Der Fluch

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"Also, Miss Lockwood." Er holte tief Luft, als würde er sich auf eine lange Geschichte vorbereiten.

Und ich merkte schon jetzt, wie er mich anschaute. Wie er mich Miss Lockwood nannte, anstatt Jolina. Wir könnten niemals eine Familie sein. Wir beide hegten einen Hass zueinander, den er anfing und ich nicht wusste warum. Ich könnte ihn niemals Onkel nennen. Ich war traurig darüber, aber es wuchs auch der Hass. Ein Teil unserer Familie wurde mir verschwiegen, seit ich ein Baby war! Vielleicht wäre jetzt alles anders, wenn Mr Haddington und ich uns früher gekannt hätten. Warum sagte Dad es mir all die Jahre nicht? Dad war ein Haddigton, bevor er den Namen von Mum annahm! Es war schrecklich das zu wissen! Auch in mir floss Haddingtonblut, obwohl ich es nicht wollte.

"Die Familie Haddington, Gardon und Lockwood sind von einem Fluch belegt. Die Verwandlung in einen Raben." Mr Haddington nahm einen Schluck Saft. "Meine Söhne Ezra und Liam haben ebenfalls den Fluch. Sie sind Zwillinge, weshalb sie beide den Fluch haben."

"Moment mal - " Ich stockte. "Ihr beide hattet also auch den Fluch?" Ich war fassungslos erstarrt. Warum wurde das mir das nicht früher bewusst? Dad und Mr Haddington waren die Fluchzwillinge (oder wie auch immer man das nannte) vor Ezra, Liam und mir!

Die beiden nickten.

Der Fluch übertrug sich also immer auf die eigenen Kinder. Wenigstens verstand ich einen Teil einer zu großen komplizierten Sache. "Warum unsere Familien?", fragte ich mit schief gelegtem Kopf.

"Es ist einfach so. Warum ist der Himmel blau?"

Ich grinste künstlich genervt. Ich hasste ihn.

"Es fing alles 1427 an. William Haddington war der Erste, der den Fluch hatte." In seiner Stimme floss stolz mit. "Er erzählte seinem Dad davon. Sein Dad wollte es erforschen und so wurden die Haddingtons Wissenschaftler. Die Haddingtons erzählten es dem englischen Königshaus. In der Zwischenzeit verliebte sich William in Silvana Gardon. Sie bekamen einen Sohn und an seinem 14. Geburtstag bekam er den Fluch von seinen Dad William Haddington. Der Fluch von William verschwand." Seine Augen waren unergründlich. "Man nannte diese Söhne Erwählte. Es klappte nur bei den Söhnen der Hadingtons und Gardons. Wir können es bis heute nicht erklären, warum bei diesen zwei Familien. Vielleicht hängt es mit den Genen zusammen und in früheren Jahren, das diese zwei Familien verwandt waren." Er faltete seine Hände zusammen. "Also man kann nur einen Erwählten bekommen, der von einem Erwählten Haddington und einer weiblichen Gardon gezeugt ist." Mr Haddington sprach mit weiterem Stolz weiter: "Die Haddingtons waren nun reiche Wissenschaftler, da die Königshäuser sie finanziell unterstützten. Der damalige König machten ein Gesetzt, das ein Erwählter immer eine Tochter der Gardons zu Frau nehmen muss und sie einen Sohn bekommen müssen. Es war das strengste Gesetzt, diese Regel zu beachten. Und so ging es all die Jahre weiter." Er warf Dad einen vorwurfsvollen Blick zu. Dad versuchte ihn zu meiden. Warum hassten sich diese Zwillingsbrüder so sehr? "Schließlich löste sich mit der Zeit die Macht der Könige auf und es entstand die Regierung und das Wissenschaftsministerium, für die wir heute arbeiten. Unseren Reichtum haben wir unseren Söhnen, die die Erwählten sind, zu verdanken."

Ich nickte langsam und hing gespannt an seinen Lippen. Das es den Fluch schon lange gab, faszinierte mich. Vor allem aber, dass sie es so lange geheim halten konnten. Amy hatte also damals in London recht, als wir über die Haddingtons und Gardons sprachen. Die Kinder mussten sich also untereinander wirklich heiraten und einen Erwählten bekommen. Sogar heutzutage noch. Wenn sie ein Mädchen bekamen, hatte sie also nicht den Fluch? Aber warum war ich dann, als Mädchen hier? Aber zuerst brannte mir eine andere Frage auf der Zunge. Mein Gesicht wurde auf einmal blass. "Ihr arbeitet also wirklich für die Regierung?" Mir blieb der Mund offen stehen. Also stimmten die Vermutungen der Menschen, das die Regierung dem Volk etwas verheimlicht. Ich dachte immer es wäre ein Mythos. Alleine schon der Gedanke daran war überwältigend. Und das hier ein ganzes Team forschte. Nur an dem Fluch. Auf einmal machten sich ganz andere Gedanken in mir breit. Wäre ich für sie ein Versuchskaninchen? Angst kroch in mir hoch und ich malte mir die schlimmsten Operationen aus, wie ich kreischend an einem Tisch gefesselt lag. Ich schüttelte den Gedanken ab. "Und wie lange muss ich hierbleiben? Wie lange werden Sie an mir forschen?"

"Fünf Jahre", sagte Mr Haddington, ohne Ausdruck in der Stimme.

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt