Gleichstark

48 3 0
                                    

Mir liefen Tränen über die Wangen, während ich mich auf mein Himmelbett setzte. Ich war zu schwach, um das Licht anzumachen.

So viele Tote, die ängstlich starrten, während sie im Blutbad lagen. So viele Schreie der Menschen. Die Trauer liegt nun im Haddingtonschloss und niemand wusste damit umzugehen. Ich auch nicht. Heute sollte ein heiliger Abend werden, aber es war alles andere als das. Ich hatte Grace in ihrer wahren Gestalt gesehen und es war das fürchterlichste.

Ich nahm das Tagebuch von Mum, das sogar älter war als Grace Tagebuch. Komisch. Ich öffnete die Verschlüsselung, die ziemlich alt war. So könnte ich mich wenigstens ablenken. Es war so, als würde meine Öffnung einen Schall auslösen, sodass ich kurz zurückschreckte. Ich klappte es vorsichtig auf. Auf der ersten Seite standen komische Zeichen, die ich nicht lesen konnte. Die Seiten waren hart und zerknittert, manchmal fehlte auch ein Stück. So, als hätte man versucht es zu vernichten. Warum sollte Mum das tun wollen? Außerdem wurde in einer anderen Sprache unsauber mit Tinte geschrieben, die manchmal auch zerlief, als hätte Mom es eilig gehabt. Auch bei Google fand ich keine Sprache, die zu der Schrift passte.

Aber jetzt war ich zu müde, um nachzudenken. Ich musste einfach nur all meine Gefühle und Gedanken in meinem Tagebuch loswerden. Ich holte einen Stift und blätterte zu der nächsten freien Seite. Aber anstatt das sie frei war, stand eine Botschaft auf der Seite:

Bringen wir es ein für alle Mal zu Ende. Komm zu the portal of the dead. Komm zu mir oder alle aus den drei Familien werden einen qualvollen Tod erleben. -G

Ich riss die Seite heraus, zerknüllte sie, warf sie zu Boden und trampelte so lange darauf herum, bis ich zusammensackte und weinte.

------------------------------

Ich späte auf mein Handy. Ein Uhr Nachts.

Noch ein letztes Mal fuhr ich über meinen Schlüssel. Dann rannte ich los. Über die unendlich lange Wiese, bis ich an den Rand des Fogforests gelangte. Mein Kleid wippte auf und ab und streifte über das Gras, worauf es schon bald dreckig war. Die Kälte peitschte an meinen Wangen und Armen und meine nackten Füße schmerzten mir vor Kälte.

"Ich habe keine Wahl", flüsterte ich mir selbst zu, während ich mein Tempo verlangsamte. Jetzt stand ich genau vor dem Fogforest, dessen hohe Bäume bedrohlich auf mich hinabsahen. Ich drehte mich noch einmal um und blickte das Haddingtonschloss an. Von außen war es majestätisch und protzig, aber innen, war nur Leid. Die Trauer um die Opfer. Ich blickte in den kohlschwarzen Himmel. Dicke Schneeflocken fielen. Es war der erste Schnee, den ich jemals sah. Eine Schneeflocke ließ sich auf meinen Wimpern nieder. Ich blinzelte und warf meine lockigen Haare, wo sich schon die zahlreiche Schneeflocken niederließen, nach hinten.

Ich setzte den ersten Fuß über die sogenannte Schwelle, wo der Fogforest begann. Mein nackter Fuß wurde sofort von Nebel umhüllt. "Ich komme Grace!", wisperte ich mir zu und lief schließlich in den Fogforest...

Mein rotes Kleid wurde von Nebel umhüllt. Ich hob es etwas an, stieg über Baumstämme, kämpfte mir den Weg durch das Dickicht frei, während ich wachsam meine Augen in die stille Dunkelheit richtete. Der eiskalte Schnee knirschte unter meinen Füßen, die ich kaum mehr spürte. Ich wurde beobachtet und es war viel zu still. Ich hörte immer öfters ein Knacken, weshalb ich herumfuhr. "Grace!", schrie ich auf einmal und war überrascht, wie laut ich brüllen konnte.

Dann hörte ich es. Dieses hässliche schelmische Lachen, das durch den Fogforest hallte und mir eine Gänsehaut einjagte. Ein schwarzes Etwas flog über meinen Kopf und umkreiste mich, sodass ich nichts mehr sah. Schließlich fiel ich auf den Erdboden, der von Nebelschweden und Schnee bedeckt war.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt