11

168 25 9
                                    

Arndt deutete ein Nicken an, das jedoch so unkontrolliert wie das eines Betrunkenen wirkte. Er schwankte. Melinda griff nach seinem Oberarm. Als sie sicher war, dass er ihr nicht jeden Augenblick vor die Füße kippte, legte sie ihm die Hand auf die schweißnasse Stirn.

„Mann, heiß wie 'n Backofen. Du hast Fieber mein Bester!"

Sie sah sich um. Am Waldrand, fünf Schritte entfernt, stand eine verwitterte Bank.

„Setz dich dahin. Ich frage Bullerjahn, ob er mir seinen Wagen leiht. Du gehörst ins Bett, mit Tee und Wärmflasche."

Arndt schien durch sie hindurch zu sehen.

„Wurstschorle, da drinnen schenken sie Wurstschorle aus! Sie wollen uns vergiften ...!" Er fantasierte.

Melinda lief zu den Streifenwagen hinüber, stellte sich kurz vor und bat Bullerjahn um ein kurzes Gespräch. Er ignorierte sie einfach.

„Das sind die Kollegen Kerner und Aust." Bullerjahn schlug den Beamten väterlich auf den Rücken.

„Das ist Herr Dressler, der Revierförster. Er hat die Leiche entdeckt."

Leiche? Welche Leiche? Melinda wusste nicht wovon Bullerjahn sprach. Und dieser Revierförster, er sah so gar nicht nach einem Revierförster aus, jedenfalls nicht so, wie Melinda sich einen Förster vorstellte. Lodenjacke, olivgrüne Allwetterhose, Wanderstiefel und der typische Jägerhut. Herr Dressler trug eine Jeans, Lederstiefel, kariertes Hemd und eine Steppweste. Dazu sah er auch noch blendend aus. Sie lächelte ihn zaghaft an, er lächelte zurück.

Jetzt spürte Melinda Bullerjahns Hand auf ihrer Schulter.

„Meine Kollegen Holler und Sieben werden den Fall übernehmen. Wissen sie, ich arbeite nämlich nur noch halbtags." Betretenes, unverständiges Schweigen.

Melinda sah zu Arndt hinüber. Wie schief er auf der Bank saß! Nur noch einen Augenblick und er würde herunter rutschen.

„Mattias, kann ich ihren Wagen kurz haben? Arndt geht's dreckig. Er hat Fieber, fantasiert von irgendwelchen Hexenhäusern und Wurstschorle."

Bullerjahn zog den Autoschlüssel aus seiner Hosentasche und reichte ihn ihr. Das hatte schon mal geklappt. „Bin gleich wieder hier!"

„Wir warten sowieso noch auf Didi Helmholtz von der Spurensicherung. Sollten wir nicht mehr hier sein, sie finden uns oben hinterm Hochwasserbehälter. Einfach den Weg immer geradeaus gehen. Hinterm Wildgatter den Trampelpfad links in den Wald.

Jetzt musste sie den dunklen Weg also doch noch gehen. Genau so gut konnte sie aber auch Bullerjahns Wagen nehmen. Sie ging zurück zu Arndt, griff ihn unter den Armen und half ihm auf.

Bullerjahns Wagen war ein echtes Liebhaberstück. Der rechte vordere Kotflügel und die Motorhaube waren irgendwann einmal ersetzt worden. Sie waren blau, der Rest des Wagens rot lackiert. Es gelang Melinda nicht sofort, die Beifahrertür zu schließen und den Wagen anzulassen. Auch ihr Gurt klemmte und wollte sich nicht abrollen lassen, also fuhr sie unangeschnallt los. Arndt hing schlaff in seinem Sitz, bei jeder Unebenheit der Straße schlug sein Kopf gegen das Glas der Beifahrertür. War es richtig was sie hier tat? War er im Krankenhaus besser aufgehoben, schließlich war es nur einen Steinwurf von hier entfernt. Andererseits, war es wirklich notwendig? Eine Grippe, wenn es denn eine war, konnte man auch zu Hause auskurieren. Melinda dachte an Zippo, und dass er schon so viele Stunden allein in der Wohnung verbracht hatte. Sie hoffte, dass es ihm gut ging.

Sie parkte den Wagen direkt vor dem Eingang des Gästehauses. Arndt machte nicht den Eindruck, dass er den Weg vom Präsidiumsparkplatz zur Wohnung allein schaffte. Und tragen konnte sie ihn nicht! Gerade als sie den Schlüssel aus der Jacke ziehen wollte fiel ihr der Zettel auf, den jemand mit einer Reißzwecke an die Haustür geheftet hatte. In einer blumigen Mädchenschrift hatte jemand eine Botschaft hinterlassen.

Pilzgericht (Krimi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt