Aus Henry Harper's Sicht 2

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Das Gespräch beim Dinner bestand aus den Lockwoods. Dad beschloss auch Charles anzurufen, denn meine Familie war schon immer mit den Lockwoods sehr gut befreundet.

Jetzt musste ich den Kopf freibekommen. Ich sagte, ich müsse noch zu einem Schulfreund gehen, wegen eines Referates.

Es war ein kalter Samstagabend und die Straßen waren fast leer. Ich hörte irgendwo eine Mum ihre Kinder zum Abendessen rufen und einen Hund bellen.

Ich lief lange. Sehr lange.

Ich musste alles verarbeiten und schließlich gelangte ich an die Waldgrenze des Forests of Curses. Normalerweise hatte ich Angst vor den Northsidergangs, denn sie hielten sich oft in den Wäldern auf. Die Harpers waren Feinde von ihnen, da wir eine der ersten Siedler nach ihnen waren. Meine Vorfahren verjagten die Northsider und das nahmen sie uns nach Hunderten von Jahren immer noch übel. Meine Familie wurde ihres Geldes und dem Erfolg anerkannt. Auch ich in der Alhambra. Aber jede Familie, die Wert geschätzt wurde, wurden von den Northsidern gehasst. Vor zehn Jahren versuchten sie in unser Herrenhaus einzubrechen. Vier von ihnen wurden gefasst.

Ich setzte mich auf eine Bank und lauschte den wenigen Vögeln, die im Winter noch hier waren. Vor einem Jahr saß ich endlich mal alleine mit Jo hier auf dieser Bank. Solche Momente waren selten, wo man alleine mit diesem gefragtem Mädchen sein konnte, denn ständig war sie von der Menschenmenge umringt - und jetzt? - Jetzt mehr als jemals zuvor. Wollte sie das überhaupt? So wie es auf den Bildern aussah, ja.

Es war Sommer, als wir hier ein Eis am Stiel aßen und uns Horrorgeschichten über den Fogforest erzählten. Obwohl es am helllichten Tag war, das Gras hoch gewachsen war und die Bienen summten, lief uns ein Schauer über den Rücken. Ich lächelte bei dieser Erinnerung. Jo liebte Geschichten und Fantasie, das machte sie so süß.

Und jetzt saß ich hier alleine in einem dickem Mantel und träumte von dem Mädchen, das so unerreichbar für mich war...

Wir lernten uns schon im Kindergarten kennen und waren bis jetzt beste Freunde - für sie. Es machte mich wahnsinnig, dass sie gar nicht bemerkte, wie alle Jungs sie begehrten. Besonders ich.

Ich machte für einen kurzen Moment die Augen zu und erinnerte mich an den Sommertag:

"Komm schon Henry! Sei nicht immer so ein Schisser!" Jo sprang von der Bank mit ihrer viel zu kurzen Hose und ihrem weißem bauchfreiem Oberteil, während sie an meiner Hand zerrte.

"Na gut, okay." Ich rappelte mich auf und warf den Stil des Eises in den Mülleimer neben der Bank.

"Komm schon!", rief Jo, die schon im Forest of Curses verschwunden war. Sie lachte.

Ich rannte ihr hinterher und versuchte sie zu fangen. Sie war wirklich schnell. Wir lachten und verscheuchten die Vögel. Ihre langen welligen Haare wirbelten wild umher, als ein kalter Wind kam.

"Hast du Angst?", zog sie mich auf, als sie über einen umgekippten Baumstamm, der mit Moos bewachsen war, balancierte.

"Nö", log ich und wusste noch, wie ich rot wurde. Zum Glück konnte man das im Sommer auf die Hitze schieben.

"Du Lügner!", ärgerte sie mich und rannte weiter, bis sie abrupt stehen blieb.

"Was ist los?", fragte ich, als ich keuchend neben sie gelangte.

"Die Grenze", flüsterte sie und man hatte das Gefühl der Wind würde ihre Worte nachflüstern. Sie verdrehte ihre Augen, als ich nichts antwortete. "Na die Grenze zwischen dem Forest of Curses und dem Fogforest."

Der Rubin gegen den Smaragd Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt