Die Plastiktüte mit Beas Kuchen und der kopierten Akte lagen schwer auf ihrem Schoß, in der Manteltasche drückte die Baretta 92 gegen ihren Oberschenkel. Melinda hatte sie in der hintersten Ecke der Asservatenkammer zusammen mit 200 Schuss Munition gefunden. Laut Inventarliste, die Ebert 1982 eigenhändig unterschrieben hatte, wurde die Waffe während einer Hausdurchsuchung im Rahmen einer Ermittlung gegen organisierte Kriminalität im Rotlichtmilieu sichergestellt. Es würde noch sehr viel Wasser die Söse hinabfließen bis irgendjemand den Verlust feststellte, da war sich Melinda sicher.
Arndt steuerte seinen Wagen durch die überfrorene Innenstadt. Er musste langsam fahren. Die Eiskristalle auf der Fahrbahn glitzerten bedrohlich. Auf der Rückbank stapelte sich all jene von Melindas Habseligkeiten, welche nicht mehr in den Kofferraum passten. Ein großer Koffer, zwei Reisetaschen, eine ausladende Zimmerpflanze, ein riesiger Karton voller Bücher und Zippo, der sich mit einem schmalen Platz hinter dem Beifahrersitz begnügen musste. Das Fahrrad, welches sie in Elke Schraders Schrebergarten hinter der Hütte entdeckt hatte, konnten sie nicht mitnehmen. Melinda wollte es an einem der nächsten Tage abholen.
Sie erreichten die Pizzeria, deren Rollos heruntergelassen waren. Heute Ruhetag stand auf einem Schild.
»Ein Wunder, dass sie dein Gogomobil noch nicht abgeschleppt haben!«
Melindas Blick verfinsterte sich.
»Du nennst meinen Fiat 126 ein Gogomobil? Okay, er ist klein, dafür feuerrot, rot wie die Rebellion!«
Sie hielt ihm ihre gereckte Faust vor die Nase.
»Unterschätze niemals die Kraft der kleinen Dinge und die der kleinen Leute schon garnicht! Kapiert?«
Arndt runzelte die Stirn. Er war sich nicht sicher, ob er Melindas Worte verstand. Ohne Erwiderung stieg er aus und begann die Taschen und Koffer aus dem Wagen zu tragen. Nacht nicht einmal zehn Minuten hatten sie Arndts Wagen ausgeladen und Melindas Wagen eingeräumt. Täuschte der Eindruck oder hing die Karosserie ihres Fiats wirklich so tief? Den Fahrersitz musste sie ganz nach vorn schieben. Sie konnte sich gerade noch hinter das Lenkrad klemmen und die Gangschaltung bedienen. Die handtellergroßen Blätter ihrer Pflanze hingen ihr ins Gesicht, eine Kofferecke stach ihr in die Seite. Im Nacken spürte sie Zippos feuchte Schnauze. Arndt erschien an der Seitenscheibe und kratzte mit dem Finger ein Peace-Zeichen in die dünne Eisschicht. Melinda wollte die Scheibe herunterkurbeln, doch sie klemmte, also öffnete sie die Tür noch einmal, drückte Arndt die Magnetkarte für die Asservatenkammer in die Hand und tätschelte ihm flüchtig den Arm.
»Du willst das wirklich durchziehen? Es ist schweinekalt nachts.«
Melinda verzog den Mund.
»Danke Papi, ich kann auf mich aufpassen! Wir sehen uns zum Essen bei Bullerjahn!«
Sie zog die Tür zu, die nicht sofort schloss, so dass sie noch ein drittes und ein viertes Mal, nun aber kräftiger ziehen musste. Verdammte Kiste! Auf den Schrott mit ihr! Wozu habe ich ein Fahrrad?
Melinda startete den Motor und stellte die Lüftung auf warm. Es dauerte eine ganze Weile bis auf der Frontscheibe ein ausreichend großes Sichtloch aufgeschmolzen war. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie zur Sparkasse gehen und die 1000 Euro für den Garten abheben wollte.
Sie stieg noch einmal aus, flüsterte Zippo ein paar beruhigende Worte zu und lief hinüber zum Bankautomaten, der sich gleich hinter dem großen Kundenparkplatz befand. Als sie die Filiale wieder verließ, war sie tief in Gedanken versunken. In der Hosentasche steckten zehn Einhundert-Euro-Scheine. Ganze 400 Euro und ein paar Zerquetschte waren noch auf ihrem Konto. Wie zur Hölle sollte sie mit den paar Piepen über die nächsten Wochen kommen?Den Weg bis zum Stadtpark und zum Gymnasium kannte sie bereits. An der Schachtruppvilla fuhr sie durch den Kreisel und bog in Richtung Johannesvorstadt ab. Einmal fuhr sie in eine falsche Gasse und musste umständlich wenden. Eine ältere Frau mit Kopftuch zeigte ihr den Weg zur Krankenhausgasse und den Schrebergärten an der alten Stadtmauer.
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Pilzgericht (Krimi)
Детектив / ТриллерDer zweite Fall für Holler & Sieben. Eine Tote im Pilzkorb, ein verliebter Förster, ein mysteriöses Phantom, ein Wald voller Geheimnisse und eine Vergangenheit, die einfach nicht ruhen will. Für Holler und Sieben kann es nur heißen: Zähne zusammen...