Heute Mittag war es so weit. Ich hatte Dad gesagt, dass ich Anzeichen für das Piksen spürte. Er sagte, es sei die Vorwarnung meiner Verwandlung, wie ich sie auch vor ein paar Tagen bei uns Zuhause gespürt hatte, dort wo ich ohnmächtig geworden bin.
Es war ein später Nachmittag und die Kälte peitschte an meine Wangen. An einer kleinen kahlen Stelle der Wiese, wo kein Gras wuchs, sollte meine Verwandlung stattfinden, denn mich sollte niemand sehen, auch wenn jeder das Geheimnis kannte und sie Schweigepflicht hatten, konnte man nie wissen.
Ich hatte schreckliche Angst! Mit jedem Atemzug den ich machte, wuchs sie. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie mein menschlicher Körper sich zu einem Raben umwandeln konnte. Das war wirklich bizarr! Ich dachte an das unerträgliche Stechen. Wenn das erst die Vorwarnungen waren, wie wird dann die echte Verwandlung sein? Ich wollte mir den Schmerz gar nicht vorstellen.
Auf einmal musste ich in mich hinein lachen. Das It-Girl Jolina Lockwood hatte doch tatsächlich Angst! Seit ich den Fogforest mit Betty betrat, war das so! Warum?
Alle starrten mich an. Sie erwarteten, dass ich mich zu Boden stürzte und mich verwandelte. Dad, Mr Haddington, Professor Doktor Doktor Smith, Mr Jorge Robinson, drei weitere Butler und noch fünf andere Wissenschaftler hatten einen Kreis um mich gebildet. Ich saß mit angewinkelten Beinen auf der kalten Erde. Meine Arme hatten ich fest um meine Beine geschlungen. Ich spannte meinen Körper an, denn jeden Augenblick könnte es passieren. Ich hörte mein pochendes Herz, das ungleichmäßig gegen meine Brust schlug. Ich konnte das posierende Blut in meinen Adern hören und spüren. Auf einmal fühlte ich mich zerbrechlich. Wie ich da kauernd am Boden lag und alle mich erwartungsvoll anstarrten. Also stand ich auf, was nur schwer ging mit meinem Kleid. Vielleicht war es ein Fehlalarm.
Plötzlich spürte ich, wie ein stechender Schmerz sich in meinem Körper ausbreitete! Meine Hände umklammerten die Kette. Das Piksen reizte den Wachstum meiner Federn und meiner Rabenhaut an. Ich atmete tief ein und aus. "Du schaffst das!", wie Dad mir heute Morgen immer wieder eingetrichtert hatte. Es stach und stach! Für ein paar Sekunden war es noch auszuhalten, aber ständig wuchs der Schmerz! Ich krümmte mich und versuchte nicht zu weinen. Meine Augen waren gefüllt mit Tränen und meine Stirn war mit Schweiß übersät. Alle um mich herum redeten beruhigend auf mich ein. Aber es brachte nichts.
"Aaaaaaaaaaaaaaa!", kreischte ich. Ich presste meine Hände gegen meine Schläfen. Plötzlich bekam ich unermesslich starke Kopfschmerzen! Professor Doktor Doktor Smith hatte mir alles genaustens erklärt. Was als nächstes bei der Verwandlung folgte, aber ich konnte daran gar nicht klar denken. Ich kreischte und weinte! Schließlich fiel ich auf den harten Erdboden. Ich brüllte und kreischte! Ich konnte gar nicht mehr klar denken - außer an den Schmerz! Mein Gesicht war übersät mit Tränen. Das Schlimmste war, dass ich machtlos war. Ich konnte nichts dagegen tun! Jetzt brüllte ich vor Schmerz! Mein Körper verengte sich! Die Innereien meines Körpers verschoben sich! Ich brüllte laute Schreie aus! Ich konnte alles genaustens spüren! Jede einzelne Zelle meines Körpers schlug und pochte wie wild gegen meine Haut und Rippen! Ich lag auf dem Bauch und schrie krampfhaft! Ich weinte und brüllte, während sich meine verkrampften Finger in die Erde eingruben!
Mühsam richtete ich mich auf meine Knie. Aber mit einem Schlag wurde ich wieder zu Boden gedrückt! Die Schmerzen verstärkten sich! Ich weinte und schrie! Ich wollte, dass es aufhörte! Ich konnte nicht mehr! Es war ein zu starker Schmerz! Ich hielt es nicht mehr aus! Ich spürte alle Knochen, wie sie schrumpften, sich selbst brachen und verschwanden! Das Stechen wurde mit jeder Sekunde stärker und meine Kopfschmerzen hämmerten stärker den je gegen meinen Kopf! Mein ganzer Körper schmerzte! Jeder Millimeter war mit Schmerz ausgefüllt! Ich gab Gebrüll von mir! Auf einmal konnte ich meinen Körper nicht kontrollieren! Es war ein schreckliches Gefühl! Am liebsten würde ich ohnmächtig sein, um nichts von all dem ertragen und mitanzusehen zu müssen. Mein Körper zuckte unkontrollierbar, während sich die Knochen brachen! Mein Blut pochte im ganzen Körper und ich hatte das Gefühl meine Adern würden platzten!
Auf einmal flog mein schmerzender Körper etwa zwei Meter über den Erdboden. Er schwebte! Ich war zu schwach, um mich aufrecht zu halten und überhaupt realisieren zu können, dass ich jetzt in der Luft war!
Auf einmal pochte mein Herz zweimal so stark, sodass ich das Gefühl hatte, es sprang heraus! Es waren zwei kräftige Schläge die meinen Körper zwei mal ruckartig nach vorne rissen! Der dritte Schlag war am mächtigsten und stärksten! Mir wuchsen langsam Flügel, die sich mit grauem Staub bildeten! Ich brüllte wie niemals zuvor!
Dann verwandelte ich mich, während ich mich um mich selbst drehte und schwarze Formen, pechschwarze Federn und grauer Staub um mich herum kreisten.
Mein Körper bildete sich in die Form eines Rabens. Das Stechen wurde noch ein einziges Mal verstärkt, während sich meine Rabengestalt mit einer Haut überzog und mir dichte Federn wuchsen. Ich brüllte vor Schmerz. Dann drehte ich mich einmal ruckartig um mich selbst, immer noch schwebend. Meine Rabengestalt wirbelte in dem grauem Staub. Ich spürte noch kurz ein stechen in meinen Augen. Dann fiel ich zu Boden.
DU LIEST GERADE
Der Rubin gegen den Smaragd
FantasyDiese Geschichte handelt von einem beliebten Mädchen in ihrer Kleinstadt Cursetown. Jolina Lockwood, die mit einer außergewöhnlichen Schönheit beschenkt wurde. Ihr Leben stellt sich völlig auf den Kopf, als ihre Mum bei einem Autounfall ums Leben ko...