14. Streiche und andere Gemeinheiten Teil 1

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Ein elegantes Mädchen mit langen schwarzen Haaren in einem Satin-Spitzentop kam geschmeidig auf Alec zu, der an seinem Spind lehnte und sich gerade angeregt mit Jace und Simon unterhielt. Er fühlte sich wie gebannt, als er ihre Anwesenheit bemerkte und sie schien mühelos alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Irgendwie kam sie Alec bekannt vor, etwas an ihr erinnerte ihn merkwürdiger Weise an Magnus. Beide hatten etwas Raubtierartiges an sich, wie jemand, der sich immer nahm, was er wollte.
"Hallo Alec." hauchte sie und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln, als sie neben ihm stehen blieb. Wie beiläufig streichelte sie sanft über seinen Arm. Alec erschauderte bei ihrer Berührung. Ihr Blick glitt kurz, aber eindringlich zu Jace und Simon.
"Äh, dann bis später A-Alec." stotterte Simon und zog Jace hastig mit sich.
Alec schaute den beiden verwirrt nach, als er zwei zarte Finger um sein Kinn spürte und sein Kopf sich leicht drehte. Wer war dieses Mädchen? Ihre Augen funkelten leuchtend grün, ihre Lippen knallrot.
"Du erinnerst dich nicht an mich, oder?"
Sie versuchte enttäuscht zu klingen, aber Alec spürte, dass das alles nur aufgesetzt war.
Er erinnerte sich an sein Gespräch mit Magnus und wie dieser ihm von Camille erzählt hatte. Sie war das andere Mädchen, mit dem Alec rumgeknutscht hatte und Magnus schien das ganz und gar nicht gefallen zu haben. Vielleicht hatte er eine Abfuhr von ihr bekommen und wollte sie nun umso mehr..
Das musste sie sein.

"C-Camille."
Ihr Grinsen wurde breiter.
"Du hast mich also doch nicht vergessen. Ich dachte schon, ich muss dir auf die Sprünge helfen. Du warst den Abend auf einmal verschwunden."
"Ja, mir ging es nicht so gut, normalerweise trinke ich nicht so viel.. Also wenn ich was gesagt oder getan haben so-"
Camille legte ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen und brachte ihn damit zum Schweigen.
"Mach es nicht kaputt. Ich fand den Abend mit dir sehr schön, musst du wissen."
"Wirklich?"
"Oh ja. Du siehst sehr gut aus, kannst unglaublich gut küssen und dann diese Arme.." Camille streichelte Alec sanft über seine Oberarme.
‚Diese Camille lässt wirklich nichts anbrennen,' dachte sich Alec. Er war geschmeichelt, sie war schließlich unglaublich hübsch. Das war allerdings auch schon alles. Er verspürte nicht die geringste Lust, mehr über diese Person zu erfahren, der Funke sprang einfach nicht über. War er zu wählerisch? Seine Pupillen weiteten sich schlagartig, als er Magnus ein paar Meter hinter Camille stehen sah. Er war wie gewöhnlich von einer Schar von Mädchen umgeben, aber er schien ihnen keine Aufmerksamkeit zu schenken. Vielmehr richtete er sie auf Alec und Camille. Seine Arme hingen angespannt an ihm herunter, seine Fäuste waren geballt und sein Blick brodelte vor Zorn.
Alec stockte der Atem. Dass er solch eine Reaktion in Magnus hervorrufen konnte.. gefiel ihm.
Alec schenkte Magnus ein teuflisches Lächeln und wandte sich jetzt wieder Camille zu.
Vielleicht könnte ihm Camille doch noch von Nutzen sein..

Alec musste sich beeilen, er hatte nur noch zwei Minuten bevor sich die Eingangstür der Turnhalle für die nächsten zwei Stunden unwiderruflich schloss. Mr. Starkweather war diesbezüglich unerbittlich, denn er duldete keine Verspätungen zu seinem Unterricht. Wer zu spät kam, musste draußen bleiben und kassierte zwei unentschuldigte Fehlstunden.
Alec schaffte es gerade noch, durch den Türspalt zu huschen, denn Mr. Starkweather stand schon in den Startlöchern und klimperte mit seinem Schlüssel.
"Nochmal Glück gehabt, Lightwood." Alec streifte sich in Windeseile seine Sportkleidung über und sprintete zu seinen Mitschülern, die bereits in Reih und Glied standen. Er hatte völlig die Zeit vergessen, als er mit Camille im Schulflur stand und, für seine Verhältnisse gut, geflirtet hatte. Sie hatten noch schnell Nummern ausgetauscht und wollten sich zeitnah auf einen Cocktail treffen.
Er wusste, dass er Magnus damit ordentlich eins auswischen konnte. Schon lange wollte er sich für die ganzen Gemeinheiten revanchieren und jetzt hatte er endlich die Gelegenheit dazu.

Für die heutigen zwei Sportstunden stand Volleyball auf dem Plan. Basketball wäre Alec lieber gewesen, aber dennoch machte er bei fast allen Ballsportarten eine gute Figur. Unglücklicherweise war er in Magnus' Manschaft gelandet und war demensprechend weniger gut gelaunt. Jace hingegen war in der gegnerischen Mannschaft gelandet. „Viel Glück, Alec, du wirst es brauchen." grinste er frech.
Jace war ungewöhnlich selbstbewusst, er schien sich in seiner Umgebung wohl zu fühlen. Vermutlich, weil Sport eins der wenigen Fächer war, in denen er wirklich gut war. Alec hatte sich als Zuspieler auf der Position Drei positioniert und stand nun vor dem Volleyballnetz. Magnus dagegen startete auf der Position Eins und bereitete sich auf seinen Aufschlag vor. Er trug ein weinrotes Muskelshirt und schwarze Sportshorts. Alec betete, dass der Unterricht schnell an ihm vorbeiziehen würde, denn er ertrug Magnus' Nähe einfach nicht. Unruhig stand er mit dem Gesicht zum Netz und wartete auf den Startpfiff. Das nächte, was Alec spürte, war der Volleyball, der hart gegen seinen Kopf prallte. Alec hielt sich schmerzhaft den Kopf und drehte sich wutenbrannt zu Magnus um.
"Tut mir furchtbar leid, war keine Absicht Alexander, der Ball ist mir irgendwie aus der Hand gerutscht. "
"Ja, wer's glaubt." schnaubte Alec.
"Okay, weiter geht's, Leute." schrie Mr. Starkweather und gab mit seiner Trillerpfeife den Startschuss für Magnus' nächsten Aufschlagversuch. Alec wagte es nicht, sich wieder zum Netz umzudrehen und heftete seinen Blick funkelnd auf Magnus. Dieser grinste hämisch und beförderte mit dem nächsten Aufschlag den Ball geschmeidig über das Netz. Beide Mannschaften lieferten sich einen erbitterten Kampf, aber noch heftiger war der interne Kampf zwischen Magnus und Alec. Wenn Mr. Starkweather nicht hinschaute, stellte ihm Magnus ein Bein, rempelte ihn an oder traf ihn wieder mit dem Ball am Kopf, versehentlich natürlich. Dadurch bekam die andere Mannschaft immer wieder Punkte geschenkt, aber Magnus verhalf seiner Mannschaft immer wieder zur Führung. Als Alec dann schließlich beim letzten Balltreffer an seinen Kopf der Kragen platzte, nahm er den Ball und feuerte ihn Magnus mit voller Wucht ins Gesicht.
Das war noch eine Sache, in der Alec schon immer sehr gut gewesen war: Zielen.
Magnus fiel geschockt zu Boden und hielt sich seine Hand vor das Gesicht. Augenblicklich wurde Alec bewusst, was er getan hatte und er fühlte sich schlecht. Seine Mitschüler kamen besorgt zu Magnus geeilt, einige von ihnen schauten Alec fassungslos und vorwurfsvoll an.
"Lightwood. Was was soll der Unsinn? So etwas dulde ich in meinem Unterricht nicht." ermahnte ihn Mr. Starkweather.
"Er hat angefangen." verteidigte sich Alec.
„Wie alt bist du, zwölf oder was?!" schrie ein Mädchen, das Magnus besorgt den Kopf tätschelte.
Magnus nahm seine Hand von seinem Gesicht und präsentierte allen seine blutige Nase.
"Das ist doch lächerlich. Ich bitte Sie, Mr. Starkweather, Alexander hat mich bewusst angegriffen."
"Angegriffen? Das war nur ein Ball, du Idiot, nicht meine Faust. Vielleicht hätte ich noch doller werfen sollen." fauchte Alec. Seine Gewissensbisse waren schlagartig verschwunden.
"Mr. Lightwood, auf die Bank, sofort! Nutzen Sie die Zeit, um über Ihr inakzeptables Fehlverhalten nachzudenken. Zudem dürfen Sie nach Schulschluss heute noch die Herrenumkleide, samt Duschen, wischen."
Alec starrte fassungslos ins Leere. Was für eine Farce. Er hatte gehörig die Schnauze voll. Magnus musste ebenfalls das Spielfeld verlassen und auf der Bank Platz nehmen. Er hielt sich ein Kühlpad in den Nacken und tupfte sich das frische Blut von seiner Nase. Alec saß am anderen Ende der Bank und funkelte Magnus wütend von der Seite an. Ohne ihn anzusehen flüsterte Magnus ihm zu:
"Fühlst du dich jetzt besser?"
„Nicht mal annähernd." brachte Alec zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor.
"Du bist wohl doch nicht so ein Feigling, wie ich gedacht habe.."

Nachdem Alec den größten Teil des Wassers von den Bodenfliesen mit dem Abzieher in den Abfluss befördert hatte, atmete er erleichtert auf. Dieser verfluchte Bane. Wieso kam er immer mit allem durch und warum fraßen ihm die Lehrer aus der Hand?
"Lightwood, wie sieht's aus?" unterbrach Mr. Starkweather Alecs Gedanken.
"Gerade fertig geworden, Mr. Starkweather."
"Dann ab nach Hause mit dir."
Alec nickte zustimmend.
"Und Lightwood?"
"Ja, Mr. Starkweather?"
"Noch so ein Ding und du darfst nächstes Mal die WC's schrubben."
"Es wird nicht wieder vorkommen."
"Das will ich hoffen. Auch wenn er es verdient hatte." gab er schließlich zu. Alec hob überrascht die Augenbrauen.
"Zieh' die Tür hinter dir zu, wenn du gehst."
"Mach' ich."

Es war bereits nach drei Uhr nachmittags. Bis Alec zu Hause wäre, war es vermutlich nach vier, da er heute zu Fuß gehen musste, denn Jace hatte schon Schulschluss. Er hatte Alec des öfteren nach Hause gefahren, obwohl sein Zuhause in der entgegengesetzten Richtung lag, aber es schien ihm nichts auszumachen.

Alec machte sich zügig auf seinen Nachhauseweg. Er musste noch einen Aufsatz für Mrs. Roberts in Philosophie schreiben. Sie hatte neu an die Schule gewechselt und wollte sich nun mit dieser lächerlichen Hausaufgabe ein Bild von ihren neuen Schülern machen. Das Thema war: "Vorbilder, die mein Leben geprägt haben". Dreitausend Wörter über jemanden zu schreiben, den es nicht gab, nicht für Alec jedenfalls, war hart. Alec wusste, dass es eine lange Nacht werden würde, aber mit reichlich Kaffee intus, würde es gehen, dachte er. Allerdings müsste er sich vorher auf der Couch noch etwas Schlaf gönnen, denn die letzte Nacht hatte ihm diesbezüglich nicht viel gebracht. Er fragte sich, wie lange er wohl ohne genügend Schlaf aushalten würde, bevor er am helllichten Tag im Schulflur umkippte. Es war zum Verrücktwerden..

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt