Merry Christmas

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Ich blinzelte und lächelte. Heute war Weihnachten. Ich setzte mich auf. Fühlen tat ich mich besser. Das Gefühl von Schwäche war verschwunden. Ich sah einen Zettel an meinem Nachttisch.

Sie dürfen sich heute auf Anweisung ihres Onkels Mr Armin Haddington selbst ankleiden. Merry Christmas. -Mme Durand

Ich lächelte, stand auf und lief ins Badezimmer. Vielleicht würde heute ein schöner Tag werden. Aber der erste Tag, an dem ich nicht mit meiner ganzen Familie Lockwood feiern würde. Ich war nicht glücklich und ich hatte das Gefühl, dass das ein Fest der Trauer und Angst werden würde.

Dann suchte ich mir ein Kleid aus. Ein Rotes. Ich fühlte mich nicht schlecht, wenn ich Grace Kleider trug, denn es waren die Kleider der früheren Grace - nicht der heutigen.

So ganz konnte ich Mme Durand dann auch wieder nicht ausschließen. Sie half mir schnell bei dem Korsett und den Schnürungen des Kleides. Die Farbe rot sollte mich nicht beeinflussen, nur weil es die Lieblingsfarbe und Verkörperung von Grace war und sie in ihrer Rabengestalt rubinrote Augen hatte. Außerdem war rot die Farbe Weihnachten und Liebe. Nicht nur Blut und Mord.

Das Kleid war wahrscheinlich das Waganteste und Größte, was ich jemals sah. Mme Durand sagte immer wie hübsch ich sei, während sie mir die Haare lockte.

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Jetzt trat ich vor die Türe meines Gemachs. Mme Durand hatte mir erklärt, wo ich hin musste. Die ganze Familie würde da sein. Die Haddingtons, die Gardons und nur ich als eine Lockwood. Dad als halber Lockwood, aber ursprünglicher Haddington. Halber halber sozusagen. Aber das war ich ja eigentlich auch. Ich wusste nicht, wie die anderen mich aufnehmen würden. Immerhin war ich sozusagen eine Unruhestifterin, die alle Pläne mit der Regierung durcheinanderbrachte. Vielleicht mussten sie mich hassen. Dad hassten sie vielleicht auch, weil er anstatt Xara meine Mum Ivana heiratete.

Die Gänge, Treppen und Wände waren mit wundervoller Weihnachtsdeko geschmückt. Hatte die Robinsonfamilie das ganze Haddingtonschloss über Nacht geschmückt? Viele müssten sie da auf jeden Fall gewesen sein.

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Nachdem ich endlich die gefühlte tausendste Stufe meines Turm erreichte, hörte ich viele Stimmen, die amüsant plauderten und ab an laut auflachten. Ich folgte den Stimmen, denn die Wegbeschreibung von Mme Durand konnte ich mir nicht merken. Ich würde mich wohl nie in diesem zu großen Schloss zurechtfinden.

Sehr viele aus der Alhambra wünschten mir Merry Christmas. Auch meine Familie. Aber Amy, Freya, Zayn und Henry nicht. Nur Betty, aber sie wusste schließlich alles. Ich wollte es den vier doch auch unbedingt sagen, aber es war nicht sicher für sie. Vor allem weil Grace wieder da war... Schluss mit diesen Gedanken! Dachte ich an Weihnachten wirklich an so etwas? Ist es schon so weit gekommen Jo?

Alles war prächtig geschmückt. Anstatt Kerzenständer standen nun kleine Weihnachtsbäume mit goldenen Kugeln in den gleichen Abständen. Die Decken und Wände waren mit Mistelzweigen, Stechpalmen, Lorbeeren und Girlanden geschmückt - total traditionell. An den großen Flügeltüren hingen Mistelzweige und irgendwo vor einer auffallenden großen Flügeltüre entdeckte ich eine Krippe. Von dieser Flügeltüre kamen auch die vielen Stimmen und das Gelächter. Das musste der größte Hauptfestsaal sein, wie Mme Durand mir erklärte.

Die zwei Butler, die davor standen, lächelten mich an. Ich straffte die Schultern und atmete tief ein und aus. Dann nickte ich den beiden zu.

Sie öffneten die Flügeltüre...

Ich trat ein und sofort wurde es still...

Mein Herz raste, während mich alle wie verzaubert ansahen und lächelten. Manche aber musterten mich auch nur neugierig oder blieben kalt.

Der Saal bestand fast nur aus Gold. An den viel zu hohen Wänden schwangen sich Akrobaten mit Trapezen über den ganzen Saal, während sie sich verengten und fantastische Tricks machten. Auf Podesten, die wild im Festsaal zerstreut waren, spielten Feuermenschen gefährliche Kunststücke mit dem Feuer. Oder Akrobaten hingen an zwei Seilen, während sie sich verengten und tanzten. Wie in einem Fantasy Film.

Ich lief ein paar Schritte und hoffte es würde wieder gesprochen werden. Was dann auch zu meinem Glück geschah. Ich atmete tief durch und lief an das Ende der überdemonzialen Tafel. Ungefähr 100 Menschen hatten daran Platzt genommen. Nur die Familie. Keine Freunde. Wahrscheinlich bestand mein Onkel und die Tradition darauf. Der Saal war riesig mit einer Tanzfläche, einem Orchester und einem riesigen Weihnachtsbaum, unter denen tausende Geschenke in edles gewickeltes Papier steckten. Außerdem gab es einen Kamin. Ich hatte noch nie einen in einer solchen Größe gesehen, an dem riesige wundervoll verzierte Strümpfe hingen.

Am Tischende saßen Dad, Mr Armin Haddington, Mrs Xara Haddington und ihre zwei verboten gut aussehenden Söhne Ezra und Liam (ich kannte sie aus dem Internet und natürlich von Amy). Sie waren alle edel gekleidet, wie aber auch wirklich alle in dem Saal. Die Männer mit feinen edlen Anzügen und die Frauen mit schlichten, meist enganliegenden Kleidern. Die Kinder mit putzigen Kleidchen und die Jungen mit süßem Anzug, Krawatte oder Fliege. Ich fiel wirklich viel zu sehr mit meinem großen roten Kleid auf. Aber hier konnte ich es ja niemandem recht machen.

Sie standen auf.

Dad umarmte mich und flüsterte: "Du bist so unglaublich schön Jolina. Merry Christmas. Du siehst deiner Mum jeden Tag ähnlicher."

Ich lächelte und wir lösten uns voneinander.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt