30:Ausgesprochen

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Magnus:
Sich streiten zu können und dabei immer die Sicherheit zu haben, dass nichts zerbricht. Vielleicht macht das die Besonderheit zwischen zwei Menschen aus.

Wie versteinert schaute ich zu wie die Tür hinter Niklas ins Schloss fiel und mir sagte: „Jetzt ist er weg!" Ich spürte wie sich ein kleiner Brocken von meinem Herz mit einem stechenden Schmerz löste. Doch die Worte von meiner kleinen Schwester, die wenige Sekunden nachdem Niklas verschwunden war, aus ihrem Mund kamen, trafen mich wohl noch härter als die Tatsache, dass Niklas gerade gegangen war. „Danke Magnus echt! Wegen dir ist Niklas jetzt weg! Nur weil du so einen verdammten Sturkopf haben musst! Jetzt werd verdammt nochmal erwachsen und rede mit Jemanden über deine Probleme! Mir sagt ihr immer ich soll mit euch reden, wenn mich etwas bedrückt, aber du bist nicht gerade besser. Du frisst alles in dich hinein, bis es irgendwann so endet wie jetzt! Werde dir endlich darüber bewusst was du willst!", schrie sie mich unter Tränenfluss an. Wie gefesselt stand ich im Flur und wusste weder was ich sagen soll, noch was ich jetzt machen sollte. Im aktuellen Augenblick war ich einfach nicht in der Lage überhaupt etwas zu machen. Im Hintergrund vernahm ich wie Lijana wütend ihre Zimmertür zuschlug. Und da stand ich nun. Alleine im Flur! Wie eine Staute versteinert und öffnete langsam die Augen! Langsam realisierte ich, was ich gerade eben angestellt hatte. Wegen mir war Niklas abgehauen. Weil ich Niklas vertrieben habe, war nun auch Lijana auf mich sauer. Und das alles nur wegen Franz! Hatte Niklas Recht? War er kein guter Umgang für mich? Allein bei dem Gedanken spürte ich diesen tiefen Schmerz in meinem Herzen. Sowas zu denken fühlte sich falsch an. Es war so schön mit ihm gewesen. Ich war glücklich gewesen. Aber wieso läuft trotz allem genau wegen ihm alles den Bach hinunter! Ich spürte wie immer mehr Verzweiflung in mir hochstieg. Was sollte ich jetzt machen? Wie kann ich das alles wieder gerade biegen? Ich fühlte mich in diesem Moment so alleine gelassen, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Es fühlte sich so an, als wäre ich alleine auf dieser Welt. Ich spürte wie die Tränen in meine Augen stiegen und langsam über meine Wange rollten und auf den Boden im Flur tropften. Mit dem Rücken zur Wand glitt ich hinunter bis mein Hintern den Boden berührte und ich bitterlich losweinte. Ich war an allem Schuld. Tiefe Schuldgefühle gruben sich in meine Brust und hinterließen ein bedrückendes Gefühl. Mein Herz war auf einmal so schwer, als würde es von einem Anker unter Wasser gezogen werden und am Meeresgrund gefangen gehalten werden. Unaufhaltsam rollten mir dicke, salzig schmeckende Tränen über die Wange. Zusammengekauert saß ich auf dem Boden und schluchzte leise vor mich hin. Was soll ich bloß tun? Wie soll ich das alles wieder gutmachen? „Jetzt werd verdammt nochmal erwachsen und rede mit Jemanden über deine Probleme! Mir sagt ihr immer ich soll mit euch reden, wenn mich etwas bedrückt, aber du bist nicht gerade besser. Du frisst alles in dich hinein, bis es irgendwann so endet wie jetzt! Werde dir endlich darüber bewusst was du willst!" Die Worte meiner kleinen Schwester hallten mir immer wieder durch den Kopf. Und je länger sie mich in meinen Gedanken verfolgten, desto einleuchtender wurde sie mir. Sie hatte Recht! Die letzten Wochen hatte ich die Sache mit Franz in mich hineingefressen, hab es vor allen geheim gehalten und das war das Ergebnis von allem. Ich sollte mich endlich jemanden anvertrauen. Vielleicht kann derjenige mir sagen, was mit mir los ist. Jetzt gibt mir meine sechszehnjährige kleine Schwester schon Ratschläge. Wie weil muss ich gesunken sein? Niklas hatte Recht. Ich bin alles andere als erwachsen. Selbst Lijana ist reifer als ich. Ich bin irgendwo zwischen Erwachsen Werden und Jugendlicher stehen geblieben. Ich verhielt mich gerade echt wie ein püberträer Teengaer! Was ist nur los mit mir? Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich mich tatsächlich verändert hatte? Lag es doch an Franz? Vielleicht wollte ich es einfach nicht wahrhaben. Vielleicht bin ich einfach nur verdammt blind gewesen. Auf einmal zweifelte ich die ganzen letzten Tage an. Was wenn er wirklich nicht gut für mich war? Ich war verwirrt: Mein Kopf drohte zu explodieren. So komme ich einfach nicht weiter! Ich brauch Hilfe! Aber nur wer? Wem könnte ich das alles anvertrauen. Mit wem konnte ich über die Vermutung reden, über die ich noch nie zuvor geredet hatte. Die Vermutung über die ich selbst nicht stolz war. Die Vermutung für die ich mich etwas schämte. Ich überlegte einige Minuten fieberhaft bis ich zu dem Entschluss kam. Dule! Er hatte für alle ein offenes Ohr. Und wenn man jemanden vertrauen konnte dann ihm! Mit zittrigen Händen griff ich nach meinem Handy und zog es aus meiner Hosentasche. Mit immer noch Tränen in den Augen wählte ich seine Nummer.

Until I met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt