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So schnell der Kuss begann, so schnell hörte er auch auf. Zu groß war die Gefahr und die Angst, dass uns jemand sah. 

Shawn steuerte einen kleinen Eiswagen an, während wir weiter um den Teich im High Park liefen. Seine Hand lag weiterhin um meine Hüfte. 

'Ich gehe' meinte ich und ließ Shawn kurz stehen. Vor mir standen noch ein kleines Mädchen, ein junges Paar und ein älterer Herr. Gedankenversunken bemerkte ich gar nicht, wie ich an der Reihe war.

'Und was bekommen Sie ?' forderte mich der junge Mann hinter der Kühltheke nochmals freundlich auf.

'Oh, Entschuldigung. Ich nehme eine Kugel Straciatella und eine Kugel Haselnuss, jeweils im Becher bitte' schüttelte ich meinen Kopf und er nickte.

'Bitte sehr. Das macht dann Zwei Dollar Vierzig'

Ich nahm einen Fünfdollarschein aus meiner Handyhülle und gab ihm ihn, während ich das Eis in der anderen Hand entgegen nahm.

Ich hätte auch Eis im Hörnchen genommen, aber erstens beschmiere ich mich dabei immer und das Eis zu essen hatte für mich einen ähnlichen Effekt wie das Essen einer Banane. Don't blame my dirty mind.

Als ich das Wechselgeld in meiner Hosentasche verschwinden lassen hatte drehte ich mich zu Shawn, der plötzlich in einer kleinen Traube Menschen stand. Wie schnell ging das denn jetzt ? ich stand ja allerhöchstens seit drei Minuten hier.

Ich hielt etwas Abstand von der Menge, ich wollte weder erkannt werden noch in Gerüchte geraten. Also nahm ich auf einer Bank etwas abseits des Trubels Platz. Mit meinen zwei Eisbechern musste das zwar ziemlich komisch aussehen, aber die Leute achteten ja eh nur auf Shawn. 

Ich checkte etwas mein Instagram, während irgendwie immer mehr Menschen aus den Ecken des Parks strömten. Die Masse reichte nun sicherlich bis zu mir, und ich war schon echt ein Stück gelaufen. Etwas nervös stand ich auf und suchte mir die nächste Bank um die Ecke. So viele Menschen, und Shawn hatte soweit ich weiß keinen Bodyguard dabei.
Ich öffnete Twitter und sofort wurden mir zig Tweets angezeigt.

OMG, @ShawnMendes ist im High Park am Teich !  war der häufigste. Etwas panisch sah ich mich um, wieder liefen zwei junge Mädchen an mir vorbei, aufgeregt kichernd. 

Nervös stand ich auf, wollte kurz nur sehen, wo Shawn war. Von hier sah man nichts, außer Köpfe und noch mehr Köpfe. Ich stellte die Becher neben mich auf die Bank, dann stellte ich mich selber auf das Holz. Inmitten der Masse stand Shawn, die Sonnenbrille abgenommen und die Kapuze abgesetzt. Die Menschen drängten sich immer näher an ihn, er konnte kaum seinen Arm ausstrecken, um das Foto zu schießen. Etwas gestresst fuhr er sich durch die Haare. 

Shawn liebte seine Fans, dass wusste jeder, und ich wusste, dass es ihm wichtig war, sie glücklich zu machen. Aber ich wusste, dass das hier grad Ausmaße annahm, die nicht mehr angenehm waren. Er fühlte sich bedrängt und eingeengt. Sein durch die Haare fahren, die für Menschen, die ihn nicht kannten kaum auffallende Stressfalte zwischen seinen Augenbrauen. Das häufige Blinzeln und das schnelle Atmen verriet es mir. Das hier musste aufhören. 

Ich war kurz davor, von der Bank zu springen und Shawn da irgendwie heraus zu ziehen. Ich wusste, dass ich das wahrscheinlich nicht schaffen würde, aber das war mir egal.
Doch da trafen seine braunen Augen meine. Sie blitzten besorgt auf, dann sah er wieder weg. 

'Okay, Stop', hörte ich ihn rufen, 'Leute, ich liebe euch, und ich würde wirklich gerne mit jedem von euch ein Foto machen, aber ich muss jetzt wirklich weiter ! Wir werden uns bestimmt wieder sehen ! Bitte geht jetzt !' Freundlich aber bestimmt.

Nach und nach löste sich die Traube auf, einige sahen enttäuscht auf oder stöhnten auf. Die zwei Mädchen, die vorhin schon an mir vorbei waren, blieben trotzdem noch so lange stehen, bis Shawn dann doch ein Bild mit ihnen machte. Als die beiden dann auch endlich weg waren, nahm ich die Becher und ging schnell zu Shawn.

'Es tut mir Leid' meinte er leise und blickte zu Boden.

'Alles gut' flüsterte ich. Doch es war nicht alles gut.

'Nein, ich sehe doch, wie es dir geht' bemerkte er sanft und hob mein Kinn an.

'Ich dachte, sie erdrücken dich' platzte er aus mir heraus und meine Stimme brach. Erst jetzt nahm ich war, wie schwer die Situation doch auf mir lag. Ich hatte mir ernsthafte Sorgen um Shawn gemacht.

'Scht, Isla. Es ist alles gut. Es tut mir Leid. Mir geht es gut. Alles wird gut' murmelte er in mein Haare, während er mich an sich zog und mir immer wieder Küsse auf die Stirn drückte. Das Eis hatte ich fallen gelassen. Es war mittlerweile eh geschmolzen.

Toxic (Shawn Mendes)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt