Hunderte von Jahren später, nachdem Grace Lockwood in die Hölle gelangt war...

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Grace Lockwood stemmte ihre Hände auf das Steingeländer des Balkons. Sie atmete tief ein und aus, während sie die Hölle betrachtete. Ihr Land. Ihr Volk. Grace zog die Macht und die Angst ihres Volkes, die sie für ihre Herrscherin empfanden, ein.

Vor ein paar hundert Jahren hatte sie hier auf diesem Balkon ihre frühere Liebe Gilian Haddington ermordet. Grace war nicht traurig und verspürte auch keine Reue. Sondern nur Freude. Denn jetzt war sie die einzig wahre Shadowherrscherin. Sie ganz alleine.

Die Shadowdeads wohnten gemeinsam in der Shadowburg, wo auch ihr Regierungssitz war. Ihren Namen verdiente sich die prächtige Burg folgendermaßen: Die Shadowburg war von Schatten bedeckt. Kein einziger Sonnenstrahl drang durch das dicke Gemäuer. Die Shadowburg lag gruselig in seinen eigenen Schatten. Um die Shadowburg herum war eine kahle Landschaft aus trockener Erde. Wenn man in alle Richtungen ging, gelangte man an einen steilen Abgrund. Tausende Meter war der Abgrund steil, bis das Meer kam. Wenn man aber von der Zugbrücke der Shadowburg einen Kilometer geradeaus ging, gelangte man an eine unendlich lange schmale Brücke, die hoch über dem Meer erbaut worden war. Auf der anderen Seite der Brücke kamen kahle Landschaften und kleine Dörfer mit Strohdächern.

Die Hölle war trüb und kahl. Das war die Bestimmung der Hölle.

Grace wandte sich von dem Balkon ab und ging mit filigranen und beherrschten Schritten in ihre Shadowburg zurück. Sie lief die steinernen Flure entlang, die mit einem roten Teppich ausgelegt waren. Ihr türkisfarbenes enganliegendes Kleid streifte den Boden, während der glitzernde Schleier, der an ihrem Kopf befestigt war und bis zum Boden reichte, mit ihren Bewegungen kontrolliert schepperte.

Den Wachen stieg Schweiß an der Stirn auf, die an den Wänden der Flure platziert waren. Viele von ihnen hatten sich diese Arbeit nicht ausgesucht. Sie wurden gezwungen, denn in der Hölle hatte man keine Wahl. Wenn Grace nach Lust und Laune wäre, würde sie aus Spaß alle töten, wie sie es schon sehr oft tat. Die Wachen hofften jeden Tag, das Grace nicht an ihnen vorbeiging.

Grace musste auf einmal an Farben denken. Früher, als sie noch ein Mensch war, war ihre Lieblingsfarbe grün. Wie ihre wunderschönen außergewöhnlichen smaragdgrünen Augen. Die Farbe des Guten, des Glücks, der Hoffnung und der Gerechtigkeit. Grace vertrieb den Gedanken aus ihrem Kopf und dachte an rot. Ihre Augen funkelten bei diesem Gedanken. Rot war jetzt ihre Farbe. Die rubinroten Augen ihrer Rabengestalt. Die Farbe des Bösen, des Todes und des Blutes. Grace legte ihr schelmisches Lächeln auf, während die Wachen ihr eine hölzerne Flügeltüre zitternd aufmachten. Grace trat ein.

Ihre Familie, wie Grace sie nannte, saßen an einem großen rundem Tisch, wo eine Landkarte der Hölle ausgebreitet lag. Die Shadowdeads Elara, Cara, Erko und Darian sprachen über Grace Öffnung des portals of the dead. Grace wollte auf die Erde zurückkehren. Um ihre Nachfahrin und Doppelgängerin Jolina Lockwood böse zu machen. So wie es einst Gilian mit ihr selbst tat. Grace wollte, dass Jolina in der Familie der Shadowdeads aufgenommen wurde. Die Haddington's würden sie mit Forschungen und Operationen nur so quälen. Aber das war nicht der Grund. Ihr ging es um das ausnutzen. Grace wusste von der Erwählten Jolina, da Darian in seinen Zukunftsträumen Jolina sah. Und wenn sie nichts unternahmen, besiegte Jolina die Shadowdeads. So sah es Darian voraus. Jetzt wussten sie wie stark Jolina war, denn sie war Grace Doppelgängerin und hatte die gleiche starke Kraft wie Grace. Auch das übernatürliche Riechen und Hören in Menschengestalt. Jolina wusste nicht wie viel Kraft sie eigentlich hatte - und das war auch gut so, denn sie könnte Grace besiegen. Niemand wusste das außer Grace Familie. Deshalb wollten sie Jolina auf ihre Seite ziehen. Denn wenn Jolina auf der guten Seite stand, konnte sie die Shadowdeads besiegen. Grace mussten etwas unternehmen, denn sonst wäre das das Ende der Shadowdeads.

Jolina Lockwood wurde geboren, um die bösen Taten von Grace Lockwood gut zu machen...
Grace wollte mit Jolina zusammen the portal of the dead für alle Toten öffnen. Nur zu zweit als Doppelgänger könnten sie es öffnen. Daher auch der Tod von Gilian, da er Grace nicht mehr von Nutzen war. Egal, wie stark zwei Erwählte waren, sie können the portal of the dead nicht für alle öffnen. Es müssen zwei Erwählte Doppelgänger tun. Ihr Volk interessierte Grace nicht die Bohne, aber wenn sie the portal of the dead mit Jolina öffnete, war sie selbst die Heldin. Ihr Volk der Toten würde dann glauben, dass Grace sie vor der Hölle befreit hätte. Denn die Hölle war eine Qual für das Volk. Die Bestrafung, für das, was man böses in seinem Menschenleben tat. Alle der Hölle waren eifersüchtig und stinksauer auf das Paradies. Das Paradies leuchtete in all den prächtigen Farben. Es wäre des Volkes Traum hier endlich raus zukommen. Für Grace und ihre Familie wäre die Öffnung von the portal of the dead nur für eins gut: Eine zweite Weltherrschaft.

Grace räusperte sich.

Elara, Cara, Erko und Darian setzten sich kerzengerade auf.

"Wir haben ein Plan erarbeitet", sagte Elara. Ihre kristallklaren Augen leuchteten auf.

"Oder ehrlich gesagt du", sagte Darian, so wie er es immer machte, ehrlich.

Elara grinste. Sie wusste, dass sie besten Pläne erarbeiten konnte. Kein Wunder, warum sie so schlau war. Sie hatte die Gabe des Wissens. Was sehr wichtig bei den Shadowdeads war. Manchmal erinnerte Elara Grace an eine hinterlistige Schlange. Grace grinste bei diesem Gedanken, während sie sich elegant in den Sessel fallen ließ, der am Tischende platziert war. Grace hatte nun alles im Überblick. Sie betrachtete die Karte konzentriert, während sie einen Schluck Wein trank.

"Du fliegst mit dem mächtigsten Drachen Darcon in den Wald. Denn wenn du in deiner Rabengestalt fliegst, verbrauchst du unnötig viel Kraft für die Öffnung des portals of the dead", erklärte Elara mit zischenden Stimme. "Hier ist the portal of the dead." Sie zeigte auf die Karte. Im Herzen des Waldes war ein roter Punkt eingezeichnet.

"Gute Arbeit", sagte Grace nickend anerkennend.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt