5. Erster Schultag Teil 2

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Im Englischunterricht überraschte Magnus Bane Alec erneut. Dieses Mal allerdings im positiven Sinne. Offenbar hatte die Klasse gerade Ray Bradbury's ‚Fahrenheit 451' gelesen, eines von Alecs Lieblingsbüchern. Magnus glänzte mit tiefsinnigen Analysen und Denkanstößen, einige sogar so interessant, dass selbst Alec noch gar nicht darauf gekommen war.
Plötzlich meldete sich auch Jace neben ihm zu Wort. Er schien aufgeregt, aber Alec lächelte ihm ermunternd zu. Bei Buchbesprechungen gab es schließlich keine falschen Fragen.
„Wieso ist er Feuerwehrmann, wenn er doch gar kein Feuer löscht, sondern nur Sachen verbrennt?" stammelte Jace.

Kurze Stille im Klassenzimmer, selbst Mr. Aldridge schien ratlos.
Und plötzlich ein lautes Lachen. Laut und gehässig. Von Magnus Bane. Schnell stimmte der Rest der Klasse mit ein, alle außer Alec, der vor Wut ebenso rote Wangen bekam wie Jace neben ihm. Jace sah aus, als würde er vor Scham gleich in Tränen ausbrechen.

Alec hob wütend seinen Arm und bevor sich die Klasse beruhigt hatte, ergriff er das Wort.
„Ich finde, die Frage ist durchaus berechtigt."
Das Kichern der anderen wurde langsam leiser, einige tuschelten über den Neuen, der einfach sein Wort erhob. Die bewundernden Blicke einiger Mitschülerinnen ignorierte Alec gekonnt, nur das selbstgefällige Grinsen von Magnus Bane, der sich leicht in seine Richtung gedreht und seinen Arm über seine Stuhllehne gelegt hatte, entging ihm nicht.

„Bitte fahren Sie fort, Mr. ..?" entgegnete der Lehrer.
„Alec Lightwood." erläuterte Alec nur kurz. „Nun, ich denke, Bradbury wollte den Leser anfangs in die Irre führen, denn jeder denkt bei dem Wort Feuerwehrmann sofort ans Löschen. Erst später im Buch stellt sich heraus, dass Bradbury in seiner Zukunftsversion das Wort wörtlich nimmt, denn Montag arbeitet mit Feuer. Vielleicht möchte er den Leser damit anregen, seine festgefahrenen Denkmuster zu durchbrechen und nicht immer vom ersten Eindruck auf das wahre Wesen der Dinge zu schließen." beendete Alec seine Interpretation.

Mr. Aldridge fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Sehr interessanter Ansatz, Mr. Lightwood," brummelte er. „Vielen Dank für den Anstoß, Mr. Herondale."
Jace wurde wieder rot, nun allerdings vor Verlegenheit.
„Danke," murmelte er leise in Alecs Richtung. Alec nickte ihm zu, während er böse in Magnus Banes Richtung starrte. Dieser hielt seinem Blick kurze Zeit stand, drehte sich dann allerdings wieder nach vorn, um weiter mit Isabelle zu tuscheln.

In der Cafeteria stand Alec etwas verloren herum. Jace saß mit dem Nerd - wie hieß er noch? Simon? - an einem der langen Tische und winkte ihn zu sich rüber. Alec setzte sich ihm gegenüber, suchte aber noch immer nach Isabelle.
„Hey, Alec. Das ist Simon." sagte Jace.
Simon grinste. „Wir kennen uns aus Mathe."
Alec nickte zustimmend.
„Ach ja, stimmt," fiel es Jace ein. „Hey, Simon. Alec hat mir in Englisch voll geholfen. Magnus hat wieder dumm gelacht als ich was gesagt habe, aber als Alec dann was erklärt hat, hat er selber dumm geguckt." erklärte Jace stolz lachend.
„Ich hab nur meine Meinung gesagt," rechtfertigte sich Alec. „Und Leuten, die andere so dumm dastehen lassen, muss man einfach mal die Stirn bieten."

Just in diesem Moment kam Magnus mit seinen Freunden in die Cafeteria stolziert. Isabelle und das rothaarige Mädchen von vorher waren hinter ihnen.
Jace verfiel wieder in seinen Augen an-Hirn aus-Modus und auch Simon schien diesen Modus aktiviert zu haben. Allerdings schien Simon noch sprechen zu können, wenn auch nur rudimentär. „W-Wer ist das?" stammelte er.
Alec fühlte sich wie in einer Zeitschleife.
„Ähm.. ich glaube, sie heißt Clary." erklärte er.
„Clary und Clary?" fragte Simon ungläubig.
„Was?"
Doch bevor Alec darüber nachdenken konnte, seilten Clary und Isabelle sich von der Gruppe ab und kamen auf die drei Jungs zu. Simon sah aus, als würde er gleich einen Schlaganfall bekommen. Seine Hände zitterten und seine Mundhälfte hing etwas schief.
Jace war.. naja, Jace halt.

„Hey, Brüderchen," flötete Izzy und warf ihre schwarzen Haare nach hinten. Alec meinte, ein Seufzen aus Simons Richtung zu hören. Jetzt dämmerte es ihm.
„Hey, Izzy," begrüßte er sie. Dann deutete er auf Jace und Simon. „Jace kennst du ja schon und das ist mein Kumpel, Simon."
Simon starrte sie noch immer an. Mein Gott, was stimmte mit den Jungs hier nicht?
„Hi," winkte Izzy in die Runde.
Simon seufzte wieder. Das wurde langsam unangenehm.
„Ja, äh, wollt ihr euch zu uns setzen?" Alec deutete auf die leeren Plätze an ihrem Tisch. Clary machte schon Anstalten, sich zu Jace zu setzen, was diesen aufgeregt blinzeln ließ.
Aber Izzy deutete ein Kopfschütteln in ihre Richtung.
„Nee, wir setzen uns zu Magnus. Ich wollte nur sagen, dass Mom geschrieben hat. Sie und Adam fahren ab Donnerstag für ein verlängertes Wochenende weg und wir schmeißen eine Party!" Zum Ende des Satzes wurde ihre Stimme immer höher.

„Wir?" fragte Alec verwirrt.
„Ja, Magnus macht schon eine Liste."
„Magnus. Macht eine Liste. Aha. Ihr wisst, dass Freitag Schule ist?"
„Du weißt, dass du ein langweiliger Spießer bist? Ich frag' dich nicht um Erlaubnis, ich sage nur Bescheid." Dann warf sie einen Blick auf Jace und Simon. „Vielleicht haben deine Freunde ja auch Lust zu kommen?" Sie schenkte Simon ihr süßestes Lächeln, Isabelle witterte es sofort, wenn sie eine Wirkung auf Männer hatte. Simons Seufzen klang schon mehr nach einem Stöhnen. Jace schaffte es wenigstens zu nicken, wenn auch viel zu heftig.
Alec rollte mit den Augen.
„Super, danke Izzy. Das klären wir noch zu Hause!"
Ohne eine weitere Antwort drehten die Mädchen zu Magnus' Tisch ab, während Alec düster vor sich hinstarrte. Eine Party. Na herrlich!

Am Abend, nach dem Abendessen (Izzy und Magnus plapperten die ganze Zeit über die Schule und warfen sich „Wir planen eine heimliche Party-Blicke" zu) klopfte Alec leise an Izzys Zimmertür. Das Kichern dahinter verstummte.
„Ja?" kam es von drinnen.
Alec lugte zur Tür herein. Das Zimmer sah noch genauso aus wie beim letzen Mal, überall waren Klamotten, Schmuck und Make-Up verteilt. Izzy lag in einem Shirt und kurzen Shorts auf einem Sitzsack vor ihrem Bett. Auf dem Bett lag, natürlich, Magnus. In einer kurzen, knallroten Bermudashorts. Ohne Shirt. Alec hob argwöhnisch eine Augenbraue.

„Können wir kurz reden, Iz?" fragte er.
„Klar, Alec," antwortete sie. „Komm' rein."
Magnus machte keinerlei Anstalten, sich zu verkrümeln. Natürlich nicht.
Alec schaute ihn eindringlich an. Er schaute selbstgefällig und grinsend zurück. Verstand dieser Typ denn gar nichts?
Alec räusperte sich.
„Allein?"
Izzy hob verwundert die Augenbrauen. Bevor sie etwas sagen konnte, setzte sich der feine Herr doch endlich in Bewegung.
„Ich wollte eh noch eine Runde durch den Pool drehen," sagte er nur und drückte sich, für Alecs Geschmack etwas zu dicht, an Alec durch die Tür nach draußen. Er roch nach Sonne.

Alec schüttelte verwirrt seinen Kopf, ging ins Zimmer und schloss die Tür, ohne Magnus noch eines Blickes zu würdigen. Er mochte diesen Typen einfach nicht.
„Was gibt's, Brüderchen?" fragte Izzy neugierig.
„Hälst du es wirklich für eine gute Idee, eine Party zu schmeißen, wenn Mom und Adam weg sind? Du kennst die Leute doch nicht mal, die dieser Futzi einladen will."
„Alec, der Futzi heißt Magnus und ist zufällig der beliebteste Junge der Schule," zickte Izzy. „Außerdem macht er das ständig, hat er mir erzählt. Seine Freunde sind alle total cool und mit dieser Party bin ich gleich ganz oben! Versau' mir das bloß nicht!"
„Aber, am Freitag-"
„Jetzt hör' schon auf, den Spießer raushängen zu lassen, Alec!" fiel sie ihm ins Wort. „Du bist achtzehn. Lass' mal die Sau raus! Du klingst schon fast wie.." doch sie stoppte sich, bevor sie etwas Falsches sagen konnte.
Das musste sie auch gar nicht.
„Wie Robert?" fragte Alec aufgebracht. „Na, vielen Dank! Innerhalb von zwei Tagen verwandelst du dich in diese.. diese Bitch und das nur wegen diesem Schleimbolzen! Aber bitte, viel Spaß auf deiner Party! Rechne nur nicht mit mir, wenn du damit auf die Schnauze fliegst!"
Bevor sie etwas erwidern konnte, knallte er die Tür zu und trabte hinauf in sein Zimmer.

Er war so sauer. So hatte er sich sein neues Leben nicht vorgestellt. Wütend starrte er aus seinem Fenster.
Draußen war es schon dunkel, nur die Poolbeleuchtung war an. Und dort unten, im beleuchteten Wasser zog Magnus Bane seelenruhig seine Bahnen.
Verdammter Magnus Bane!

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt