel ausbreiten. Ich wusste auf einmal was ich tun musste, was richtig und falsch war.

Ich breitete meine Flügel aus und stoß mich filigran mit meinen Krallen vom Waldboden ab...

Dann war ich in der Luft...

Die ersten Flügelschläge waren noch etwas wackelig, aber schon nach ein paar Metern mehr, hatte ich alles unter Kontrolle! Ich konnte tatsächlich fliegen! Ich schlug mit den Flügeln und es war so leicht! Ich fühlte mich leicht! Es war ein unbeschreibliches Gefühl zu fliegen! Es war wundervoll! Das Beste der Welt! Ich hatte mir früher, als ich klein war, immer gewünscht eine Superkraft des Fliegens zu haben. Ich hatte auch schon geträumt, wie ich flog. Aber so wie es jetzt war, hätte ich es mir niemals erträumen können!

Meine Bewegungen und meine Flügelschläge: Filigran und beherrscht. Der Wind trug mich und ich fühlte den Sog des Windes, der an meinem Gesicht vorbeizog und durch meine Federn glitt. Ich sah die Welt aus einer völlig anderen Perspektive. Alle waren so klein wie Armmeisen. Das Haddingtonschloss, was mir sonst immer so riesig vorkam, war jetzt klein. Ich wusste gar nicht, wie hoch ich eigentlich schon war. Ich fühlte mich wie die Königin der Lüfte! Frei und lebendiger als jemals zuvor! Meine kräftigen Flügelschläge, stoßen den Wind von mir ab. Nach einer Weile konnte ich mich von dem Wind tragen lassen. Ich glitt mit meinen Flügel voran.

Dann wollte ich höher steigen. Ich flog ganz weit nach oben, bis ich die graue Wolkendecke durchbrach und an wunderschöne rosa bastellblaue Wolken gelangte! Die Abendsonne stand darüber und schien mir ins Gesicht. Es war ein wunderschönes Schauspiel, wie ich es auch vom Flugzeug aus beobachten konnte. Bloß, dass es hier tausendmal schöner war! Ich atmete geradezu die Sonnenstrahlen ein. Sie stärkten mich. Und für eine Weile blieb ich an einer Stelle und genoss den Moment. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so viel Spaß machen könnte. Und die Schmerzen meiner Verwandlung glichen sich durch das Fliegen und des Freiheitsgefühls aus. Ich konnte von dem Anblick gar nicht genug bekommen! Es war ein wunderschönes Wolkenreich! Sie sahen aus wie Zuckerwatte! Ständig veränderten sie ihre Form und ab und an schien ein Sonnenstrahl durch die graue Wolkendecke unter mir hindurch. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass hinter den regnerischen Wolken Cursetowns so wunderschön die Abendsonne die Wolken beleuchten konnte.

Dann wusste ich plötzlich, wo ich hin musste. Wo the portal of the dead war. Mein Instinkt hatte sich in mir breit gemacht. Ich stürzte mich im Sturzflug nach unten. Der Wind peitschte gegen mein Gefieder. Als ich kurz vor dem Boden war, schaute ich auf und riss mit einer ruckartigen Bewegung meinen Rabenkörper nach oben, sodass ich wieder hochstieg. Ich hatte ein festes Ziel vor Augen. Ich flog in meinem Limit-Tempo los. Ich sauste durch den Wald und wich den Bäumen mit ruckartigen und schnellen Bewegungen aus. Meinen Blick richtete ich fest nach vorne.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt