89: Das letzte Puzzleteil

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Lijana:

Immer noch total überwältigt stehe ich neben Gisli zusammen mit dem Pokal vor dem Mannschaftsbus und wartete darauf, dass die anderen endlich aus der Kabine kommen. Wir hatten beschlossen zurück nach Kiel zu fahren und anschließend noch zusammen mit den Familien den Pokalgewinn zu feiern. Stolz wie ein Löwe hielt Gisli den Pokal in den Händen, obwohl er absolut nichts zum Sieg beigetragen hatte. Aber er sah so verdammt süß aus mit diesem Grinsen auf den Lippen. "Saufen morgens mittags abends ich will saufen", dröhnte es aus Niclas Musikbox, während Disse und Rune mit jeweils einer Bierflasche in der Hand zu uns gelaufen kamen. Gisli hüpfte einfach fröhlich mit, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er absolut keinen Plan hatte, von was die beiden geraden sangen. Ich beobachtete das Geschehen zurückhaltend aus etwas Entfernung. "Wenn du willst kannst du mir helfen, das ganze Zeug aus der Kabine in den Bus zu tragen"; bot Michael Menzel, der Teambetreuer an und ich entschied nicht weiter wie bestellt und nicht abgeholt hier rumzusehen, sondern mich nützlich zu machen. Ganze weitere fünfzehn Minuten dauerte es, bis Alfred seine Rasselbande in den Bus verfrachtet hatte, wo die Party nun weiterging. Aus Niclas Musikbox dröhnte weiter Partymusik, die absolut nicht meinen Musikgeschmack traf und die Jungs sangen komplett schief dazu mit, während ich weiter wie vorhin in der Halle Bilder machen durfte. "Willst du auch?", fragte mich Gisli nach einer Weile und hielt mir seine Bierflasche hin. Sofort hatten Niklas Adleraugen dies bemerkt und funkelten mich warnend an. " Jetzt schau nicht so. Ein Schluck Bier wird mich ja wohl nicht umbringen. Ich bin 16, also darf ich das", genervt verdrehte ich die Augen. "Jetzt lass die Kleine doch auch mal Spaß haben", mischte sich zum Glück Magnus ein und Gisli streckte mir gleich seine Bierflasche entgegen. Ich spürte zwar, dass Niklas nicht gerade begeistert war, aber er gab schließlich nach. Irgendwie etwas vorsichtig hielt ich die Bierflasche in der Hand. Ich hab bisher noch nie Bier getrunken. Etwas zaghaft trank ich einen kleinen Schluck und fühlte mich von den anderen irgendwie etwas beobachtet und Gisli lachte mich aus, als ich etwas das Gesicht verzog. Ich hatte mir Bier irgendwie anders vorgestellt. Ich wusste nicht so wirklich, was ich davon halten sollte. Ich nahm nochmal einen Schluck, aber es überzeugte mich immer noch nicht wirklich. Dankend gab ich Gisli sein Bier zurück, der mich daraufhin erneut auslachte. "Was?", genervt schaute ich ihn an. "Es ist nur funny", meinte er kopfschüttelnd und ich kniff ihm daraufhin einfach in die Seite. Genau in den Moment wo er was trinken wollte und ein Schluck Bier landete auf dem Boden. "Das ist deine Schuld"; beschwerte er sich und nun kicherte ich los. Sein Blick war einfach so genial. "Ich hab dich lieb", grinste ich und legte meine Lippen gierig auf seine. "Achtung wegschauen! Kinderpornografie", kam einer von Disses unangebrachten Kommentaren, woraufhin ihm Raffi ein Kissen ins Gesicht. Frag mich nicht wieso er ein Kissen dabei hatte. "Alkohol-Alkohol", hallte es nun durch den Bus und auch Gisli verstand zum ersten Mal eins der Lieder und sang lautstark mit, während ich einfach nur den Kopf schütteln konnte. Das kann ja noch ein lustiger Abend werden mit den Jungs. Gut eine Stunde später fuhr dann der Bus an Trainingszentrum vor. Ich war eine der ersten die aus dem Bus kletterte und auch etwas froh darüber war, aus dem stickigen Bus an die frische Luft zu können. Die Jungs hatten bereits Wetten abgeschlossen, wer sich als erster übergeben wird. Das kann ja was werden! Mein Tipp war ganz klar Disse. Der wankte jetzt schon durch die Gegend. Entweder er verträgt absolut keinen Alkohol, oder er hat schon etwas tief ins Glas geschaut. Ich tippe auf die erste Variante. Nachdem Alfred nochmal den Treffpunkt genannt hatte trennte sich die Gruppe und es wurden Fahrgemeinschaften gebildet, um zum Restaurant zu fahren. Niklas Auto war vollgestopft. Vorne saßen Niklas und Magnus, während Gisli, Franz und ich uns zusammen mit dem Pokal auf die Rückbank gequetscht haben. "Wieso haben wir den Pokal nicht Magnus gegeben?", fragte ich nach einer Weile und alle zuckten mit den Schultern. Wir hätten vielleicht vorher den Kopf einschalten sollen. Zum Glück war es bis zum Restaurant nicht all zu weit. Kurz darauf saßen wir dann alle geschlossen zusammen und aßen zu Abend und obwohl ich vorhin in der Halle was gegessen hatte bedankte sich mein Magen. Neugierig schaute ich mich am Tisch. Alle hatten ihren Freundinnen oder Frauen mitgebracht, beziehungsweise Freund in Filips Fall. Die meisten von ihnen kannte ich noch nicht. Abgesehen von Liv, die auch vorbeigekommen sind. Pelle ist leider in Dänemark bei unseren Eltern geblieben, ich hätte meinen kleinen Neffen gerne mal wieder gesehen. Aber hier würde es ihm eh nicht gefallen, es war viel zu laut und auch die anderen hatten keine Kinder mitgenommen. "Jungs, ich wollte euch noch was mitteilen, bevor ihr es nachher irgendwo im Internet lest", meldete sich Filip zu Wort und alle verstummten. "Also vorhin bei der Pressekonferenz wurde ich auf Lion angesprochen. Irgendwer hat und gestern erwischt nach dem Spiel. Wir hatten keine andere Wahl und haben es jetzt öffentlich gemacht. Ich hab keine Ahnung was jetzt passieren wird, aber ich bin froh, dass es jetzt einfach raus ist und wir uns jetzt nicht mehr verstecken müssen", platzte es aus dem Tschechen heraus, auf dessen Hand sich Lions legte und dieser ihn verliebt anlächelte. Die beiden passten echt wie die Faust aufs Auge. Alle waren erstmal geschockt, aber nach und nach gratulierten alle den beiden und sprachen ihnen Mut zu. "Wir werden auf jeden Fall immer hinter euch beiden stehen", versprach ihm Alfred und klopfte den beiden auf die Schulter und zwinkerte ihnen zu. Und alle stimmten ihnen zu: "Auf Lion und Filip", rief Dule und hob sein Glas und alle stiegen mit ein. "Oder auf die Liebe", schlug ich vor und strahlte Gisli an. Nachdem wir alle gesättigt waren ging die Party weiter. Aus den Lautsprechern kam ein Partysong nach dem anderen und auch beim Alkohol wurde ordentlich zugelangt. Der Pokal war mittlerweile irgendwo untergetaucht und man konnte nur hoffen, dass er nachher wieder auftauchen wird. Auf der Tanzfläche war mittlerweile einiges los. Mitten drin tanzte Alfred und schien sichtlich Spaß zu haben. Disse und Niko hatten sich an der Bar zusammengestellt und tranken ein Shot nach dem anderen und fordert sich weiter heraus. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis sich einer von ihnen übergeben wird. Neugierig schaute ich mich weiter um, während ich auf der Bank saß und meine Cola trank. Irgendwo am Rand fand ich dann Gisli stehen, der gerade mit Lukas Freundin und Magnus tanzte. Ich entschied mich zu den dreien zu gehen. Auch wenn ich wirklich ein Tanzmuffel war wippte ich etwas mit zur Musik und als Gisli mich sah, grinste er mich breit an und zog mich in seine Arme. "Ich hab dich vermisst", hauchte er und ich musste automatisch grinsen. Während er mich schließlich dazu überredet hatte etwas mit ihm zu tanzen, konnte ich weiterhin die anderen beobachten. Disse hatte es mittlerweile geschafft sich in einen Regenschirmhalter zu übergeben, weil er ihn mit einem Mülleimer verwechselt hatte. Andi und Niko lachten den Quatschkopf gnadenlos aus. "Du bist gar nicht so bad, wie du sagst", meinte Gisli nach einer Weile und strich mir liebevoll über die Wange. Auch wenn ich nicht so begeistert von meinen Tanzkünsten war, in Gislis Armen ging es so einigermaßen. Immer mal wieder rutschte ich etwas weg, doch jedes Mal war Gisli zu Stelle und versicherte mir, dass alles in Ordnung sei. Im Augenwinkel sah ich Magnus und Franz die zusammen in einer Ecke stand und sich gerade sehr ausgiebig küssten. "Die beiden können nicht die Finger von einander lassen", lachend schüttelte ich den Kopf. "No not really", stimmte mir Gisli lachend zu, bevor er seine Hände an meine Taille legte und ich alles um uns herum ausblenden konnte. Die Schmetterlinge in meinem Bauch überschatteten alles um uns herum. Immer mehr verlor ich mich in Gislis Augen und auch die Tatsache, dass Lukas die ganze Zeit alles mögliche in seine Story stellte, war mir zu diesem Moment alles gleichgültig. Sollen die anderen doch sehen, wie sehr ich Gisli liebe. Ich stellte mich etwas auf die Zehenspitzen um den Größenunterschied zu überbrücken und ließ meine Hand in seinen Nacken wandern und legte meine Lippen verlangend auf seine. Der Moment hätte ewig so weitergehen können, doch diesmal war es nicht einer der Jungs, der uns unterbrach. Nein, meine elektrische Prothese die piepend anzeigte, dass sie wieder Strom brauchte. Ich hatte gestern Abend vergessen sie zu laden. Natürlich hatte ich sofort die Aufmerksamkeit auf mich, während Gisli mich erschrocken anschaute, weil ich auf einmal los piepste. "Strom", erklärte ich etwas peinlich berührt und klopfte gegen meineProthese. Daraufhin lachte auch Gisli los. "Dann geh dich mal wieder aufladen", meinte er, während ich mich durch die Menge zurück zum Tisch bewegte und nach meine Handtasche suchte, um meinen Akku zu finden. "Suchst du etwas?", fragte mich auf einmal eine freundliche Stimme. Ein Mädchen etwas älter als ich mit blonden Haaren stand vor mir und lächelte mich an, wie vorhin auch beim Essen. Sie war neben Niko gesessen. "Ja meine Handtasche, weil ich mein Akku leer ist", antwortete ich etwas genervt. "Hier du kannst meins haben", meinte sie freundlich und reichte mir ihr Handyladenkabel. Ich spürte wie ich rot anlief, weil mir einfiel, dass ich mich unverständlich ausgedrückt habe. "Nein nicht mein Handy ist leer, sondern meine Prothese", erklärte ich ihr lachend und entdeckte endlich meine Handtasche und zog den Akku raus. "Was sowas geht?", fragte sie mich verwirrt. "Ja", antwortete ich und befestigte den Akku und ließ mich auf einen der Stühle nieder. "Ich hab mich noch gar nicht vorgestellt, Diana, Nikos Freundin", meinte sie und lächelte freundlich. "Lijana, die Schwester von Magnus und Niklas und Freundin von Gisli", stellte ich mich vor und stellte fest, dass das verdammt viel auf einmal war. Aber es fühlte sich so gut an sagen zu können: Freundin von Gisli! Einige Minuten saßen wir schweigend nebeneinander und beobachten stumm die Menge. "Du bist auch eher ein Tanzmuffel", brach sie dann wieder die Stille. "Ja, Gisli meint zwar ich wäre gut, aber nein! Zum Glück hat mein Akku mich erlöst", lachte ich. "Darf ich fragen, was passiert ist?", fragte sie vorsichtig. "Ich wurde als ich vierzehn war, auf dem Rückweg vom Training von einem Auto erwischt", antwortete ich und hatte Mühe, dass meine Stimme nicht brach. Ich dachte eigentlich ich wäre in der Lage problemlos darüber zu reden, doch anscheinend saß der Schmerz immer noch tief in mir. Wir waren etwas ins Gespräch gekommen, da gesellte sich Niko zu uns und zog seine Freundin auf seinen Schoß und grinste mich an. "Und unterhaltet ihr euch schön?", fragte er neugierig. "Ja Lijana erklärt mir gerade, wie das mit ihrer Prothese funktioniert. Wusstest du, dass es elektrische Prothesen gibt?", total begeistert überflutete Diana ihn mit Wötern, die in seinem leicht angetrunkenen Zustand nur für Verwirrung bei ihm sorgte. "Nee, dass ist irgendwie auch zu viel Physik", meinte Niko lachend. "Ich finde das faszinierend", total begeistert lehnte sie sich an ihren Freund und grinste breit. "ich find eher interessanter, dass man mit einer Prothese Handball spielen kann", warf Niko ein und irgendwie fühlte es sich komisch an, dass sie indirekt mit mir über mich redeten. "Du spielst Handball?", begeistert schaute sie mich an. "So halbwegs. Ich trainiere seit ein paar Wochen wieder mit Gisli, aber kein Team wird mich vermutlich aufnehmen, wenn ich bereit dafür wäre", seufzte ich. "Warte.. wie alt bist du?", fragte sie mich. "16", antwortete ich. "Du könntest bei uns mit einsteigen. Bei uns gehen zum Ende der Saison eh drei, also könnten wir Ersatz gebrauchen. Ich kann ja mal mit meinem Vater reden", bot sie an. Ich konnte nicht wirklich glauben, was sie da gerade eben gesagt hatte. Ich kann vielleicht bald in einer Mannschaft spielen. "Echt?", fragte ich fassungslos. Sie nickte. "Er sagt sicherlich nicht nein. Kannst ja mal zu einem Probetraining vorbeikommen. Wir traineren immer dienstags, donnerstags und freitags", erklärte sie mir. Kreischend sprang ich auf umarmte sie und praktisch Niko gleich mit und rannte dann auf Gisli zu, der verwirrt stehen gebleiben war. "Ich kann wieder spielen", schrie ich, während mir Freudentränen über die Wangen rollte und ich dem Isländer um den Hals fiel. Seit dem Unfall hatte ich immer davon geträumt irgendwann wieder in der Halle zu stehen. Dank Marvin ist ein Funke Hoffnung wieder aufgekommen, mit Gislis Hilfe hab ich es geschafft die Grundprinzipen mir wieder anzueignen und jetzt ist sie mein letztes Puzzleteil, welches meinen Traum Wirklichkeit werden lässt. Wieso meinte das Schicksal es auf einmal wieder so gut mit mir? Die ganze Zeit hab ich mich gefragt, was ich im Leben falsch gemacht habe und jetzt wollte ich wissen, wofür ich das alles verdient hatte. Aber man soll seine Chance nutzen, die man im Leben bekommt. Ich werde auf jeden Fall alles geben, um endlich wieder einen Fuß aufs Spielfeld setzen zu können.

So ich melde mich wieder: Da ich noch zehn Kapitel habe und noch 8 Tage Zeit bis ich mach Kreta fliege und bis dahin die Story abgeschlossen haben will, lade ich dieses Wochenende immer zwei Kapitel hoch, wenn ich es nicht verschlafe. Danke nochmal _Dajana_Bilyk_ fürs Hochladen❤️👌! Das zweite Kapitel heute wird erst heute Abend spät kommen, weil ich heute auf dem Abiball der zwölften helfen muss, aber ich geb mein Bestes es hochzuladen🤪👌! Euch einen schönen Tag und alle die schon Ferien haben genießt es🥰👌!

Until I met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt