73. Erkenntnisse

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„Entschuldigung," sagte eine Stimme und ließ Izzy und Simon auseinander schrecken. Sie saßen eng umschlungen im Whirlpool des Hotels und hatten nicht mitbekommen, dass ein Hotelmitarbeiter den Spa-Bereich betreten hatte.
Der Mann in der dunklen Uniform sah sie aus Höflichkeit nicht direkt an, räusperte sich jedoch und sagte: „Der Wellnessbereich schließt jetzt. Ich muss sie leider unterbrechen."
Mit hochroten Köpfen stiegen Simon und Izzy aus dem Wasser. Izzy schlüpfte in den flauschigen Bademantel, den sie sich aus dem Hotelzimmer mitgenommen hatte und Simon wickelte sich eins der Handtücher von den Liegen um.
„Natürlich, wir haben wohl einfach die Zeit vergessen," entschuldigte Izzy sich freundlich und der Mitarbeiter nickte verständnisvoll.
Simon verschwand in der Herrenumkleide, wo er auch seine Sachen gelassen hatte, und zog sich dort in Windeseile um.
Izzy wartete vor dem Eingang zum Spa auf ihn, noch immer mit feuchtem Haar und roten Wangen.

„Ja, äh, das war jetzt ein abruptes Ende," stammelte Simon und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, als er umgezogen durch die Tür trat. Izzy seufzte.
„Das kann man wohl sagen. Ich.." sie unterbrach sich selbst.
Simon umarmte sie liebevoll und küsste ihre Schläfe. „Dann müssen wir den Abend ein anderes Mal fortsetzen." flüsterte er.
„Und wo?" fragte Izzy zickig. Allmählich wurde sie wütend. Wütend über diese ganze Situation.
Simon wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Seine Mutter war fast immer zu Hause und so hatten er und Izzy praktisch nie eine Gelegenheit, allein zu sein. Also schwieg er betreten.
„Tut mir leid, Simon," seufzte Izzy. „Ich will das nicht an dir auslassen. Ich wünsche mir nur, dass alles so wird wie vorher. Mir war nicht klar, dass Erwachsene auch so bockig sein können wie Teenager."
Simon lachte. „Aber Teenager kriegen sich auch meist wieder ein. Und das werden deine Mom und Magnus' Dad auch."
„Ich hoffe, du hast recht. Holst du mich morgen früh ab?"
„Natürlich, dann können wir zumindest noch im Auto rummachen," grinste Simon und errötete schlagartig über seine eigene Direktheit.
Izzy blickte ihn mit großen Augen an. „Simon Lewis!"
„Ich.. oh Gott.. tut mir leid, so war das nicht-" begann er sich zu entschuldigen, aber Izzy unterbrach ihn, indem sie seinen Nacken packte und seine Lippen auf ihre zog.
„Du darfst gern öfter sagen, was dir gefällt," hauchte sie an seinen Mund.

Nachdem Izzy sich schweren Herzens von Simon verabschiedet hatte, schlich sie leise zurück ins Hotelzimmer. Ihre Mutter lag undamenhaft schnarchend auf dem Bett, ihr Smartphone noch in der Hand. Seufzend nahm Izzy es ihr ab und sah auf das Display. Ein Chat war noch geöffnet und die letzte gesendete Nachricht war:

Du fehlst mir so.

Sie war an Adam. Izzy blickte mitfühlend zu ihrer Mutter. Normalerweise hätte sie jedem davon abgeraten, betrunken Nachrichten zu verschicken, aber sie hoffte, dass dieser Moment der Schwäche ihrer Mutter helfen würde.
Vorsichtig deckte sie Maryse zu und ging ins Badezimmer.

Magnus erwachte, weil seine Blase kurz davor war, zu platzen. Verschlafen rieb er sich das Auge und löste vorsichtig Alecs Arm, der um seinen Oberkörper geschlungen war. Er schlich ins Badezimmer und erleichterte sich. Während er sich die Hände wusch, hatte er das Gefühl, irgendwas vergessen zu haben, aber die Gedanken von letzter Nacht schienen seinen Verstand noch zu benebeln.
Er lehnte in der Badezimmertür und betrachtete seinen schlafenden Freund. Er war so schön, so friedlich, so..
Magnus riss die Augen auf und sprang zum Stuhl, wo seine Jogginghose lag, um sein Smartphone hervorzuziehen.
9:57 Uhr zeigte das Display.

„Fuck!" schrie Magnus lauthals und rannte zu seinem Kleiderschrank.
Alec regte sich langsam und murmelte: „Was machst du für einen Krach?"
„Wir haben verschlafen!" rief Magnus und zog Klamotten aus dem Schrank.
Schlagartig war Alec wach und setzte sich auf. „Was?"
„Wir haben keinen Wecker gestellt, es ist kurz vor zehn!"
„Scheiße, scheiße, scheiße!" rief nun auch Alec und stürmte in sein Zimmer.
Magnus sprang in seine Klamotten und rannte ins Bad zum Spiegel. Für duschen war keine Zeit, aber eher würde die Hölle sich auftun, als dass Magnus Bane ungestylt das Haus verlässt.
Alec kam ins Bad und griff seine Zahnbürste.
Magnus schreckte erneut zusammen.
„Scheiße!"
Alec sah ihn ebenfalls erschrocken, aber auch fragend, an.
„Izzy! Was ist mit Izzy??"
Alec winkte ab und nuschelte durch seine Zahnbürste: „hä hi hihom."
„Was??" Magnus war nun geradezu panisch.
Alec spuckte aus und wiederholte nun deutlich: „Fährt mit Simon."
„Wieso?"
„Egal, Magnus! Das Universum meint es eben gut mit uns. Und jetzt los!" Alec rannte in sein Zimmer und schnappte sich seinen Rucksack.

Alec fuhr zuerst los, Magnus zwei Minuten später. Als sie an der Schule ankamen, tummelten sich allerhand Schüler auf dem Parkplatz, da gerade die Zehn-Minuten-Pause war. Alec parkte am hintersten Ende und Magnus beschloss, gar nicht erst auf das Gelände zu fahren, sondern an der Straße zu parken.
Atemlos rannte Alec ins Schulgebäude zu seinem Spind. Izzy kam gerade aus der Mädchentoilette und blickte ihn überrascht an.
„Wo kommst du denn her?" fragte sie.
Alec wühlte in seinem Spind und sagte: „Hab vergessen, mir den Wecker zu stellen."
„Ich hab dein Auto heute früh gar nicht am Hotel gesehen, als Simon mich abgeholt hat. Ich dachte, du wärst schon weg."
„Ja.. nein.. ich war gestern Abend noch kurz zu Hause, weil ich meine.. äh.. Englischsachen vergessen hatte und hab woanders geparkt."
Izzy lachte. „Naja, hat sich nicht gelohnt. Englisch hast du jetzt ja verpasst."
Alec schloss seinen Spind und kam langsam wieder zu Atem. „Das stimmt."
„Wie geht's Magnus?"
„Woher soll ich das wissen?"
Verwirrt sah Izzy Alec an.
„Hast du ihn nicht gesehen?"
„Wo?"
„Zu Hause? Gestern Abend?"
„Ach so.. ja.. ihm geht's okay."
Izzy beobachtete ihn skeptisch. „Und Adam?" fragte sie weiter.
Alec seufzte. „Nicht gut. Er hat sich betrunken."
Izzy riss die Augen auf. „Oh, das hat Mom gestern auch."
„Im Ernst?"
„Ja, sie hat die Minibar geplündert."
„Scheiße! Warum hast du nichts gesagt?"
Alec wurde heiß und kalt bei dem Gedanken, dass Izzy vielleicht an seinem Zimmer geklopft hatte, er aber gar nicht da war.
„Ich war mit Simon im Wellnessbereich. Ihr geht's gut. Und wer weiß, wofür es gut war.."
„Wie meinst du das?"
„Sie hat Adam eine Nachricht geschickt, dass er ihr fehlt." sagte Izzy schwermütig.
„Oh, dann hoffen wir mal, dass er sie liest, wenn er wieder nüchtern ist." antwortete Alec hoffnungsvoll.

In der Mittagspause fütterte Izzy Simon mit Pommes Frites, während sie ihn verzückt dabei anschaute. Alec konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, er wusste nicht, ob er seine Schwester schon jemals zuvor so verliebt gesehen hatte.
„Was ist eigentlich mal wieder mit einer Party?" fragte Clary.
„Ähm.. bei uns gerade schlecht," antwortete Izzy, ohne den Blick von Simon abzuwenden.
„Oh.. stimmt. Und ein DVD-Abend?" schlug Clary als Alternative vor.
„Gute Idee," mischte sich nun auch Magnus ein, der gerade erst an den Tisch kam. Izzy blickte auf und ihr fiel auf, dass sie Magnus heute noch gar nicht gesehen hatte.
„Hey, Magnus," begrüßte ihn Jace. „Wo warst du denn heute früh in Kunst?"
Magnus ließ sich lässig auf den Stuhl neben Alec fallen und antwortete: „Hab vergessen, mir den Wecker zu stellen."
Izzy hörte zwar nur halb zu, aber etwas klickte in ihrem Kopf. Das Puzzle fügte sich zusammen.

Sie sah zu ihrem Bruder, der offenbar sehr interessiert an seinem Salat zu sein schien und dann zu Magnus, der lässig neben ihm saß.
Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.

Beide hatten sich nicht den Wecker gestellt. Alecs Auto war nicht da. Alec, der heimlich telefonierte. Alec, der glücklich war. Magnus, der glücklich war. Alec und Magnus beide gleichzeitig krank, nachdem sie Streit am See hatten. Die ständig abgeschlossenen Türen.
Alles. Machte. Sinn.

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt