Heute Unehrlichkeit

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Ein Thema worüber ich seit Monaten eigentlich schreiben könnte. Ein Thema ,dass für mich so schwer ist, dass ich nicht weiß, wie ich anfangen soll. So voller Leid und Wahrheit, was es noch viel schlimmer macht. Das Thema, was mich in den Spiegel sehen lässt und in Tränen ausbrechen lässt. Gedanken und Situation, die mich anekeln, über die ich gerne schreiben würde, es aber zurück halte. 


Ich versuche ehrlich zu sein, eigentlich für mich selbst und über mich selbst. Ich kritisiere eigentlich mich selbst damit. Vor weniger als einem Jahr musste ich für die Schule ein Portrait schreiben, beschreiben. Ich sollte mich durch das gemalte Portrait beschreiben. Genau zu der Zeit als alles zerbrach. In der Zeit in der ich zerbrach. Der Moment meines Unterganges. 

Ja manche würden sagen, eigentlich viele würden sagen, dass ich übertreibe. Und desto mehr das sagen oder wenn es die wichtigsten Personen sagen, desto mehr verstehe ich, wieso mein eigener Vater einen Kreis um sich herum hat. Einen engen Kreis, denn ich jetzt nicht erklären kann, denn desto mehr ich schreibe, desto mehr Gedanken kommen, desto mehr vergesse ich was diese mit dem Thema zu tun haben. 


In dem Portrait erklärte ich, erzählte ich und sprach zum ersten Mal das aus wovor ich solche Angst habe.
Die Angst, dass ich selber unehrlich werde. Ich kenne die genauen Zeilen nicht mehr aber ich kann mich an den Gedanken erinnern. Der, der mich voller Scham hat aufschauen lassen, der, der mich in die Knie zwingt.


Vor drei Jahren ungefähr als wir uns in der Klasse vorstellen mussten nahm ich die lebensfrohe Lucia. Eine Person hat sich vertauscht und sagte laut die lebensmüde Lucia. Wir fanden es lustig denn alle dachten dies. Wenn sie mich jetzt mehr sehen würden, dann würden sie wahrscheinlich den Unterschied zwischen lebensfrohe und lebensmüde Lucia sehen. 


Diese Unehrlichkeit, vor der ich mich so fürchte, war vor einem Jahr noch ein Schatten, der mich verfolgte, ganz langsam und ganz leise. Jetzt ist es das Monster geworden vor dem ich konstant wegrenne , welches immer wieder nach meinen Beinen greift und mich zu sich zieht. Alle Schrammen und Verletzungen habe ich dieses Jahr von diesem Monster und anderen bekommen. 


Heute und seit diesem neuem Schuljahr sind alle teilweise besiegt und nur noch dieses eine Monster bleibt und macht mich mental fertig. Und ich kann nicht mehr wegrennen.
Vor ein paar Monaten hatte es mich letztendlich tatsächlich zwischen seinen Krallen.
Am Anfang habe ich es schon erklärt, ich kritisiere hier mich selbst, jedes einzelne Kapitel ist eine Kritik über mich selbst und der ganzen Menschheit. Und selbst meine Lehrerin erklärte mir: „Schreib, egal was die anderen sagen." 


Doch genau das ist das Problem. So etwas zu sagen, ist sich recht zu fertigen und ich denke nicht ,dass meine Texte dies nötig haben.
Niemand hat sich hier angeklagt zu fühlen, nur vielleicht verstanden, der Text soll helfen und niemanden außer mir Selbst als Kritik dienen. 


Wenn ich meine Texte verteidigen muss, mich selbst auch, und mich auch noch entschuldigen muss, würde das ja bedeuten schuldig zu sein. Was ich aus meinen Augen nicht bin.
Das heißt, dass die Texte, die ich schreibe , weil ich ehrlich mit mir sein will, dazu führen, dass ich unehrlich bin. Etwas was ich mehr als alles andere verabscheue und hasse. Und anstatt mich selbst zu lieben, ekele ich mich selbst an und hasse mich selbst. Was nicht mein Ziel war. Ich denke, dass ich deshalb so still geworden bin. 

Nicht weil alles gut ist, das auf jeden Fall nicht. Nur das ich Angst habe durch diese Texte noch unehrlicher zu werden, da lasse ich es lieber sein.
Doch nach Gesprächen mit Leuten die vielleicht nicht objektiv sind oder zu sehr. 

Mit Stunden des Leides habe ich beschlossen dieses Kapitel zu schreiben. Denn eins weiß ich sicher, dieses Schreiben muss weiter gehen. Für mich persönlich müssen diese Kapitel meine persönliche Meisterwerke werden. 


Diese Unehrlichkeit schleppe ich seit diesem Tage mit mir herum. Mein eigener Ballast, der mich noch schwerer macht. Noch unglücklicher und noch einsamer.
Und auch jetzt noch ist mein Herz schwer, irgendetwas fehlt. 


Ein Beispiel zum Beispiel?


Das Leute mir sagen, sie stimmen mir nicht zu? Finde ich, ist ihr Recht und soll auch so bleiben.
Leute, die Kritik ausüben? Nur zu, nur so kann man sich besser.
Leute, die mir ihre Sicht erklären? Das wünsche ich mir sehr.
Einen Diss, weil sie sich angegriffen fühlen? Einen Diss der mich so runtermacht, damit ich verstehe, dass ich Ihnen unabsichtlich wehgetan habe? Weil ich so unehrlich bin? Der Vorwurf unehrlich zu sein, weil ich doch ehrlich war? Einen Gegenangriff auf einem Angriff der nicht existiert, meiner seist?
Ein Kontern das dazu führt das ich mich selbst verabscheue? Ist das eures Recht?


 Das soll eine weisere Person entscheiden. 


Soll ich mich aber wirklich so schlecht fühlen, dass ich mich nicht mehr traue irgendetwas zu scheiben? Soll ich so voller unehrlichem Scham sein, dass ich das Gefühl habe, mir wird die Meinungsäußerung verboten?
Soll ich mich tatsächlich wie eine Person des achtzehnten Jahrhunderts fühlen?
Zensiert? Ins Exil geschickt? Von Staat und Kirche gehasst? Soll ich mich wirklich so fühlen wie eine Person ohne Rechte? 


Eine Person die sich nicht äußern kann, lebt normalerweise in einer Art Diktatur. Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine Person sein würde. Mein Führer? Bin ich anscheinend selbst, also das soll ich auf jeden Fall glauben. 


Ich klage niemanden an, niemand soll sich schuldig fühlen aber kurz vor dem Tod schreit jeder Gefangener noch einmal aus Frust , Leid und Scham. Ein Schrei der Befreiung der Sense. 


Kevin stirbt, denke ich, er ist bestimmt im Koma und muss sich entscheiden. Er hat keine Kraft mich rauszuholen genauso wie ich ihn nicht rausziehen kann. Und doch wünsche ich mir er wäre der Prinz der mich von dieser eigenen Diktatur befreien würde. 

 
Ich habe nämlich das Recht kritisch zu Schreiben, solange ich nicht offen eine Person angreife. Laut meines Erachtens habe ich es nicht getan. Und die Kapitel, die vielleicht tatsächlich etwas persönlicher waren, und auch da hoffe ich habe die vollen Namen weggelassen, wenn nicht tut es mir schrecklich leid, sind weg. 


Aber eigentlich war diese Situation nicht das Problem, auch nicht der Diss. Sondern den Schaden den es bei mir hinterlassen hat. 


Unehrlichkeit 


Egal was ich tue, sage, denke, ich zweifele alles an. Ich kann mir von nichts mehr sicher sein. Ich bin mir selbst nicht mehr sicher und ich habe dann Angst. Und täglich mit Angst zu leben ist nicht gut. Diese eine offensichtliche Situation hat mir alle anderen nochmal offener gezeigt. Die davor und die danach.


Nur das eins klar ist, die Leute, die Auslöser sein könnten in allen Kapiteln, die Ehre ich, die Liebe ich, die brauche ich oder und ich bewundere sie. Denn sie sind meine Welt, mein Staat, meine Religion und meine Menschheit. 


Und wieder ist das nicht das Problem. Sie brauchen an nichts zweifeln.
Und niemand sollte mich zum Zweifeln bringen.
Ich möchte ehrlich bleiben, sonst werde ich zur Lügnerin. Die erste Person, die ich anlügen würde, bin ich selbst.
Ich sehe nicht ein, dass man mich zu unrecht bestraft und mich so zwingt, um ehrlich zu sein, unehrlich zu werden. Unehrlich mir gegenüber.

Wie fühle ich mich? Nicht besser, ich weiß nicht wie lange ich brauchen werde. Ich fühle mich wie Hans, Unterm Rad von Hermann Hesse.
Ich fühle mich als würde mein Herz endlos lange bluten, mein Gesicht fühlt sich ohne Muskeln an, keine Grund zu lächeln oder lachen, obwohl der Gedanke mich zum lächeln bringt. 


Früher vor einem Jahr hatte ich wenigstens noch gute Noten und mehr Spaß obwohl alles kaputt ging und obwohl ich ein Hund und eine Familie habe, ein paar Freunde, auch wenn es auch da speziell ist, fühle ich mich so als würde ein Grund fehlt. Er fehlt schon seit längerem nur ,dass dieses Schuljahr auch noch der Erfolg fehlt, und somit fehl immer mehr auch der Grund und die Kraft weiter zu machen. 


Egal wem ich es sage, verstehen tuen es aber trotzdem nicht viele aus meiner eigenen Menschheit. Um ehrlich zu sein, ich weiß ich bin nicht die einzige, die so fühlt, ich denke auch nicht das ich jemand spezielles bin oder so. Um ehrlich zu sein ist das auch egal. Es ist alles egal.
Das wichtigste von allem ist, dass ich wieder ehrlich bin. Mit mir selbst und somit mit allen.
Keiner darf mir verbieten ehrlich zu sein. Das darf man schon seit dem achtzehnten Jahrhundert nicht mehr. Das nennt man heute Meinungsfreiheit und ich halte mich an dieses Recht.

Mein SchmerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt