Heute Verwundet

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Mein Herz pocht schmerzhaft gegen meine Brust. Mein Gesicht fühlt sich angespannt an und doch ist es mir unmöglich meine Gesichtsmuskeln ein Lächeln abzuringen. Es gibt keine Motivation für mich zu lächeln. Es ist einfacher es nicht zu tun. 

Sie meinen Sie würden mich abholen, falls ich es nicht aushalten sollte. Es hat noch gar nicht angefangen und schon habe ich das Gefühl von großen, dunklen Schatten eingesperrt zu werden. Falls ich es nicht mehr aushalte? Es hat noch gar nicht angefangen und ich möchte schon wieder abgeholt werden. Doch nirgendwo, wo man mich hin fahren könnte, würde es die Realität ändern. Nur kurze Pausen kann man einsetzten. Nur kurz kann man der Realität entfliehen und doch ist der Schmerz danach stärker. 

Es ist traurig zu sehen, wie schnell, nach einer Pause, alles wieder kommt, als wäre nichts dazwischen passiert. Als hätte ich zwischen durch nicht vergessen, welche Kämpfe ich noch fechten werde. Die Bewussten und Unbewussten.

Ich bin unendlich müde und ich habe noch so viel zu überleben. Ich frage mich wie ich es immer geschafft habe zu sagen, dass dieses Jahr gar nicht so schlimm war. Jedes Jahr auf neues erlebe ich Schläge, die das Jahr eigentlich kaputt hätte machen können doch stattdessen habe ich immer gedacht, wie viel ich dieses Jahr wieder durch die Schicksalsschläge gelernt hatte. 

Dieses Jahr wird es wohl wieder das Gleiche sein. Langsam aber sicher habe ich aber keine Lust mehr darauf. Ich weiß, dass es das ist, erwachsen zu werden und alt zu werden. Trotzdem macht es das nicht leichter.

Ja manchmal fühlt es sich an wie zu ertrinken.

Manchmal fühlt es sich an wie ersticken.

Manchmal möchte ich einfach schreien und alles um mich herum kaputt machen aber die Personen, die der Auslöser sind, sind nicht da um es zu sehen. Außerdem ist es nicht ihr Problem. Nur ich bin so dumm, wegen ihnen zu leiden. Ich weiß selbst auch nicht wieso ich es tue. Wieso ich mich für dumme Sachen ausreiße, die nichts bedeuten, die nichts meinen und auch nichts meinen werden. 

Wieso ist alles was ich manche immer so voller Bedeutung und Drama?

Weil ich es aus Gefühlen herausmachen. Weil die Personen, die so etwas auslösen, die Personen sind, die ich liebe. 

Ist es dumm? So ziemlich, kann ich es ändern? Vielleicht. Möchte ich es ändern? Nein, ich möchte, dass diese Personen mir helfen, mich retten.

Ist das töricht? Ja. 

Ein Teil von mir ist masochistisch und möchte einfach nur leiden. Dieser Teil möchte gar nicht, dass die Zeiten besser werden oder zu mindestens besser als geplant. Kein Plan, wieso ich mich selbst so bestrafen möchte. Vielleicht, damit ich durch den Schmerz aufhöre diese Leute so sehr zu liebe. 

Vielleicht leide ich nicht aus den Gründen, die ich dachte, sondern einfach, weil ich diese Personen zu sehr liebe.

Starke Liebe konsumiert einen bis hin zur Asche. "Liebe heißt zerstören" (City of Bones, Cassandra Clare).

Ich wusste schon länger wie wahrhaftig dieser Satz ist. 

Ich dachte immer ich sei diejenige in meinen Freunden und in meiner Familie, die unstabil sein würde, psychologisch. Niemals hätte ich gedacht, dass ich die Stärkere sein würde oder auch sein muss. Beides ist gleich schwer. Egal ob man mir das glaubt oder nicht.

Aber es ist schwer stark für andere zu sein, obwohl man selbst zusammen brechen möchte. Es ist schwer solidarisch zu sein. Es ist schwer Verständnis zu zeigen, für etwas was man nicht versteht. Noch schwerer wird es, wenn diese Personen wissen, dass man sie nicht verstehen kann. Wieso sollte ich es dann versuchen, obwohl ich weiß, dass ich es nicht schaffen werde.

Wie soll ich eine Tatsache hinnehmen und verstehen, wenn ich nichts darüber weiß? Wenn ich kein Recht darin sehe? 

Wieso sollte ich das Alles tun? Wenn ich selbst keine Lust dazu habe auch nicht bei mir selbst? 

Es ist schwer die Starke zu sein.  Ja, weil ich mit meinen "kleinen" Problemen immer noch ein gutes Leben habe. Doch vielleicht erscheinen meine persönlichen, kleinen Probleme mir wie große Probleme? Vielleicht sogar schlimmer als eure großen Probleme, die ich nicht verstehen kann?

Nur weil meine Probleme tiefer und unsichtbarer sind, heißt es nicht, dass sie nicht da sind. Nur weil man meine Probleme nicht an meinem Verhalten oder meinem Körper auffällig sieht, weil sie sich nicht verändert haben, heißt das nicht, mir geht es super und ich hätte nur kleine Probleme. Nur weil man an der Oberfläche keine Risse oder Dellen sieht, heißt dass nicht, sie seien nicht da.

Die "kleinen" Kämpfe mit mir selbst Tag ein Tag aus sind für mich "große" Schlachten. Schlachten in denen jede Entscheidung, wie die Falsche erscheint. Schlachten, wo immer irgendwie auf beiden Seiten Opfer zu zählen sind. Unsichtbare Narben und unsichtbare Totengräben in denen viele kleine Ichs liegen. Nicht allen Ichs trauere ich nach, manche mussten sterben, manche vermisse ich doch mehr als ich es wollen würde.

 Diese "kleinen" Schlachten sind vielleicht banal und unwichtig doch sie sind immer mit Blutvergießen gekennzeichnet. 




Mein SchmerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt