76. Kompromisse

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Seufzend feuerte Adam seine Aktentasche auf die Kommode im Flur. Der Arbeitstag war mehr als ermüdend für Adam gewesen, er musste sich immer wieder dazu ermahnen, volle Konzentration aufzubringen. Doch es war vergebens, seine Gedanken schweiften immer wieder zu Maryse. Er vermisste sie, fast so, als fehlte ihm ein wichtiges Körperteil. Und offensichtlich fehlte er ihr auch, ihre Nachricht an ihn war eindeutig gewesen.

Schleppend begab sich Adam in die Küche, auf dem Weg nach etwas Essbaren. Der Kühlschrank bestätigte seine Befürchtungen. Selbst ihm fiel kein passendes Rezept für eine Salatgurke, zwei Scheiben Käse und eine Packung Salami Sticks ein. Frustriert knallte er den Kühlschrank zu. Adam hatte sich den ganzen Tag über von Kaffee ernährt, doch seinen Magen konnte er nun nicht länger ignorieren. Zum Einkaufen fehlte ihm die Motivation, vielleicht würde er sich lieber was bestellen. Er schielte auf die Uhr. Es war kurz vor sechs Uhr abends. Magnus' Auto stand noch nicht in der Einfahrt und Adam fragte sich, wo sein Sohn sich rumtrieb..

Das Haus wirkte nun noch größer und einsamer auf ihn und ein bisschen Gesellschaft täte ihm sicher gut. Vielleicht würde sich Magnus erbarmen, mal wieder etwas Zeit mit seinem alten Herrn zu verbringen.
Kurzerhand zückte Adam sein Handy und tippte eine Nachricht an seinen Sohn.

Wann kommst du nach Hause?

Bin noch bei einem Kumpel.
Ist alles in Ordnung?

Ich dachte, wir könnten
uns vielleicht heute Abend
Pizza bestellen und einen
Filmabend machen,
so wie früher.

Klingt gut.
Könnte gegen sieben
zu Hause sein.

Dann bestelle ich zu 19.00 Uhr
eine Fantasia Familienpizza
mit extra Käse, schaffen wir
das zu zweit? Bin ein bisschen
aus der Übung. 🤔😬

Klaro. Du weißt doch,
ich esse immer für
mindestens zwei.

Ich habe es nicht vergessen,
mein Sohn. 😅

Bis später, Dad. 😎

Bis, dann. Fahr vorsichtig.

Klar.

"Das war mein Dad. Ich muss bald nach Hause." seufzte Magnus und kuschelte sich an Alecs Brust. Beide lagen im Bademantel eingemurmelt und eng umschlungen im Hotelbett.
"Alles gut, Izzy wird eh bald mit Mom zurückkommen und mich zum Abendessen abholen."
"Ich will nicht ohne dich schlafen." gab Magnus zu.
"Ich auch nicht ohne dich." zärtlich kraulte Alec ihm den Rücken.
Plötzlich schreckte Magnus hoch.
"Was ist los?" fragte Alec verblüfft.
"Du kannst ja dein Zimmer jetzt abschließen, das bedeutet, ich kann einfach in deinem Bett schlafen." verkündete Magnus euphorisch.
"Dann wird es wenigstens mal benutzt. "antwortete Alec kichernd.
"Das stimmt. Was hältst du davon, wenn wir dieses auch noch für.. sagen wir dreißig Minuten, nutzen?" fragte Magnus verführerisch.
"Eine ausgezeichnete Idee, Mr. Bane." erwiderte Alec mit rauer Stimme und küsste Magnus innig, während er mit flinken Fingern dessen Bademantel öffnete.
"Versuchen Sie mich zu verführen, Mr. Lightwood?"
"Definitiv ja."

Pünktlich um sieben Uhr saß Magnus mit seinem Vater auf der Couch. Beide machten sich gerade über ihr vor Käse triefendes Pizzastück her und hatten sich für den Film 'Dirty Grandpa' entschieden, der, genau nach ihrem Geschmack, mehr als unter der Gürtellinie war. Immer wieder mussten sie aufpassen, nicht vor Lachen an ihrer Pizza zu ersticken.

Als der Film doch noch seinen ernsten und sentimentalen Punkt erreicht hatte, platzte es plötzlich aus Magnus heraus.
"Dad, es gibt da jemanden in meinem Leben." Sein Blick war weiter auf den Fernseher gerichtet. Magnus wusste, dass dieser Moment mehr als ungünstig war, aber gab es überhaupt den richtigen Zeitpunkt für diese Art von Geständnis?
"Ich weiß." antwortete Adam knapp, den Blick ebenfalls auf den Film gerichtet.
"Du weißt es?" fragte Magnus erstaunt.
"Also ich weiß nicht, wer es ist..nur das da jemand ist. Ich bin nicht blind, Magnus.." gab Adam schließlich zu.
"Ist es so offensichtlich..?"
"Für einen selbst wohl nicht, aber für jemanden, der dich groß gezogen hat, schon." kicherte Adam.
Magnus lächelte belustigt.
"Ich hoffe, du stellst mir ihn oder sie vielleicht irgendwann einmal vor."
"Der richtige Zeitpunkt war irgendwie noch nicht da.." gab Magnus zögerlich zu.
"Mach dir keinen Stress, mein Sohn, lass dir Zeit." versicherte er Magnus.
"Das ist es ja.. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich keine mehr habe. Ich habe das schon viel zu lange vor mich hingeschoben." erklärte Magnus seufzend.
"Magnus.." liebevoll legte Adam seine Hand auf Magnus' Oberschenkel.
"Du wirst es wissen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist."
Magnus nickte und knetete verlegen seine Hände.
"Ich liebe ihn."
"Das ist schön, Magnus." In Adams Gesicht spiegelte sich aufrichtige Freude und Liebe für seinen Sohn.
"Dann warst du vorhin also nicht nur bei einem Kumpel?" fragte Adam mit deutlichem Unterton.
Magnus lächelte und verneinte Adams Frage mit einem leichten Kopfschütteln.
"Du hattest Recht mit dem, was du damals im Kino zu mir gesagt hast: Wenn es einen erwischt, kann man rein gar nichts dagegen tun."
Adam wandte seinen Blick wieder ab und starrte nun gedankenverloren vor sich hin, während er schwer ausatmete.
"Ja, wohl wahr."

Magnus lehnte sich zurück und imitierte die Sitzposition seines Vaters.
"Ich habe um diese Person gekämpft, Dad. Ich habe gekämpft wie ein Löwe und letztlich hat es sich gelohnt.
Er ist für mich das Puzzleteil, das man die ganze Zeit sucht. Man weiß, es wird auch ohne gehen, man kann das Gesamtbild erkennen, es ist ausreichend, aber nicht vollständig.
Ich weiß, dass Maryse diese Person für dich ist, Dad. Du darfst jetzt nicht aufgeben. Und wenn das bedeutet, dass du ein paar Kompromisse machen musst, um sie nicht zu verlieren, dann tu' das, wenn es dich nicht unglücklich macht, sie aber glücklicher."

Adam erwachte aus seiner Starre und schaute mit klarem Blick zu Magnus.
"Du hast Recht. Verdammt!" entkam es ihm ungestüm.
"Hey!"
"Nein, ich meine es ernst. Ich will sie nicht wegen so einem dummen Stück Papier verlieren."

Entschlossen erhob sich Adam von der Couch. Zielgerichtet stürmte er die Treppen hinauf, um in Sekundenschnelle wieder im Flur zu erscheinen.
Magnus stapfte neugierig in den Flur und beobachtete seinen Vater.
Adam hatte seinen schwarzen Mantel umgelegt und war gerade dabei, einen großen braunen Umschlag in seiner Aktentasche zu verstauen.
"Dad, was hast du vor?" fragte Magnus verdutzt.
"Deinem Ratschlag folgen."
"Jetzt? Es ist gleich halb zehn. Maryse schläft bestimmt schon bis du im Hotel bist." gab Magnus bedenklich zu.
"Ich habe nicht vor, sie zu wecken. Ich gebe die Papiere nur an der Rezeption ab, aber ich muss das jetzt tun."
"Okay." Magnus lächelte liebevoll und antwortete dann auf Adams stille Frage.
"Sie ist im Hotel 'City of Glass'."
"Danke, mein Junge."

Another Malec Story - Modern FamilyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt