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Wer war der Kerl in dem schäbigen Ford Fiesta? Ihr Bruder? Ein Kollege? Vielleicht ihr Freund? Doch weshalb hatte sie ihm dann ihre Nummer gegeben? Weshalb hatte sie nicht auf ihn gewartet, so wie sie es verabredet hatten?

Jan Dressler schlug mit dem Handballen auf das Lenkrad, wieder und wieder bis ihm das Handgelenk schmerzte. Was dachte sich diese miese kleine Kommissarin eigentlich, dass sie ihn so an der Nase herumführte? Er hatte ihr den Tisch gedeckt, Kuchen gekauft, Kaffee gekocht, ihr verliebte Blicke zugeworfen, und was tat sie? Sie ließ ihn heute Abend einfach abblitzen. Dressler griff nach dem Handy in der Ablage, wählte ihren Kontakt und begann, ihr eine Nachricht zu schreiben. Wütende Worte, empörte Fragen, aufgebrachte Unterstellungen. Dann löschte er alles wieder und begann von vorn.

Weshalb hast du nicht gewartet? Habe ich etwas falsch gemacht?

Zwinkertanne. Lachendes Eichhörnchen.

Absenden.

Die weinerliche, zweifelnde Tour war die eindeutig bessere Variante. Sie appellierte an ihr schlechtes Gewissen, weckte ihre Muttergefühle, lockte sie aus der Reserve. Jan Dressler, der Hilfsbedürftige, der ungeliebte, arme Kerl mit den viel zu früh verstorbenen Eltern.

Plötzlich überkam ihn die Lust, zum Hochsitz hinaufzufahren, das Gewehr zu laden und ohne Nachzudenken in die Dunkelheit der Waldschneise zu ballern. Er atmete tief durch, startete den Wagen und fuhr hinunter zum Försterhaus mit seinen ungelüfteten Räumen, den Schimären seiner verstorbenen Eltern und der vielen, vielen Asche unter den Birken am Rande des Gartens.

Pilzgericht (Krimi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt