1. Abflug

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Diese Story ist das zweite Gemeinschaftsprojekt von HelenShadowhunter und Litoria19.
Wir hoffen, sie gefällt euch 🥰

„Das Boarding für Flug AA1126 an Gate 5 beginnt in wenigen Minuten." schrillte die Durchsage durch die Lautsprecher des Bostoner Flughafens.
„Wo ist deine Schwester schon wieder?" fragte Maryse Lightwood nervös, während sie in ihrer Handtasche wühlte.
Alec zog gelangweilt einen seiner Kopfhörer aus seinem Ohr und entgegnete nur: "Hm?"
Genervt rollte seine Mutter mit den Augen.
„Das Boarding beginnt und Isabelle ist nicht da! Wo ist sie?" fragte sie erneut.
Alec zuckte nur mit den Schultern und vermutete: "Bestimmt zieht sie sich nochmal ihren Lippenstift nach. Oder auch ihr ganzes Gesicht." Der Kopfhörer verschwand wieder in seinem Ohr und die laute Musik auf seinen Ohren übertönte die Antwort seiner Mutter. Er schloss die Augen und stellte sich vor, er wäre an seinem Lieblingsort: Sein Bett, in seinem Zimmer, in Boston.

Leider gab es diesen Ort nicht mehr für ihn. Maryse hatte vor ungefähr zwei Jahren jemanden im Internet kennengelernt. Alec konnte es selbst kaum glauben, aber ausgerechnet seine Mutter schien das eine Prozent zu belegen, bei dem aus solchen Bekanntschaften tatsächliche Beziehungen wurden. Er gönnte ihr einen Partner, der sie glücklich machte. Die vorherige Ehe und die Trennung von seinem Vater, Robert, waren mehr als unschön für sowohl Maryse als auch für Alec und seine Schwester Isabelle gewesen. Die daraus resultierende Scheidung war für alle eine große Erleichterung. Okay, vielleicht nicht für Robert, aber wen interessierte schon dessen Meinung?

Maryse hatte die neue Beziehung lange vor Alec und Isabelle verheimlicht, auch das verstand Alec. Auch wenn er und seine Schwester bereits achtzehn beziehungsweise siebzehn waren, war es nachvollziehbar, dass ihre Mutter einen neuen Partner erst dann vorstellen wollte, wenn es tatsächlich ernst wäre. Und das war es. So ernst, dass sie nun am Flughafen saßen, um nach Los Angeles zu fliegen. Um dort zu leben, bei Adam, Maryse' mittlerweile Verlobten - es war also sehr ernst - und seinem Sohn. Wie hieß er doch gleich? Angus oder Magnus oder so ähnlich.

Maryse hatte Adam vor einem Jahr zum ersten Mal mit nach Hause gebracht. Er war nett. Er war Alec und Isabelle gegenüber freundlich, aber distanziert und nicht aufdringlich. Und das Wichtigste war: Er brachte Maryse zum Strahlen. Alec konnte sich nicht erinnern, seine Mutter in Gegenwart von seinem Vater jemals so viel lächeln und so ausgelassen erlebt zu haben.

Allein das war der Grund, weshalb er sich schließlich dazu hatte überreden lassen, mit nach LA zu ziehen. Er war achtzehn, technisch gesehen war er volljährig, aber er war kurz vor dem letzten Schuljahr und hatte auch keine Lust, dieses allein in Boston zu verbringen. In der Schule war er immer ein guter, aber stiller Schüler gewesen, einen wirklichen Freundeskreis hatte er nicht. Ihm war das herzlich egal. Er war allein sehr zufrieden, Menschen im Allgemeinen stressten ihn.

Seiner Schwester, Isabelle, ging es da ganz anders. Als Maryse und Adam ihnen eines Abends beim Dessert ihre Verlobung offenbarten, reagierte Alec mit einem gleichgültigen Schulterzucken und einem "Herzlichen Glückwunsch" und Isabelle mit einem Tobsuchtsanfall. Sie war das beliebteste Mädchen der Schule, seit der Junior High School war sie jedes Jahr zur Ballkönigin gewählt worden, sie war die Teamleaderin der Turnermannschaft. Alle Mädchen wollten mit ihr befreundet sein und alle Jungs wollten mit ihr ausgehen. Sie hatte das beste Schuljahr ihres Lebens vor sich und fühlte sich einfach nur ungerecht behandelt. Weinend und schreiend war sie auf ihr Zimmer gestürmt und hatte sich zwei Tage lang geweigert, dieses zu verlassen.

Schließlich war Alec, mit seiner ruhigen und verständnisvollen Art, derjenige gewesen, der es schaffte, dass sie sich doch darauf einließ. Er erklärte ihr, dass die Leute in LA noch viel cooler drauf wären als die in Boston, das hatte er zumindest gelesen, und außerdem wäre Hollywood gleich um die Ecke. Am Ende war es vermutlich das Hollywoodargument, welches Isabelle besänftigte. Das und die Aussicht auf mindestens sechs spendierte Heimflüge pro Jahr, die sie ihrer Mutter aus den Rippen leierte.

Ein Knuff in die Seite riss Alec aus seinen Gedanken. Isabelle stand vor ihm, ihre roten Lippen waren frisch nachgezogen und hatte sie sich tatsächlich auf einer Flughafentoilette ihre langen schwarzen Haare zu Locken gedreht? Wie, in Gottes Namen, hatte sie es geschafft, einen Lockenstab durch die Sicherheitskontrolle zu bekommen?

"Auf geht's, Brüderchen," sagte sie und zog ihn am Ärmel seines schwarzen Sweatshirts nach oben. "Nächster Halt: Los Angeles."

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt