10. Nach der Party ist vor der Party

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Nach dem Vorfall in Magnus' Zimmer war Alec völlig durcheinander in sein eigenes geflüchtet. Wie am Abend zuvor stellte er einen Stuhl vor seine Tür, um sich vor ungewollten Besuchern zu schützen. Das einzige was Alec jetzt helfen würde, um runterzukommmen, war Musik. Er startete die Playlist auf seinem iPod, steckte sich Kopfhörer in die Ohren und erhöhte die Lautstärke bis auf's Maximum. Nachdem er sich die Zähne geputzt hatte, ließ er sich erschöpft auf sein Bett fallen.

Dieser verdammte Bane. Alec seufzte, als sich seine Hände in die flauschige Decke unter ihm krallten und ein angenehmer, irgendwie vertrauter Geruch in seine Nase stieg, der aber nicht sein eigener war. So samtig, so süß, aber männlich, so .. Alec schreckte plötzlich hoch. Es war Magnus' Bettwäsche, in der er immer noch lag. Fuck. Er hatte völlig vergessen, sein Bett neu zu beziehen. Allerdings hatte er ganz bestimmt nicht vor, jetzt sein Zimmer zu verlassen, um das Haus nach frischen Bezügen abzusuchen. Während er noch darüber nachgrübelte, war er auch schon eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde er sanft von einem Sonnenstrahl, der sich seinen Weg durch einen Spalt vom Rollo erkämpft hatte, geweckt. Schmerzlich zog er sich wieder die Kopfhörer aus den Ohren. Er schaute auf seine Uhr. 11:38 Uhr. Zumindest hatte er mal wieder durchgeschlafen. So erholt hatte er sich lange nicht gefühlt. Alec schlüpfte aus seinem Bett und zog zuerst das Bettzeug ab. Nicht, dass ihm das heute wieder entfiel. Er wollte so wenig Kontakt wie möglich zu Magnus Bane und das beinhaltete auch seine Habseligkeiten. Er nahm den Stuhl von der Tür, ging auf den stillen Flur. Achtlos warf Alec die Bezüge einfach vor Magnus' Zimmertür.

Im Haus war es totenstill. Er lauschte kurz an Magnus' Tür. Nichts. Dann ging er runter zu Izzys Zimmer, auch hier war nichts zu hören. Wo waren denn alle? Er ging weiter nach unten ins Wohnzimmer um dort ein regelrechtes Schlachtfeld vorzufinden. Überall waren Sand und vereinzelte Cocktailschirmchen verteilt, über dem Geländer hingen zwei halbe Kokosnüsse und Alec verzog angewidert das Gesicht. Er ging in die Küche, der Boden klebte unter seinen Schuhen. Überall standen leere Bierflaschen, halb volle Cocktail- und Shotgläser und irgendjemand muss wohl eine Tüte Chips explodieren lassen haben. Überfordert fuhr er sich durch die Haare. "Fuck!" sagte er laut. Er nahm ein Rascheln hinter der Kücheninsel wahr. Er ging zögerlich herum und dort, mitten auf dem Boden, ein Sofakissen unter ihrem Kopf geklemmt, lag Izzy. Verklebt, verschmiertes Make-Up und offenbar gerade dabei, aufzuwachen.

Alec verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Kücheninsel. Izzy rieb sich die Augen, was sie noch mehr wie einen Panda aussehen ließ. "Werhaddaslichtangelassen?" lallte sie. Alec musste grinsen. "Herrgott, Iz. Bist du immer noch voll?" fragte er sie.
"Alec?"
"Nein, Mr. Bean. Natürlich bin ich es."
"Wie spät ist es?"
"Gleich zwölf."
"Mitternacht?"
Er seufzte und packte sie unter den Armen, um sie auf die Beine zu ziehen.
"Nichsoschnell, mein Kopf!" jammerte sie.
"Schwesterlein, du musst erst mal klar kommen. Ich würde sagen, dein Alkoholpensum ist für diesen Monat erfüllt." Er setzte sie auf einen Stuhl am Küchentisch, suchte ein sauberes Glas und füllte es mit Leitungswasser. In der Küchenschublade fand er Kopfschmerztabletten und legte ihr zwei davon mit dem Glas vor die Nase. "Runter damit!" befahl er.
Izzy schaute das Glas an, dann schaute sie Alec an. Er runzelte die Stirn und wirkte nun ungeduldig. "Mach schon Iz, du schaffst das." Sie schüttelte den Kopf. Sein Gesicht wurde fragend, jedoch brauchte er nicht lange auf die Antwort warten. Isabelle sprang urplötzlich auf, stürzte an ihm vorbei zur Spüle und übergab sich in einem Schwall.
Alec seufzte schwer, drehte sich zu ihr und hielt ihr die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht, während er liebevoll ihren Rücken streichelte. Sie hatte es eigentlich nicht verdient, aber sie war noch immer seine Schwester.

Nachdem sie wieder am Tisch saß und die Tabletten genommen hatte, machte er ihr einen Kaffee und reichte ihr die Tasse.
"Danke," flüsterte sie schüchtern und pustete über die dampfende Tasse.
Alec ging ins Wohnzimmer und wäre auf dem Weg dorthin fast über eine große Gestalt gestolpert. Bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass es sein Kumpel Jace war. Alec stupste ihn mit seinem Fuß an und bekam als Antwort ein: "Noch fünf Minuten, Mom!"
Alec kicherte. "Nix da, aufstehen! Du hast heute deinen Gedichtvortrag, Jace!"
Jace sprang wie von der Tarantel gestochen auf und brabbelte: "Tante Trude Trippelstein, hält nicht viel vom Sonnenschein. Und an schönen Tagen, hat sie's mit dem Magen." Entsetzt schaute Alec ihn an und Jace schaute ebenso entsetzt zurück.
"Wo ist meine Mom?"
"Wieso sagst du tatsächlich ein Grundschulgedicht auf?"
"Ich muss es doch heute vortragen, aber ich habe die zweite Strophe vergessen!"
Alec schüttelte den Kopf. "Heute ist Samstag, Jace."
"Samstags habe ich keine Schule."
"Nein, hast du nicht."
"Wieso muss ich dann das Gedicht vortragen?"
"Okay.. äh.. du bist hier gestern offenbar eingeschlafen."
Jace schaute sich um. "Ja, ich war müde."
Alec klopfte ihm auf die Schulter und schob ihn Richtung Küche. "In der Küche ist Kaffee, vielleicht trinkst du erst mal einen." Ohne zu antworten setzte Jace sich benommen in Bewegung. Alec fragte sich, was für Überraschungen hier noch zu finden waren.

Das Wohnzimmer glich dem Schlachtfeld in der Küche. Glücklicherweise ohne die Chips. Alec schielte kurz über die Sofalehne. Dort lag, noch immer in seiner Badehose und Shirt, Simon und schlummerte friedlich. Vorsichtig stupste Alec ihn an und Simon schreckte hoch. Verwirrt schaute er sich um bis er Alec entdeckte.
"Morgen, Kumpel," begrüßte Alec ihn. "In der Küche ist Kaffee."
Simon nickte verschlafen und stand langsam auf, um in die Küche zu gehen. Bevor er den Türrahmen erreichte, ergänzte Alec noch: "Und meine Schwester, nicht wundern." Simon erstarrte und drehte sich wieder um. Seine Augen waren riesengroß. Stumm schüttelte er den Kopf. Alec hob eine Augenbraue.
"K-kann ich bei dir bleiben?" stotterte Simon.
"Wie bitte?"
"Ich.. k-kann ich bei dir bleiben?"
"Wieso?"
Keine Antwort.
"Simon?"
"Ich.. naja.. ich.."
"Was hast du gemacht?"
"Ich weiß nicht.."
"Was, Simon?"
"Vielleicht habe ich versucht, ihre Füße zu küssen."
Alecs Augen fielen ihm fast aus dem Kopf. "Wessen? Izzys?"
Simon nickte schüchtern.
"Warum in Gottes Namen solltest du so etwas tun?"
Simon druckste herum. "Naja.. da gab es Tequila und sie hat so schöne Füße und.."
Alec hob seine Hand. "Weißt du was? Ich will es gar nicht mehr wissen, komm' einfach mit und hilf' mir zu schauen, ob hier noch andere Schnapsleichen rumliegen." Ergeben folgte Simon ihm.

Bei der Patrouille durch das Haus war niemand weiter anzufinden. Fast alle Zimmer waren ähnlich verwüstet. Draußen am Pool lagen mehrere Kleidungsstücke verteilt und eine Gestalt lag auf einer Liege unter einem Handtuch. Simon schaute genauer hin und flüsterte Alec zu: "Es ist Magnus."

Magnus lag tief schlafend auf der Liege und umklammerte eine pinke Poolnudel als wäre sie seine Geliebte. Alec musste nur eine Sekunde nachdenken, bevor er wusste, was zu tun war. Ehe Simon ihn daran hindern konnte, packte Alec den Rand der Liege und kippte sie samt ihrer Ladung in den Pool.
Mit einem lauten Platschen landete Magnus inklusive Poolnudel und Handtuch im Wasser. Er prustete und schrie und umklammerte die Nudel als würde er gleich ertrinken. Simon starrte geschockt zwischen Alec und dem Geschehen im Pool hin und her. Alec stand nur da, die Arme vor der Brust verschränkt und ein gehässiges Grinsen auf seinem Gesicht.
Schließlich tauchte Magnus unter der Liege auf und sein Blick bohrte sich in Alec.
"Lightwood!" zischte er.
"Guten Morgen, Magsy! Ich hoffe du hast was Schönes geträumt?" zwitscherte Alec. "Duschen musst du nun wohl nicht mehr." Damit drehte er Magnus den Rücken zu und ging triumphierend zurück ins Haus.
"Das wird dir noch leid tun, Lightwood!" schrie Magnus ihm ungehalten nach.

Fünf Stunden später war das Haus wieder einigermaßen repräsentabel. Alec hatte Simon und Jace dazu verdonnert, mit aufzuräumen und auch Magnus und Isabelle waren in vollem Gange. Magnus ging Alec gekonnt aus dem Weg, aber Alec spürte dennoch dessen wütende Blicke in seinem Nacken. Als er es sich gerade auf dem Sofa bequem machen wollte, riefen Jace und Simon ihm von der Haustür noch schnell zu. "Dann bis später, Alec." Mit einem fragenden Blick drehte Alec sich um.
"Wartet. Was meint ihr mit ‚Bis später'?"
"Ja, wir müssen uns doch noch umziehen."
"Umziehen? Wofür?"
Simon schaute geschockt, allmählich wurde das zu seinem Standardgesichtsausdruck. Nur Jace plapperte fröhlich drauf los: "Wir können ja wohl kaum in Bunt zu einer White Party kommen."
"White Party?"
Simon stieß Jace mit seinem Ellbogen in die Rippen und schüttelte den Kopf.
"Was ist hier los, Leute?"
"Alec," gluckste Jace. "Weißt du nicht, was eine White Party ist? Da ziehen alle weiße Klamotten an."
Alec rollte mit den Augen.
Simon räusperte sich. "Ich glaube, Jace.. Alec möchte wissen, WO die Party stattfindet."
"Hä? Na hier, wo denn sonst?"
Bevor Simon etwas erwidern konnte, war Alec schon aufgesprungen und schrie: "Isabelle!!!"

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt