56. Grenzen Teil 2

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„Whoohooo" schrie Simon begeistert und rannte zum Rand der Plattform, um zu sehen, wo Magnus gerade in den See getaucht war. Auch die anderen rannten hinterher, nur Alec blieb wie angewurzelt stehen.
Nach etwa einer Minute fragte Clary: "Wo ist er?" Magnus war noch immer nicht aufgetaucht. Alecs Atmung ging flach und sein Herz raste. Izzy drehte sich zu ihm und sah ihn besorgt an.
"Sollte er nicht langsam wieder auftauchen?" fragte nun auch Jace. Alecs Hände zitterten, er wusste, er musste sich bewegen, er musste Magnus helfen, irgendetwas stimmte nicht, doch er war wie gelähmt. Seine Füße waren wie an den Brettern unter ihm festgewachsen.
"Irgendwer muss doch was tun!" rief Izzy nun aufgebracht und starrte Alec panisch an.

Ein lautes Platschen war zu hören und Simon stand nicht länger auf der Plattform. Kurze Zeit später tauchte er gemeinsam mit Magnus auf. Beide schnappten nach Luft und Magnus lachte lauthals: "Verarscht!"
Clary, Izzy und Jace atmeten erleichtert auf und klatschten und johlten.
"Danke, Lewis. Wenigstens bist du kein Feigling." bedankte er sich laut bei Simon als sich beide am Steg aus dem Wasser zogen.
Ein weiteres Platschen verriet, dass nun auch Jace ins Wasser gesprungen war. Clary und Izzy schauten sich lachend an, nahmen sich an den Händen und sprangen gemeinsam vom Turm. Alec stand noch immer oben und zitterte nun am ganzen Körper. Langsam schob er seine Füße zurück zur Treppe und klammerte sich an das Geländer ehe er vorsichtig hinabstieg.

Unten begrüßte ihn ein klitschnasser Magnus. "Wow," sagte er. "Du bist sogar zu feige, deinen eigenen Stiefbruder zu retten, Lightwood."
Alec sah in Magnus' Augen und versuchte, in ihnen irgendetwas von dem Magnus' zu finden, den er über die letzten Wochen kennengelernt hatte, doch er sah nur ein herausforderndes Funkeln. Zitternd hob er einen Finger und setzte an, etwas zu erwidern, senkte seine Hand jedoch wieder und schob sich wortlos an Magnus vorbei.

Am Lager angekommen, packte er kurzerhand seinen Schlafsack und seinen Rucksack und warf beides in sein Auto. Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr los.

"Du bist so ein Arschloch, Magnus!" schrie Izzy Magnus an.
"Beruhige dich, Isabelle." reagierte Magnus gespielt entsetzt. "Wie geht's jetzt weiter? Wahrheit oder Pflicht?"
"Ich glaube, da hat gerade keiner Lust drauf, Magnus." sagte Clary, nahm Jace' Hand und ging mit ihm zum Lagerfeuer zurück. Simon legte seinen Arm um Izzy und sie folgten den anderen beiden. Magnus blieb kurz stehen und trottete dann verdattert hinterher.
"Wo is' Alec?" lallte er als er sich ans Feuer setzte.
"Ich glaube, der ist gefahren." erwiderte Simon und schaute dorthin, wo vorher Alecs Auto stand.
Verwundert raffte Magnus sich wieder auf und ging zu ihrem Zelt. Alecs Schlafsack und Rucksack waren verschwunden.

"Lewis!" rief er.
"Ja?"
"Gib' mir mal deinen Autoschlüssel."
"Wieso?"
"Ich muss nochmal nach Hause."
Izzy sah Simon mit großen Augen an und schüttelte eindringlich den Kopf.
"Äh.. Magnus.. in deinem Zustand fährst du nirgendwo hin." erwiderte Simon.
"Ich muss aber nach Hause!" Magnus krabbelte aus dem Zelt und ging zu Simons Auto.
Simon küsste Izzy auf die Wange und flüsterte: "Bin gleich zurück."
"Aber kotz' mir nicht ins Auto meiner Mutter." sagte Simon zu Magnus, der nun schon auf der Beifahrerseite ins Auto kletterte.
"Danke, Lewis," murmelte Magnus.

Alec starrte durch die Windschutzscheibe und konnte sich nicht erinnern, wie er bis vor ihr Haus gekommen war. Seine Finger umklammerten noch immer das Lenkrad und langsam legte er seine Stirn darauf. Sein Kopf konnte nicht verarbeiten, was gerade am See passiert war. Magnus, der sich betrank. Magnus, der so war wie.. wie früher. Magnus, der so kalt zu ihm gewesen war. Magnus, der ihn einen Feigling nannte. Und dann dieser Turm. Die Höhenangst hatte ihn gelähmt. Ihm war schwindelig geworden und er hatte solche Angst zu fallen. Und dann ließ Magnus sich fallen und er konnte ihm nicht helfen. Er hatte einfach nur dagestanden und sich nicht bewegt.

Tränen der Wut stiegen ihm in die Augen und er ergriff das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Das Licht eines anderen Autos hinter ihm ließ ihn hochschrecken. Er hörte das Klappen einer Autotür und dann fuhr das Auto auch schon weiter. Im Vorbeifahren sah er, dass es das Auto von Simons Mutter war. Er atmete tief durch und stieg langsam aus, um zur Haustür zu gehen. Im Licht auf der Veranda sah er Magnus, der ebenfalls auf die Tür zuging. Dieser schien seine Schritte zu hören und drehte sich um.

"Wieso bist du gefahren?" fragte Magnus.
Alec schluckte. "Ich sah keinen Grund zu bleiben."
"Du sahst anscheinend auch keinen Grund mich zu retten, Feigling." erwiderte Magnus bissig und ging auf ihn zu.
Alec schloss seine Augen, um die Fassung zu bewahren. "Hör' auf, mich so zu nennen."
"Wieso? Ich hätte ertrinken können und du stehst einfach nur da? Ich finde, das definiert dich ganz klar als Feigling." Magnus stand ihm jetzt ganz dicht gegenüber.
Alec hielt sich die Ohren zu. "Wieso tust du das?" presste er hervor.
"Weil ich nun mal so bin, Alexander." murmelte Magnus.
Alec schüttelte seinen Kopf und sah ihn an. "Nein, so bist du nicht."
"Du kennst mich nicht, genauso wenig wie ich dich. Du bist sogar zu feige, dazu zu stehen, dass du auf Männer stehst."
Entsetzt starrte Alec Magnus an. "Genug!"
"Feigling!" flüsterte Magnus.
"Nenn' mich nicht so!"
"Wieso nicht?" rief Magnus.
"Weil mein Vater mich immer so genannt hat!" schrie Alec ihn an, seine Augen waren tränenerfüllt.
"Vielleicht hatte er damit ja Recht." antwortete Magnus kalt.

Alecs Geduldsfaden riss und er verpasste Magnus eine schallende Ohrfeige. Mit weit aufgerissenen Augen starrten sie sich an und eine Träne rollte Alecs Wange herab. Entsetzt hob Magnus seine Hand an die brennende Stelle in seinem Gesicht.

Die Haustür wurde aufgerissen und Maryse und Adam standen in Pyjamas auf der Veranda.
"Was ist denn hier los?" rief Maryse aufgebracht.
Alec wand seinen Blick nicht von Magnus ab. „Magnus ist betrunken," erklärte er mit belegter Stimme und ging mit langen Schritten ins Haus.
Magnus stand noch immer mit dem Rücken zur Haustür und starrte ins Leere.
"Magnus?" begann Adam in elternhaftem Ton und ging zu seinem Sohn.
"Wo ist eigentlich Izzy?" fragte Maryse besorgt.
"Die fährt morgen mit Simon zurück." erwiderte Magnus gedankenverloren.
"Ist irgendwas vorgefallen?" fragte nun Adam.
Magnus sah seinen Vater, der nun vor ihm stand, mit großen Augen an. Er senkte seinen Kopf und als sein Magen sich verkrampfte, übergab er sich in einem Schwall seinem Vater vor die Füße.

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt