43

65 11 9
                                    

»Ein letztes Mal gemeinsam am Frühstückstisch..!«

Es war bereits nach zehn und Melinda trank schon die zweite Tasse Kräutertee, als Arndt bleich und mit verquollenen Augen in die Küche geschlichen kam.

»Setz dich, wir haben einiges zu besprechen bevor sich unsere Wege trennen!«

Wie konnte Melinda nach einer so kurzen Nacht dermaßen gut drauf sein? Arndt rieb sich die Augen, zog sich das verknitterte T-Shirt über den haarigen Bauch und setzte Wasser für den Kaffee auf.

»Erstens, ich ruhe erst, wenn Stellas Mörder gefunden wurde.«

Der Deckel der Kaffeedose schlug mit einem blechernen Knallen auf den Boden und rollte vor Melindas Füße.

»Zweitens, ich will mit dir über den Wandersmann reden!«

Melinda bückte sich nach dem Deckel und warf ihn Arndt zu, der ihn um ein Haar verfehlt und beinahe wieder fallengelassen hätte.

»Drittens. Dr. Rose erzählte mir von einem Archiv, das Christiansens Vorgänger, der alte Ebert, von dem auch das Bild in deinem Büro stammt, angelegt haben soll.«

Arndt häufelte Kaffeemehl in den Filter und sah dem Wasserkocher zu, wie er das Wasser zum Sprudeln brachte. Melindas Verhalten gefiel ihm gar nicht. Nicht dass er nicht gern über all das mit ihr reden wollte, was sie ihm listenartig heruntergerattert hatte, doch ihre Stimmungsschwankungen bereiteten ihm Sorgen. Mal hing sie wie ein Schluck Wasser in der Kurve, unfähig auch nur den einfachsten Gedanken auszuformulieren, dann wieder war sie unglaublich auf Zack und überforderte ihn mit ihren geistesgegenwärtigen Plänen, Vorhaben und Ideen. Der heutige Morgen war ein solcher Tag.

»Und viertens, hast du an die Waffe gedacht?«

Arndt zuckte zusammen und hätte sich beinahe heißes Wasser auf die Hand geschüttet. Okay, er hatte verstanden, sie mussten dringend reden. Er holte die Milch aus dem Kühlschrank und färbte den Kaffee in seiner Tasse hellbraun.

»Und fünftens?«

Er sah sie belustigt an, während er sich zu ihr an den Tisch setzte.

»Wie fünftens? Nichts fünftens! Das war's!«

Arndt beugte sich zu seiner bis zum äußersten Rand gefüllten Tasse hinunter und begann den Kaffee abzuschlürfen.

»Wir haben etwa eine Stunde. Um zwölf treffe ich mich mit Mattias und Skagen. Wir wollen sehen, was wir noch reißen können, bevor die Kollegen aus Hannover den Fall übernehmen.«

Jetzt war es Melinda, die lächelte.

»Ihr wollt die Akte frisieren?«

Arndt verwischte mit dem Zeigefinger einen Kaffeefleck auf dem Tisch.

»Ich will mal so sagen: wir werden alles unternehmen, um den geleckten Heinis aus der Landeshauptstadt die Show zu stehlen. Unser Fall, unsere Ermittlungen. Ist schließlich eine Frage der Ehre!«

Seine Worte gefielen Melinda. Arndt hatte seine Zögerlichkeit, seine Angst, seine Selbstzweifel, die ihn nach der Entführung gequält hatten, überwunden, während sie selbst keine Gelegenheit ausließ, sich mit geeigneten Substanzen aus der Wirklichkeit zu beamen, einer Realität, in der sie hauptberuflich an ihrem Trauma herumknabberte.

»Also, Punkt eins ...«

Trotz aller Müdigkeit nahm Arndt das Gespräch in die Hand. Noch etwas, das Melinda verblüffte, hatte sie sich doch daran gewöhnt, ihm bei Diskussionen jedes Wort aus der Nase ziehen zu müssen.

»Du quittierst den Polizeidienst, willst aber dennoch Stellas Mörder finden. Wie stellst du dir das vor?«

Melinda puhlte sich mit den Fingern einen Kräuerkrümel von der Unterlippe.

Pilzgericht (Krimi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt