70. Gedanken und Gespräche

3.5K 277 31
                                    


„Heute wolltest du mich wirklich quälen, oder?" fragte Alec am nächsten Abend am Telefon. Er lag auf dem Bett in seinem Hotelzimmer und telefonierte mit Magnus. Dieser kicherte leise und erwiderte: "Nun ja, nach der Aktion gestern musste ich mich ja revanchieren."
"Das nennst du revanchieren? Ich bin fast kollabiert, weil ich den ganzen Tag mit einem Ständer rumlaufen musste."
Erneutes Kichern. "Es ist nicht meine Schuld, dass du Kunst nicht schwänzen wolltest."
Alec seufzte. "Ich weiß, Magnus. Aber das Risiko ist einfach zu groß."
"Du hast ja Recht. Aber du fehlst mir wirklich so sehr, Alexander."
"Du mir auch, Magnus."
"Ach, bevor ich es vergesse: hast du das mit dieser Uni-Tante auch mitbekommen?"
Alec erinnerte sich daran, dass Jace so etwas angekündigt hatte. "Ja, Jace hatte irgendwas darüber erzählt. Ist das morgen?"
"Ja, und dabei fiel mir ein, dass wir beide noch nie darüber gesprochen haben."
"Das stimmt," Alec zögerte kurz.

Er wusste bereits, was er vorhatte, aber was war, wenn Magnus ganz andere Pläne hatte? Was, wenn diese Trennung nur innerhalb einer Stadt ein Kindergeburtstag wäre im Vergleich zu dem, was ihnen bevor stand? Innerlich kroch die Angst in ihm hoch und schnürte ihm die Kehle zu. Plötzlich konnte er die Frage an Magnus, was er vorhatte zu studieren, nicht mehr herausbringen.

"Alexander? Bist du noch da?" fragte Magnus durch's Telefon.
"J-ja," presste Alec hervor.
"Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du nach der Highschool tun möchtest?"
Alecs Hände waren eiskalt, aber er zwang sich, relativ ruhig zu klingen. "Ich möchte studieren. Fotografie."
"Das hatte ich mir fast gedacht. Hast du schon nach Colleges gesucht?"
"Ja?" Es klang mehr wie eine Frage, denn die Panik hatte nun vollkommen Besitz von Alec ergriffen.
"Ja? Alexander, was ist los? Du klingst so merkwürdig."
"I-ich.. was.." Alec seufzte und schloss die Augen, um sich zu sammeln.

Nicht zum ersten Mal überraschte Magnus ihn mit seiner Einsicht und Empathie, indem er schlichtweg sagte: "Ich weiß, du hast Angst, dass das mit uns nach der Highschool vorbei ist. Darum traust du dich auch nicht, mich zu fragen. Richtig?"
Alec schluckte und nickte, auch wenn Magnus ihn nicht sehen konnte.
"Hast du gerade genickt?"
Alec musste lachen, obwohl ihm eher nach Weinen zumute war. "Hast du hier eine Kamera versteckt?"
"Nein, leider nicht, sonst würde ich dich jetzt andere Sachen fragen," murmelte Magnus heiser.

Alec räusperte sich. Er wollte jetzt nicht vom Thema ablenken. "Ja, ich mache mir Sorgen darüber. Du etwa nicht?"
"Doch, sehr sogar. Aber wenn wir nicht darüber sprechen, wird es nicht besser. Also, Fotografie sagst du. Das war eines der Fächer, was ich mir für dich schon gedacht hatte. Ich habe schon mal recherchiert und in Frage käme sogar das Boston College."
Alec setzte sich gerade im Bett auf und starrte verdutzt sein Telefon an. "Du hast das geahnt?"
"Alexander, entgegen dem Eindruck, den ich vielleicht manchmal vermittle, bin ich ein sehr planvoller und strukturierter Typ. Ich habe mir überlegt, was du wohl studieren wollen würdest und nach Colleges gesucht, die uns beiden entsprechend zusagen würden. Mit unserem Notendurchschnitt müssen wir uns ohnehin keine großen Sorgen machen, wir sind ja schlaue Kerlchen."
Alec konnte nur verblüfft den Kopf schütteln, während Magnus weiter erklärte.
"Und als ich das Boston College sah, dachte ich mir, dass du vielleicht gern in deine Heimatstadt zurück möchtest, darum habe ich dir das als erstes vorgeschlagen. Es sei denn, du möchtest lieber nach Florida, aber da gibt es immer Wirbelstürme und in Ohio ist nicht so viel los. Und.." Magnus stockte kurz. "Vielleicht war ich auch zu voreilig und du willst gar nicht.."

"Bist du bescheuert?" rief Alec ins Telefon. "So etwas denkst du nicht mal, Magnus Bane! Natürlich möchte ich mit dir auf ein College gehen, du Idiot!"
Magnus atmete erleichtert am anderen Ende auf. "Okay, das ist gut. Sonst hätte ich einen neuen Plan ausarbeiten müssen und ich weiß nicht, wie gut mein arabisch ist, weil ich vermutlich in Bagdad studieren müsste, wenn du mich nicht mehr in deiner Nähe haben willst."
Alec lachte herzhaft und schüttelte erneut den Kopf. "Du bist unmöglich, Magnus. Was willst du denn jetzt eigentlich studieren?"
"Art und Design mit Spezialisierung auf Mode und Textilien."
"Wow," entkam es Alec. "Darauf hätte ich auch selbst kommen können."
"Hättest du wohl," grinste Magnus.

Ein Klopfen an seiner Tür unterbrach Alec.
"Es hat geklopft, ich melde mich später nochmal." sagte er und legte auf.
"Ja?" rief er Richtung Tür und legte sein Telefon auf den Nachttisch, als Izzy hereinkam.
"Mit wem hast du gesprochen?"
"Mit niemandem."
"Alec, du hast doch gerade telefoniert." sagte Izzy misstrauisch und griff nach seinem Telefon.
Er packte es kurz vorher und hielt es fest. "Was? Bist du jetzt die Stasi?" fragte er etwas zu genervt.
"Was ist eigentlich los? War das Magnus?"
Alec versuchte, seine aufkommende Gesichtsröte zu unterdrücken. "Wie kommst du darauf?"
"Weil ihr irgendwas ausheckt oder verheimlicht, aber ich habe keine Ahnung, was."
Er sah sie entsetzt an. "Tun wir gar nicht."
"Oh doch, ich kenne dich, Alec. Irgendwas ist da im Busch."
"Das bildest du dir ein."
"Wohl kaum!"
"Was wolltest du denn eigentlich?" fragte er nun, um vom Thema abzulenken.
"Ach so, Simon holt mich morgen früh hier ab. Er übernachtet bei seiner Tante, die nur fünf Minuten von hier wohnt und weil wir uns die ganzen Tage nicht sehen konnten, wegen Mom, wollte er gern morgen mit mir zur Schule fahren. Ist das okay?" fragte Izzy zögerlich.
"Na klar. Er vermisst dich, das ist doch toll!"
Izzy strahlte über beide Ohren. "Ja, das ist es. Also bist du nicht böse?"
"Iz, ich kann alleine zur Schule fahren. Ich finde den Weg. Ich bin ja schon groß."
Izzy lachte und umarmte ihn liebevoll. Auch, wenn er Geheimnisse vor ihr hatte, war er immer noch ihr liebster Bruder.

Nachdem Magnus aufgelegt hatte, ging er nach unten in die Küche, um sich etwas zum Abendessen zu machen. Aus dem Wohnzimmer klang leise Jazzmusik herüber. Verwundert ging Magnus der Musik nach und sah seinen Vater auf dem Sofa sitzen.
"Dad? Ist alles okay?" fragt er vorsichtig.
Adam schaute nicht auf, er starrte einfach nur ins Leere und zuckte mit den Schultern.
"Nein," seufzte er. "Um ehrlich zu sein, ist gar nichts okay."
Besorgt ging Magnus herum und setzte sich auf den Sessel neben dem Sofa. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Adam ein Glas Whiskey in der Hand hielt, die geöffnete Flasche stand vor ihm auf dem Couchtisch.
"Weißt du, mein Sohn, du hast es noch nicht erlebt, aber glaube deinem alten Herrn, wenn er dir sagt: Liebeskummer ist das furchtbarste Gefühl der Welt." Er zeigte mit seinem Zeigefinger auf Magnus, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Betreten sah Magnus auf den Boden. Adam hatte natürlich keine Ahnung, aber es war noch gar nicht allzu lange her, dass Magnus vor Liebeskummer buchstäblich krank geworden war. Er konnte also gerade nur zu gut nachfühlen, wie schlecht es seinem Vater gerade ging.

Adam beachtete ihn gar nicht richtig, sondern begann einen halb gelallten Monolog. "Weißt du, ich würde dieser Frau die Welt zu Füßen legen, wenn sie das wollte. Alles.. alles würde ich für diese Frau tun. Ich habe deine Mutter geliebt. Wirklich. Aber Maryse.." Er seufzte schwer. "Maryse ist wie.. mein fehlendes Puzzleteil. An ihr stimmt einfach alles. Und bis vorgestern? Vorvorgestern? Welchen Tag haben wir heute?"
"Heute ist Mittwoch, Dad." antwortete Magnus, doch Adam hörte ihm gar nicht zu.
"Bis zu diesem Tag dachte ich, dass ich auch ihr Puzzleteil bin." Er nahm einen weiteren Schluck von seinem Whiskey und verzog angewidert das Gesicht.
"Dad, meinst du nicht, du solltest lieber ins Bett gehen?"
Adam schüttelte den Kopf. "Nein. Da gehe ich lieber nicht hin. Da riecht nämlich alles nach ihr. Ich bleibe hier sitzen und vermisse sie hier."
"Bist du sicher? Du bist schon ganz schön angeschlagen, Dad."
Wiederholtes Kopfschütteln von Adam, seine Haare fielen ihm ins Gesicht. "Nein, nein. Alles gut. Geh' du mal und mach' deinen.. was auch immer du so machst.. und sei glücklich, dass du dieses Gefühl nicht hast. Es ist richtig.." Das letzte Wort flüsterte er nur, denn selbst in betrunken war Adam immer noch sehr höflich und fluchte fast nie. "Richtig beschissen."
Magnus stand auf und sah ihn nochmals fragend an. "Ich bleibe hier, aber wenn was ist, rufst du mich."
"Alles klar, Dad. Mache ich!" antwortete Adam und widmete sich seinem Glas.

Grübelnd ging Magnus die Treppe nach oben in sein Zimmer. Zügig griff er nach seinem Telefon und rief Alec an.
"Mein Dad ist sturzbetrunken. Ich mache mir ganz schön Sorgen um ihn. Kannst du herkommen?"

---------------------------

**** QUOTES SPOILER ****

Bis jetzt noch keine, da das nächste Kapitel noch nicht fertig ist. Wir sind dran. Seid gnädig mit uns!

Dafür eine kleine Werbung in eigener Sache:
Ab morgen gibt es jeden Mittwoch, 12:00 Uhr, auf diesem Account eine neue Story
‚Malec - Days like this'.
Wenn euch diese Story auch gefällt, dürft ihr sie gern auch auf eure Listen setzen, in die Bibliotheken nehmen, voten, kommentieren und natürlich: lesen!

Natürlich wird es bei Modern Family weitergehen. Wir wollen ja selbst wissen, wie es ausgeht 😊

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt